Das Komplott der Senatoren (German Edition)
Houston aus zu erreichen. Sie musste sich langsam aber sicher mit dem Gedanken anfreunden, das Ziel der Gi p stransporte nie herauszufinden und die gesammelten Daten zum Fall Clearwater in ihrer Tasche nie mehr wiederzusehen.
»Ich muss was trinken«, murrte sie bedrückt. Sie brauchte etwas Starkes, um die aufkeimende Panik zu ersäufen. Auch diesmal traf Justin die richtige Wahl. Nach dem zweiten Schuss des dreijährigen Añejo, hundert Prozent Agave, entwickelte sich die Konversation an ihrem Tisch schon ganz erfreulich, und ihre Sorgen verdampften zusehends.
Zwölf Stunden und eine Tonne Aspirin später steckten sie bei Baton Rouge im Stau. Mind e stens ein Dutzend blaue Trucks hatten sie überholt, von Joe keine Spur. In spätestens zwei Stunden würde er sein Ziel erreichen und sie unverrichteter Dinge und ohne Gepäck nach Washington zurückfliegen. Großartig, Marion, das hast du brillant hingekriegt!
Fünf lange Minuten hatten sie sich keinen Millimeter bewegt. Ihr reichte es. »Festha l ten!«, rief sie so laut, dass sich Jeffs Arme augenblicklich um ihren Bauch schlangen. Der Motor unter ihrem Sitz heulte auf, sie riss die schwere Maschine nach rechts herum und landete mit einem kühnen Satz auf dem Pannenstreifen. Dreck spritzte auf, als sie das Gas aufdrehte. Donnernd flogen sie an der stehenden Kolonne vorbei, der Baustelle entgegen, die den Stau verursachte. Jeff schien den ersten Schock schnell überwunden zu haben. Er brüllte ihr etwas ins Ohr, von dem sie kein Wort verstand, doch seine entzückten Yee Haa Rufe belegten deutlich genug, was er von ihrem Au s bruchsversuch hielt. Ein Tankwagen verdeckte die Sicht vor der Absperrung. Sie nahm das Gas nur wenig zurück, bis sie das Hindernis überblickte, drängte sich zwischen den Laster und das improvisierte Lichtsignal und wartete mit stampfendem Motor und zusammengekniffenen Lippen auf grün, jede Sehne aufs Äußerste gespannt wie der Stier vor dem Angriff. Jeffs Griff lockerte sich. Wieder wollte er ihr etwas sagen, aber sie hörte nicht zu. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Signal vor ihrer Nase.
Grün! Pfeilschnell flitzten sie an Arbeitern vorbei, die entsetzt zur Seite sprangen. Sie ließen die Baustelle hinter sich, bevor der Tanklastwagen auch nur seinen Motor sta r tete. Der Verkehr rollte noch immer viel zu langsam, das machte sie aggressiv. Sie kümmerte sich nicht um Stinkefinger und wütendes Gehupe, kurvte seelenruhig links und rechts an hustenden Lastern und beleidigten Snobs in ihren Cabrios vorbei, haa r scharf jeden kleinsten A b stand nutzend, bis sie endlich den Knäuel hinter sich ließ und wieder freie Fahrt hatte. Jeff brüllte aus Leibeskräften und schlug den Takt dazu auf ihrer Schulter:
Oh no, this is the road
Said this is the road
This is the road to hell
Seine drei Freunde waren nirgends mehr zu sehen, aber darauf konnte sie jetzt keine Rüc k sicht nehmen. Noch eine Stunde, schätzte sie, blieb ihr, um den blauen Truck einzuholen, nur das zählte. Der Tacho pendelte konstant um die 75, noch innerhalb der Toleranz, so hoffte sie, aber im Grunde genommen war ihr auch das egal. Eine weitere geschlagene halbe Stunde tauchte kein verdächtiger Laster auf. Dann, unmi t telbar nach einer Überführung, die in eine sanfte Kurve mündete, sahen sie ihn beide gleichzeitig.
»Joe!«, brüllte Jeff und gab ihr aufgeregt Zeichen.
»Ich weiß«, schrie sie und drehte noch mehr auf. 80, endgültig außerhalb der Tole r anz. Sie holten den blauen Truck schnell ein.
»Es ist der Bastard!«, rief sie, sobald sie den Schriftzug lesen konnte. Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Nichts und niemand würde sie jetzt noch von seinem Hintern tre n nen, dachte sie mit bösem Grinsen. Sie hatten ihn keine zehn Minuten zu früh e r wischt, denn schon bald blinkte er, bremste ab und spurte in eine Ausfahrt ein. ›Exit 209‹ las sie im Vorbeifahren.
»Er fährt zum Hafen«, rief Jeff triumphierend, und tatsächlich tauchten nach wenigen Mi n uten die ersten roten Ausleger der Werftkräne am Horizont auf.
Joe lenkte seinen Laster auf einen Lagerplatz in der Nähe des Mississippi, der zu ihrer Übe r raschung nicht eingezäunt war. Zwischen einem rostigen Wellblechschuppen und einem offenen Container, der keinerlei Inschrift trug, hielt er an. Außer ihnen und Joe schien ni e mand in der Nähe zu sein. Sie parkte die Harley hinter dem Gebäude und eilte vorsichtig an den Wänden entlang
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