Das Komplott (German Edition)
Kanzlei von Dusty Shiver, der jetzt nicht nur Quinn Rucker, sondern auch dessen Schwester Vanessa und mich vertritt. Shiver reißt einen lahmen Witz darüber, dass ihm der ganze Spaß in Antigua entgeht. Die Beamten brüllen vor Lachen.
Zunächst überprüfen wir die Immunitätsvereinbarung, die im Wesentlichen besagt, dass es keine Strafverfolgung gegen mich, Quinn Rucker, Vanessa Young oder Denton Rucker (alias Dee Ray) wegen etwaiger Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit der Untersuchung des Mordes an Richter Raymond Fawcett und Naomi Clary geben wird. Das ist auf vierzehn Seiten festgehalten, und ich bin mit den Formulierungen zufrieden. Shiver hat die Vereinbarung ebenfalls überprüft und möchte von der Staatsanwaltschaft ein paar kleine Änderungen vornehmen lassen. Wie unter Juristen üblich, wird ein wenig gefeilscht, aber schließlich sind sich alle einig. Das Dokument wird noch im Raum überarbeitet, unterzeichnet und an einen Bundesrichter in Roanoke gemailt, der gerade Bereitschaftsdienst hat. Eine halbe Stunde später erhalten wir per E-Mail eine Kopie mit Einverständniserklärung und Unterschrift des Richters zurück. Rechtlich gesehen kann uns jetzt keiner mehr was.
Was Quinns Freilassung angeht, ist die Lage etwas komplizierter. Erstens gibt es einen Einstellungsbeschluss wegen erwiesener Unschuld, den Mumphrey und seine Leute so formuliert haben, dass ihre eigene Rolle bei dieser irregeleiteten Strafverfolgung beschönigt wird. Shiver und ich protestieren, und der betreffende Teil wird schließlich entfernt. Dann wird der Beschluss dem Richter in Roanoke zugemailt, der sofort unterschreibt.
Darauf folgt ein Antrag auf Strafmilderung und Entlassung von Quinn Rucker aus der Haft gemäß Rule 35. Er wurde bei dem Bundesgericht in Washington, D. C., gestellt, von dem Quinn für Kokainhandel verurteilt wurde, aber Quinn sitzt in Roanoke ein. Ich wiederhole, was ich bereits mehrfach gesagt habe: Meinen Teil des Deals erfülle ich erst, wenn Quinn auf freiem Fuß ist. Punkt. Das ist bereits vereinbart, aber es bedarf der vereinten Bemühungen mehrerer Personen, deren Anweisungen aus einem winzigen Inselstaat namens Antigua kommen. Der Richter, der Quinn in Washington verurteilt hat, ist eingeweiht, aber gerade im Gericht unabkömmlich. Der U.S. Marshals Service will auch mitspielen und besteht darauf, Quinn zu gegebener Zeit zu verlegen. Irgendwann hängen fünf der sechs an der Besprechung teilnehmenden Staatsanwälte an ihren Handys, zwei hämmern gleichzeitig auf ihre Laptops ein.
Wir legen eine Pause ein, und Vic Westlake lädt mich zu einem kalten Drink ein. Wir suchen uns an einem Pool weit weg von den anderen einen Tisch und bestellen Eistee. Er spielt den Frustrierten und regt sich über die verschwendete Zeit auf. Ich gehe davon aus, dass er verkabelt ist und über das Gold reden will. Ich lächle freundlich, bin jetzt ganz der lässige Antiguaner, aber mein Radarsystem arbeitet auf Hochtouren.
»Was, wenn wir Ihre Aussage in der Verhandlung benötigen?«, fragt er bedeutsam. Das haben wir schon ausführlich besprochen, und ich bin der Meinung, es ist alles geklärt. »Ich weiß, ich weiß, aber wenn wir nun zusätzliche Beweise brauchen?«
Da er bisher weder den Namen des Mörders noch die Umstände der Tat kennt, ist die Frage voreilig und soll wahrscheinlich nur als Überleitung dienen.
»Meine Antwort ist N ein. Das habe ich doch wohl deutlich genug gesagt. Ich habe nicht die Absicht, jemals in die USA zurückzukehren. Ich ziehe in Erwägung, meine Staatsbürgerschaft aufzugeben und mich in Antigua einbürgern zu lassen. Wenn ich nie wieder einen Fuß auf amerikanischen Boden setze, werde ich als glücklicher Mann sterben.«
»Halten Sie das nicht für überzogen?«, fragt er in einem Ton, den ich nicht ausstehen kann. »Sie genießen jetzt volle Immunität.«
»Sie haben leicht reden, aber Sie haben auch nie wegen einer Straftat im Gefängnis gesessen, die Sie nicht begangen haben. Das FBI hat mir einmal ein Verbrechen angehängt, das passiert mir kein zweites Mal. Ich habe das Glück gehabt, eine zweite Chance zu bekommen, und bin nicht bereit, die aufs Spiel zu setzen, indem ich mich noch einmal in Ihren Zuständigkeitsbereich begebe, auch wenn Sie das überrascht.«
Er schlürft seinen Tee und wischt sich den Mund mit einer Stoffserviette ab. »Eine zweite Chance. Sie segeln also mit einem Topf voll Gold in den Sonnenuntergang.«
Ich sehe ihn nur an.
Ȇber das Gold haben
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