Das Komplott (German Edition)
reibungslos und ohne Verzögerung lief, sodass mein zufriedener Mandant bereits zwei Wochen später nach Hause gehen konnte. Wie zu erwarten, hieß es im Gefängnis sofort, ich sei ein brillanter Knastanwalt, der Wunder wirken könne. Ich wurde mit Anfragen überschwemmt, jeder wollte seinen Fall überprüft haben, und es dauerte eine Weile, bis sich die Aufregung gelegt hatte.
Um diese Zeit trat ein gewisser Nattie in mein Leben, der mehr von meiner Zeit in Anspruch nahm, als mir recht war. Er war ein dünner weißer Junge, der als Meth-Dealer in West Virginia aufgeflogen war und unbedingt wollte, dass ich seinen Fall überprüfte und mit den Fingern schnippte, damit er freikam. Ich mochte Nattie, deswegen sah ich mir seine Papiere an und versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass ich nichts für ihn tun konnte. Er fing an, von Bezahlung zu reden; zuerst waren es nur vage Hinweise auf eine Menge Geld, das er irgendwo versteckt habe und von dem er mir etwas abgeben wolle, wenn ich ihn aus dem Gefängnis holte. Er weigerte sich einfach zu glauben, dass ich ihm nicht helfen konnte. Statt der Realität ins Gesicht zu sehen, wurde er geradezu wahnhaft und war schließlich felsenfest davon überzeugt, dass ich ein Schlupfloch finden und einen Antrag stellen konnte, der ihm die Freiheit brächte. Irgendwann fing er an, von Goldbarren zu reden, was mich zu dem Schluss veranlasste, dass er endgültig den Verstand verloren haben musste. Als ich ihn abblitzen ließ, erzählte er mir die ganze Geschichte, um mich zu überzeugen. Ich musste ihm Stillschweigen schwören, und er versprach mir die Hälfte des Vermögens, wenn ich ihm half.
Als Kind war Nattie ein gewiefter Taschendieb gewesen, als Jugendlicher rutschte er in die Welt des Meth ab. Er war ständig unterwegs, um Drogenfahndern, Geldeintreibern, Polizeibeamten mit Haftbefehlen, Vätern mit schwangeren Töchtern und rivalisierenden Meth-Gangs aus dem Weg zu gehen. Mehrmals versuchte er, ein neues Leben anzufangen, rutschte aber immer wieder in die Kriminalität ab. Er sah, wie sich seine Cousins und Freunde das Leben mit Drogen ruinierten, durch ihre Sucht und durch Beschaffungskriminalität, und wollte nicht so enden. Er arbeitete als Kassierer in einem Gemischtwarenladen auf dem Land, tief in den Bergen in der Nähe der kleinen Stadt Ripplemead, als ihn ein Fremder ansprach, der ihm zehn Dollar die Stunde für einen Hilfsjob bot. Niemand im Geschäft hatte den Mann je gesehen oder sollte ihn je wiedersehen. Nattie verdiente zu der Zeit fünf Dollar die Stunde schwarz und bar auf die Hand und ergriff die Gelegenheit, sich zu verbessern. Nach Feierabend traf er sich mit dem Fremden an einem vorher vereinbarten Ort und folgte ihm über eine schmale, unbefestigte Piste zu einer Blockhütte mit bis zum Boden reichendem Dach, die sich direkt oberhalb eines kleinen Sees an einen steilen Hang schmiegte. Der Fremde stellte sich als Ray vor. Ray fuhr einen schicken Pick-up mit einer Holzkiste auf der Ladefläche. Wie sich herausstellte, enthielt die Kiste einen Zweihundert-Kilo-Safe, der für Ray allein zu schwer war. Sie installierten einen Flaschenzug, indem sie ein Seil über einen Ast laufen ließen, und schafften es so, den Safe aus dem Pick-up auf den Boden und schließlich in den Keller der Blockhütte zu wuchten. Eine mühselige, harte Arbeit, es dauerte fast drei Stunden, bis der Safe im Haus war. Ray bezahlte bar, bedankte sich, und das war’s.
Nattie erzählte seinem Bruder Gene von der Sache, der sich in der Gegend vor dem Sheriff des übernächsten County versteckte. Die Brüder wurden neugierig auf den Safe und dessen Inhalt, aber schwere Eichentüren, Panzerglas und massive Sicherheitsriegel ließen ihren Einbruchsversuch zunächst scheitern. Schließlich nahmen sie einfach ein ganzes Fenster im Keller heraus. Im Haus konnten sie zwar den Safe nicht entdecken, fanden aber heraus, wer dieser Ray war. Den Papieren auf einem Arbeitstisch entnahmen sie, dass ihr Nachbar ein prominenter Bundesrichter aus Roanoke war. Sie entdeckten sogar einen Zeitungsartikel über ein wichtiges Verfahren, bei dem es um den Uranabbau in Virginia ging und das von Richter Raymond Fawcett geleitet wurde.
Sie fuhren zum Bundesgericht in Roanoke und setzten sich zwei Stunden lang in eine Verhandlung. Nattie trug eine Brille und eine Baseballkappe, für den Fall, dass sich der Richter langweilte und im Gerichtssaal umsah. Es waren zahlreiche Zuschauer anwesend, und der Richter blickte
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