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Das Komplott (German Edition)

Das Komplott (German Edition)

Titel: Das Komplott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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fünfmal beten und unter sich bleiben. Einen selbst ernannten buddhistischen Mönch mit einer Handvoll Jüngern. Keine Juden oder Mormonen, soweit ich weiß. Dann gibt es uns Christen, und da wird es kompliziert. Ein katholischer Priester liest zweimal im Monat um acht Uhr morgens die Messe. Sobald die Katholiken die kleine Kapelle geräumt haben, findet für die Anhänger der großen Freikirchen – Methodisten, Baptisten, Presbyterianer und andere – ein überkonfessioneller Gottesdienst statt. Dort bin ich an den meisten Sonntagen zu finden. Um zehn Uhr versammeln sich die weißen Pfingstler zu einem Gottesdienst mit lauter Musik und noch lauterer Predigt, komplett mit Heilungen und Zungenreden. Eigentlich soll dieser um elf Uhr enden, er dauert aber oft länger, je nachdem, wie der Geist in der Gemeinde wirkt. Um elf Uhr sollen die schwarzen Pfingstler die Kapelle übernehmen, müssen aber oft warten, bis sich die weißen Pfingstler wieder beruhigt haben. Angeblich wechseln beide Gruppen gelegentlich böse Worte, doch bisher ist es in der Kapelle noch nicht zu Tätlichkeiten gekommen. Wenn sich die schwarzen Pfingstler der Kanzel bemächtigt haben, geht es den ganzen Nachmittag durch.
    Ich will jedoch nicht den Eindruck erwecken, als würde in Frostburg jeder die Bibel schwingen. So ist es nicht. Frostburg ist immer noch ein Gefängnis, und die Mehrzahl meiner Mitinsassen würde keinen Fuß in eine Kirche setzen.
    Als ich nach dem überkonfessionellen Gottesdienst aus der Kapelle trete, eilt ein Justizvollzugsbeamter auf mich zu. »Sie sollen in die Verwaltung kommen.«

17
    Agent Hanski erwartet mich gemeinsam mit einem neu auf den Plan getretenen Akteur: U.S. Marshal Pat Surhoff. Wir stellen uns vor und setzen uns unweit vom Büro des Direktors an einen kleinen Tisch. Der würde sich an einem Sonntag natürlich nie im Camp blicken lassen, und wer könnte es ihm verübeln?
    Hanski zückt ein Dokument und schiebt es über den Tisch.
    »Hier ist die Anklage«, sagt er. »Wurde am späten Freitagnachmittag in Roanoke erhoben, bisher noch geheim, geht aber gleich morgen früh an die Presse.«
    Ich halte das Papier, als wäre es ein Goldbarren, und kann mich nur schwer auf die Worte konzentrieren. Die Vereinigten Staaten von Amerika gegen Quinn Al Rucker. Der Stempel in der rechten oberen Ecke zeigt in blauer Tinte das Datum vom Freitag.
    »In der Washington Post heißt es, die Anklagejury tritt morgen früh zusammen«, stammele ich, obwohl auf der Hand liegt, dass das bereits geschehen ist.
    »Die Presse muss ja nicht alles wissen«, erwidert Hanski selbstgefällig.
    Unsere Rollen haben sich dramatisch verändert. Vorher war ich der verschlagene Gauner, der das System über das Ohr hauen wollte. Jetzt bin ich der Musterschüler, der kurz davorsteht, mit einem Packen Geld in die Freiheit entlassen zu werden.
    Ich schüttele den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wie geht es jetzt weiter?«
    Darauf hat Hanski gewartet. »Wenn ich Ihnen kurz erklären dürfte, wie wir uns das vorgestellt haben, Mr. Bannister.«
    »Einigen wir uns auf Mal«, schlage ich vor.
    »Gern. Ich bin Chris, das ist Pat.«
    »Alles klar.«
    »Die Justizvollzugsbehörde verlegt Sie in eine Anstalt mit mittlerer Sicherheitsstufe in Fort Wayne, Indiana. Ohne Angabe von Gründen. Irgendein Regelverstoß, der jemandem ganz oben sauer aufgestoßen ist. Sechs Monate lang kein Besuch. Einzelhaft. Besonders Neugierige könnten Sie zwar über das elektronische Strafgefangenenverzeichnis online aufspü ren, würden aber bald auf Granit beißen. Nach ein paar Mona ten in Fort Wayne werden Sie erneut verlegt. Ziel ist, Sie so lange durch das System wandern zu lassen, bis Sie nicht mehr aufzufinden sind.«
    »Für das FBI bestimmt ein Kinderspiel«, sage ich, und die beiden lachen. Ich habe wohl wirklich die Seiten gewechselt.
    »In ein paar Minuten werden Ihnen zum letzten Mal Handschellen und Fußfesseln angelegt, dann werden Sie weggebracht, wie bei einer normalen Verlegung. Sie steigen mit Pat und einem zweiten Marshal in ein Zivilfahrzeug, einen Van, und fahren mit den beiden nach Westen in Richtung Fort Wayne. Ich folge Ihnen. Nach neunzig Kilometern, kurz vor Morgantown, halten wir an einem Motel, in dem wir Zimmer reserviert haben. Dort ziehen Sie sich um, essen zu Mittag, und dann reden wir über die Zukunft.«
    »In ein paar Minuten?«, frage ich schockiert.
    »Das ist der Plan. Gibt es in Ihrer Zelle etwas, das Sie unbedingt

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