Das Kopernikus-Syndrom
ich Ihnen erzählt habe.«
»Der … Leibwächter?«, fragte ich und schüttelte die Hand des Mannes.
»Gewissermaßen ja. Wir planen eine Expedition in die unterirdischen Räume von La Défense.«
»Eine Expedition?«, wiederholte ich und runzelte die Stirn.
»Ja, das ist zwar nicht unbedingt mein Ding, aber wir sehen keine andere Lösung. Wir haben also beschlossen, vor Ort zu gehen. Die Räume sind vermutlich ungeheuer gut geschützt. Es wird kein Spaziergang werden. Aber wir sind davon überzeugt, dass die Lösung des Rätsels dort unten liegt. Heute Nachmittag werden Badji und einer seiner Kollegen mich begleiten. Vielleicht finden Sie es schockierend, und ich versichere Ihnen, dass wir nicht jeden Tag derart irgendwo eindringen, aber wir haben alles versucht. Wir glauben, dass es die einzige Möglichkeit ist, die Informationen zu bekommen, die uns zu Protokoll 88 fehlen.«
»Kein Problem, ich komme mit.«
Louvel fing an zu lachen.
»Nein, Vigo, ganz bestimmt nicht!«
»Damien, das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Ich komme mit, Punkt und basta.«
Louvel verging das Lachen.
»Mein Alter, das kommt überhaupt nicht in Frage. Wir wissen nicht, was uns erwartet, es ist viel zu gefährlich. Ich weigere mich, das Risiko …«
»Ist gut, Damien«, fiel ich ihm ins Wort. »Danke, dass Sie den Beschützer spielen, das ist sehr freundlich, aber ich komme mit. Im Übrigen ist es für mich viel weniger gefährlich als für Sie. Ich glaube, ich bin viel besser geeignet, mit einer solchen Lage fertig zu werden. Wenn das, war wir über meine Vergangenheit vermuten, stimmt, habe ich schon viel heiklere Operationen durchgeführt.«
Louvel schüttelte den Kopf. Der hochgewachsene dunkle Mann neben ihm blickte verständnislos. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was ich mit ›meiner Vergangenheit‹ meinte.
»Vigo«, fuhr Damien fort und klang zunehmend gereizt, »wir wissen nicht, was Sie in der Vergangenheit waren, aber was auch immer es gewesen ist, heute sind Sie es nicht mehr. Badji und sein Kollege sind vom Fach, sie begleiten mich, aber wir wollen sie nicht überfordern, indem wir ihnen noch eine zweite Person zum Schutz anvertrauen.«
Ich ließ ein paar Sekunden in Schweigen verstreichen, um Louvel zu zeigen, dass es keinen Sinn hatte, darüber zu diskutieren. Dann schaute ich ihm fest in die Augen und sagte mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete: »Damien, ich habe an dieser Geschichte das meiste Interesse. Ich gehe mit oder ohne Ihre Zustimmung in diese verdammten Räume.«
Louvel schloss die Augen und stieß einen langen verzweifelten Seufzer aus, wie ein Vater, der nicht mehr weiß, wie er sein Kind behandeln soll. Dann wandte er sich Badji zu. »Nun, Stéphane? Was halten Sie davon? Können wir ihn mitnehmen?«
Der große Schwarze grinste. »Ich glaube vor allem, dass man ihn nicht daran hindern kann«, sagte er und versetzte seinem Freund einen Klaps auf die Schulter.
»Vigo, Sie sind ätzend.«
In dem Augenblick klopfte Lucie an die Scheibe des Aquariums. »Gut. Da Sie unbedingt mitkommen wollen, folgen Sie uns nach oben; Lucie gibt uns ein Briefing für unsere Expedition. Aber ich sage Ihnen, dass es mir absolut nicht gefällt.«
Ich lächelte, zufrieden über meinen Sieg. Schnell gingen wir hoch ins Aquarium.
Alle versammelten sich um den Tisch. Der berühmte Badji mit seinem Assistenten – ein gewisser Greg, ein Eisschrank mit ausdruckslosem Gesicht –, Lucien, Damien, Marc, der rundliche Skeptiker, und Sak, der Fan der achtziger Jahre. Wir konzentrierten uns alle auf die junge Frau und hörten aufmerksam zu. »Wie ihr euch denken könnt«, eröffnete sie die Besprechung, »besteht eure erste Herausforderung darin, überhaupt erst mal nach La Défense zu kommen. Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt und finden, das Sicherste ist, wenn ihr euch als Arbeiter ausgebt. Die Firma Bouygues ist mit den Aufräumungsarbeiten beauftragt worden, die immer noch laufen. Sak ist es gelungen, einen Button zu besorgen, wie die Arbeiter sie tragen, und Marc hat ihn für uns gefälscht.«
»Wir brauchen noch einen für Vigo«, warf Louvel ein.
»Super«, erwiderte Marc spöttisch.
Offensichtlich war er immer noch nicht begeistert davon, dass ich mich ihnen anschließen wollte. Ich schenkte ihm trotzdem ein dankbares Lächeln.
»Ihr tragt auch dieselben Overalls wie die Arbeiter von Bouygues. Der Vorteil ist, dass ihr mit einem Werkzeugkasten herumlaufen könnt, ohne
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