Das Komplott (German Edition)
hingezogen fühlte, sieht jetzt völlig anders aus. Was, wenn ihr das nicht gefällt? Wenn ihr Malcolm lieber ist als Max? Außerdem irritiert es mich, dass ich mit dem einzigen Menschen zusammen sein werde, der – abgesehen vom FBI – beide Versionen kennt.
Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und überlege, ob ich lieber umkehren soll. Dann steige ich aus und schlage die Tür hinter mir zu.
Sie sitzt am Tisch und lächelt, als ich fast über meine eigenen Füße stolpere. Ich gefalle ihr. Ich küsse sie sanft auf die Wange und setze mich. Dann sehen wir uns lange Zeit nur an.
»Und? Was meinst du?«, frage ich schließlich.
Vanessa schüttelt den Kopf. »Wirklich erstaunlich. Ich hätte dich nie erkannt. Kannst du dich ausweisen?«
Wir lachen.
»Natürlich«, sage ich, »aber die Papiere sind falsch. Danach heiße ich jetzt Max, nicht Malcolm.«
»Du bist ganz schön dünn, Max.«
»Danke, du auch.« Ich erhasche einen Blick auf ihre Beine unter dem Tisch. Kurzer Rock. Hohe Absätze. Sie hat noch was vor.
»Welcher ist dir lieber?«, frage ich.
»Habe ich denn eine Wahl? Du siehst gut aus, Max. Mir gefällt die neue Version, der ganze Auftritt. Wer hat sich das mit der Designerbrille ausgedacht?«
»Mein Berater, der mir auch zu dem rasierten Schädel und dem Viertagebart geraten hat.«
»Je mehr ich sehe, desto besser gefällt es mir.«
»Gott sei Dank. Ich bin völlig mit den Nerven fertig.«
»Keine Aufregung. Wir haben die ganze Nacht.«
Der Kellner nimmt unsere Bestellung auf – ein Martini für mich, eine Diätlimo für sie. Es gibt viel, worüber ich nicht sprechen will, vor allem mein plötzliches Verschwinden aus dem Gefängnis und dem Zeugenschutzprogramm. Der Bruder, den sie damals im Gefängnis besuchte, ist inzwischen freigekommen, mittlerweile aber wieder hinter Gittern gelandet, daher vermeiden wir das Thema. Ich frage sie nach ihren Kindern, ihrer zwanzigjährigen Tochter, die aufs College geht, und ihrem achtzehnjährigen Sohn, der nicht so recht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll.
Irgendwann unterbricht sie mich. »Du klingst sogar anders.«
»Gut. Das ist ein neues Sprechmuster, das ich seit Monaten übe. Viel langsameres Tempo und eine tiefere Stimme. Wirkt das natürlich?«
»Ich glaube schon. Ja, es klingt echt.«
Sie fragt, wo ich wohne, und ich erkläre ihr, dass ich mir erst eine Wohnung suchen muss. Ich sei immer in Bewegung, sodass mich weder das FBI noch sonst irgendwer aufspüren könne, mal in dem einen billigen Motel, mal in einem anderen. Ich sei nicht auf der Flucht, aber ein unbeschwertes Leben führte ich auch nicht gerade. Unser Essen kommt, doch wir merken es kaum.
»Du siehst viel jünger aus«, meint sie. »Vielleicht sollte ich auch zu deinem Schönheitschirurgen gehen.«
»Bitte lass alles, wie es ist.« Ich rede über die Korrekturen – vor allem an Augen, Nase und Kinn. Sie amüsiert sich über meine Beschreibung des Gesprächs mit meinem Chirurgenteam und unsere Bemühungen, ein neues Gesicht zu entwerfen. Ich bin fast zehn Kilo leichter, und sie findet, ich solle ein paar Pfund zulegen. Als sich die Nervosität gelegt hat, unterhalten wir uns wie alte Freunde. Der Kellner fragt, ob mit unserem Essen alles in Ordnung war, weil es praktisch unberührt geblieben ist. Wir reden über verschiedene Themen, haben aber beide dasselbe im Hinterkopf.
»Lass uns gehen«, sage ich schließlich.
Kaum habe ich das ausgesprochen, da greift sie schon zu ihrer Handtasche. Ich bezahle das Essen in bar, und dann stehen wir auf dem Parkplatz. Ich will lieber nicht in ihre Wohnung, und sie ist meiner Meinung. Sie sei ziemlich klein und nur notdürftig eingerichtet, erklärt sie. Wir gehen in ein Hotel in derselben Straße, das mir bereits aufgefallen ist, und bestellen eine Flasche Champagner. Zwei Frischvermählte in der Hochzeitsnacht könnten nicht leidenschaftlicher sein als Vanessa und ich. Es gibt so viel, was wir erkunden müssen, so viel, was wir nachzuholen haben.
29
Während Vanessa in der Arbeit ist, erledige ich in Richmond ein paar Besorgungen. In einem Geschäft kaufe ich mir für siebzig Dollar ein billiges Prepaid-Handy mit hundert Minuten Guthaben, in einem anderen Laden das gleiche Mobiltelefon mit identischem Angebot. Ein Gerät ist für Vanessa, das andere werde ich behalten. In einer Drogerie besorge ich mir einen Vorrat an Prepaid-Kreditkarten. Ich habe einen Termin mit dem Inhaber eines Fotogeschäfts, der sich selbst als
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