Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kostbare Opfer

Das kostbare Opfer

Titel: Das kostbare Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
hätte,
würde ich wahrscheinlich mitgemacht haben. Ich hatte Henry gründlich satt, das
werden Sie inzwischen gemerkt haben?«
    »So langsam habe ich den
Eindruck«, gab ich zu. »Sie glauben immer noch, daß es ein Unfall war?«
    »Soweit ich weiß, glauben das
alle außer Ihnen. Es lohnte sich nicht, Henry zu ermorden, Leutnant. Dafür
hatte er nicht genug Charakter.«
    »Aber er hatte eine ganz schöne
Lebensversicherung.«
    Sie seufzte müde. »Da haben wir
den Salat wieder. Ich sehe schon, der kleine Kreis wird zu einer geraden Linie,
Leutnant. Ist das die neue Methode bei der Polizei? Sie fangen mit einer Lüge
an und wiederholen sie so lange, bis ich die Nase voll habe und zugebe, daß die
Lüge Wahrheit ist, nur um endlich Ihre monotone Stimme nicht mehr hören zu
müssen?«
    »Ich sehe, Ihre Ausbildung in
der Werbungsbranche war nicht umsonst«, sagte ich anerkennend. »Das ist schiere
Werbepsychologie.«
    »Wenn Sie mit Ihren Frechheiten
fertig sein sollten — die Tür ist gleich hinter Ihnen.«
    »Ich dachte, Sie würden mich zu
einem Drink einladen.«
    »Damit Sie länger bleiben und
sich noch mehr Unverschämtheiten ausdenken können, Leutnant? Sie haben wohl
nicht alle auf dem Kasten?«
    »Das, und außerdem bin ich fehl
am Platze«, gab ich zu. Ich drehte mich um und ging zur Tür.
    »Leutnant?«
    »Was ist?«
    »Die Versicherungsgesellschaft
scheint die Auszahlung der Versicherungssumme unnötig hinauszuzögern. Sie haben
doch nicht etwa damit was zu tun — wie’s der Zufall so will?«
    »Vielleicht machen sie sich bei
diesem Fall ihre eigenen Gedanken«, sagte ich.
    »Sie könnten ihnen zu diesen
Gedanken verholfen haben«, sagte sie bissig. »Und ich hege nicht den geringsten
Zweifel, daß es so war. Ich kann Sie nicht ausstehen, Leutnant!«
    »Ich sehe schon, wie sehr«,
sagte ich. Bieten Sie mir was zu trinken an, und ich werde verrückt nach
Ihnen,«
    »Sie sind ohnehin schon
verrückt genug!« sagte sie spitz. »Und hauen Sie die Tür nicht hinter sich zu,
wenn Sie gehen. So was bringt Witwen in schlechten Ruf.«
    »Weit gefehlt«, sagte ich,
während ich die Tür öffnete. »Wenn die Ehemänner auf diese Weise umkommen — das
trägt der Witwe einen schlechten Ruf ein.«

FÜNFTES KAPITEL
     
    L aurence Cole wohnte draußen in
Greenville Heights, einer Gegend, in der jedes Haus vier Badezimmer und eine
Garage für drei Wagen hat. Ich hatte mein Abendbrot hinuntergeschlungen, und
noch immer war mir nichts Besseres eingefallen, als zu arbeiten. Vielleicht
konnte mir Cole etwas mehr als bisher über die Leute von seinem Außendienst
mitteilen.
    Ich parkte den Healy auf der
mit Platten belegten Auffahrt und ging hinauf zur Veranda. Während ich auf die
Klingel drückte und wartete, beschlich mich ein Gefühl des Deprimiertseins. Der
ganze Abend war verpfuscht. Da war Annabelle, die wahrscheinlich einem
Burschen, der es gewohnt war, jeden Tag mit Preßluftbohrern umzugehen, keine
Schwierigkeiten machen würde. Da war eine einsame Witwe, doch sie zog die
Einsamkeit mir vor.
    Mein Liebesleben war eine
unfruchtbare Wüste, und nichts war zu sehen außer dornigen Kakteen. Die Tür
ging auf, und plötzlich befand ich mich mitten in einer Oase. Ich schloß und
öffnete die Augen ein paarmal, um ganz sicher zu sein, daß es keine Fata
Morgana war. Es war keine; der Rotschopf stand noch immer da.
    Sie war groß und schlank, aber
auch wieder nicht so schlank, daß sie nicht da Kurven gehabt hätte, wo Mädchen
Kurven haben sollten. Ihr Cocktailkleid begann fünfzehn Zentimeter südlich
ihrer Schultern und hörte zwei Zentimeter unterhalb ihrer Knie wieder auf.
    Die Augen waren fast grün, und
sie hatte einen vollen und leicht mürrischen Mund. Sie machte einen
gelangweilten Eindrude, oder vielleicht war sie gelangweilt gewesen, bis sie
die Tür geöffnet hatte. »Ja?« fragte sie, und ihre Stimme klang eine Spur
atemlos und zugleich interessiert.
    »Ich bin Leutnant Wheeler«,
sagte ich. »Aus dem Büro des County Sheriffs. Ich hätte gern Mr. Cole
gesprochen.«
    »Ich bin Mrs. Cole «,
antwortete sie. »Bitte, kommen Sie herein, Leutnant.«
    Ich folgte ihr durch den
breiten Flur und durch einen offenen Türbogen. Drei Stufen führten hinab in ein
riesiges Wohnzimmer, in dem sich eine Bar befand, die die ganze Länge einer
Wand einnahm. So was hätte ich auch gern als trautes Heim gehabt. Vielleicht
hatte Lavers recht. Ich hätte bei der Inkassobranche sein sollen.
    »Möchten Sie etwas

Weitere Kostenlose Bücher