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Das kostbare Opfer

Das kostbare Opfer

Titel: Das kostbare Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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»Über Sie.«
    »Über mich und meinen Sinn für
Humor?« sagte ich bitter.
    »Über Sie und Ihre Art, wie Sie
mir manchmal auf die Nerven gehen«, fuhr sie mit der gleichen Gelassenheit
fort. »Ich fragte mich also, wovor ich eigentlich Angst hätte. >Annabelle<,
sagte ich zu mir, >hast du vor diesem Angeber Wheeler Angst oder vor dir
selber?<«
    »Und was haben Sie darauf
geantwortet?«
    »Ich dachte, ich müßte es
herauskriegen«, sagte sie. »Und deshalb bin ich hier.«
    »Sind Sie schon
dahintergekommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Noch
nicht.«
    Wir sahen uns eine Weile
schweigend an. Die Franzosen haben eine Bezeichnung für eine solche Situation,
sie nennen es ein impasse. Sie haben auch noch viel interessantere
Wörter, aber die kann ich hier nicht wiedergeben.
    Annabelle leerte ihr Glas und
stand auf. Langsam kam sie auf mich zu, und in ihren Augen leuchtete so etwas
wie Kampfeslust. Irgendwo glaubte ich das leise Geräusch von Trommeln und
marschierenden Füßen zu hören. »Jetzt«, sagte sie, »werde ich es ein für allemal
herausfinden.«
    Fünf Zentimeter von mir
entfernt blieb sie stehen. Langsam hob sie die Arme, und ich duckte mich
instinktiv. Sie schlang ihre Arme zärtlich um meinen Hals, dann preßte sie sich
an mich, als sich unsere Lippen trafen.
    Zum ersten Male wußte ich, was
es mit der Atomspaltung auf sich hat — die Kettenreaktion und der ganze Zauber.
Grellbunte Lichter explodierten in meinem Kopf, und statt Blut strömte reines
Adrenalin durch meine Adern.
    Fünf Minuten mußten vergangen
sein, als ich endlich wieder richtig sehen konnte. Im ersten Augenblick wußte
ich nicht mehr, wo ich mich befand, dann merkte ich, daß sich der Blickwinkel
verändert hatte. Ich lag jetzt flach auf der Couch und sah direkt in Annabelles
leuchtendklare blaue Augen.
    Sie blickte nachdenklich auf
mich herab.
    »Ich hatte also doch recht«,
sagte sie mit fester Stimme. »Ich hatte schon immer den Verdacht, daß wir
Mädchen aus dem Süden sehr stürmisch sind, und es ist tatsächlich so. Ich bin
es, auf die kein Verlaß ist.«
    »Auf mich ist auch keiner«,
sagte ich. »Wir können uns also die Hand reichen.«
    »Das freut mich.« Ihr Lächeln
war fast ein bißchen boshaft. »Ich hätte nicht gern Gewalt angewendet, Al.«
    »Ich hatte schon die Waffen
gestreckt, als du hereinkamst«, sagte ich. »Du brauchst dir über mich keine
Gedanken zu machen. Ich gehöre nicht zu diesen spießigen Wesen, die glauben,
sie müßten ihre Ehre verteidigen, bevor sie sie verlieren.«
    »Großartig«, sagte sie und
küßte mich wieder.
    Das Telefon klingelte schrill.
Bei der darauffolgenden Balgerei behielt ich schließlich die Oberhand. Ich
stand auf und schwankte auf das Telefon zu. Pearl Bailey sang gerade Sweet
Georgia Brown, wie ich feststellte.
    Ich nahm den Hörer ab. »Was
wollen Sie, hoffentlich wenigstens was Wichtiges«, schnarrte ich hinein.
    »Al.« Die Stimme war kaum mehr
als ein Flüstern.
    »Wer denn sonst?«
    »Al«, wiederholte sie leise.
»Hier ist Natalie Cole. Du mußt sofort kommen. Du mußt mir helfen!«
    »Sitzt du in der Tinte?«
    »Es ist — wegen Laurence.«
    »Hat er gemerkt, was gestern
abend los war?«
    »Er ist tot.« Ihre Stimme
versagte plötzlich.
    »Tot?« wiederholte ich
einfältig.
    »Und alle tun sie so, als wäre
ich es gewesen.«
    »Wer sie?«
    »Die Polizei.«
    Ich wunderte mich, daß sie
nicht schrie. Wenn sie es getan hätte, so hätte ich mitgeschrien. »Ich bin
gleich da«, sagte ich.
    »Ich bin nicht zu Hause.«
    »Wo bist du denn?«
    »In Mrs. Farnhams Wohnung.«
    »Okay«, sagte ich. »In einer
Viertelstunde.«
    Ich ließ langsam den Hörer
sinken und zündete mir eine Zigarette an. Annabelle hatte sich aufgesetzt und
zog erfolglos ihr Kleid hoch. »Komm zu mir, Al«, sagte sie, eine Spur heiser.
»Sonst erkälte ich mich noch.«
    »Tut mir leid, Schätzchen«,
sagte ich. »Ende der Vorstellung. Jemand ist gerade umgebracht worden.«
    Sie schloß die Augen und ließ
sich ungehalten in die Kissen fallen. »Ich hätte wissen sollen, daß es
passieren würde«, sagte sie. »Die einzige Möglichkeit, dir wirklich
nahezukommen, ist, selbst eine Leiche zu werden.«
     
    Ich parkte den Healy hinter
zwei Streifenwagen am Straßenrand. Dem Beamten neben dem Lift zeigte ich meine
Marke, und er ließ mich hinauf. Vor der Wohnung mußte ich meine Marke noch
einmal zwei uniformierten Polizisten vorzeigen. »Wer hat den Fall unter sich?«
fragte ich einen der beiden.
    »Leutnant

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