Das Krähenweib
seine Forschungen braucht, auch erhält, nicht wahr, Monsieur von Fürstenberg?«
Der Statthalter nickte pflichtschuldig, und August wandte sich nun wieder an den Goldmacher: »Schaffe Er mir Gold, Böttger, und Er wird zu hohen Ehren gelangen. Ich werde aus Ihm einen Baron machen und obendrein einen in der ganzen Welt berühmten Mann!«
Was er mit ihm tun würde, wenn seine Transmutation nicht gelang, fügte der Kurfürst nicht hinzu, aber Johann wusste es nur zu gut. »Ich werde mein Bestes geben und Euch nicht enttäuschen, Eure Majestät.«
August nickte. »Fürstenberg, Ihr werdet Monsieur Böttger nach Dresden überführen lassen. Ich habe den Grafen von Beichlingen angehalten, einen geeigneten … Herrn zu finden, der ihm dort Gesellschaft leisten wird.«
Wohl eher einen geeigneten Bewacher, dachte Johann. Es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass er irgendwelche Freiheiten genießen würde. Sein Gefängnis wäre hier vermutlich nicht so drakonisch wie unter dem preußischen Herrscher, aber es blieb dennoch ein Gefängnis.
»Eure Majestät sind zu gütig«, sagte Böttger mit einer Verbeugung, die August mit einem Lächeln hinnahm.
»Auf bald, Böttger, ich bin begierig, Seine Kunst zu sehen.«
Gier war es wirklich, die in den Augen des Kurfürsten leuchtete, offenbar sah er in ihm die Lösung all seiner Probleme. Johann hoffte nur, dass er, wohin er auch gebracht wurde, die Gelegenheit bekam, entweder seine Flucht oder ein Täuschungsmanöver vorzubereiten, das ihm Zeit verschaffte, neues Arkanum zu fertigen.
Man führte ihn aus dem Schloss und zur Kutsche, verband diesmal aber nicht seine Augen. Als Zeichen guten Willens? Oder als Zeichen, dass er ihnen sowieso nicht mehr entkommen würde?
Das Kleid, das Annalena trug, fühlte sich trotz des einfachen Schnittes besser an als alles, was sie bisher auf ihrer Haut gehabt hatte. Feldhoff hatte ihr klargemacht, dass es eine große Ehre war, als Dienerin der kurfürstlichen Mätresse die abgelegten Kleider der Hofdamen tragen zu dürfen. Normalerweise bekam eine Frau wie sie solche Gewänder höchstens als Näherin in die Finger.
Bewundernd strich sie über die leicht abgewetzte, himmelblaue Seide, über der sie eine feine weiße Batistschürze trug. Damals, in Walsrode, hätte sie nicht einmal zu träumen gewagt, solch ein Kleid je zu tragen. Wie ein Singvogel sehe ich jetzt aus, dachte sie lächelnd. Mit schillernden Federn, von allen bewundert. Niemand wird das Krähengefieder auf meinem Haupt bemerken.
Ein Klopfen an der Kammertür riss sie aus ihren Gedanken fort. »Bist du fertig?«, fragte der Diener, der geschickt worden war, um sie abzuholen.
»Ja, ich komme!«, entgegnete sie und huschte schnell zur Tür.
Offenbar wollte er gerade zu einer Schimpftirade ansetzen, doch ihr Anblick ließ ihm die Kinnlade herunterfallen. »Komm mit!«, sagte der Mann schließlich nur, und wenig später fanden sie sich im Herzen des Schlosses wieder. Annalena, die nicht viel mehr als die Küche und Dienstbotenquartiere kannte, war erstaunt über das verwinkelte Labyrinth von Gängen. Auch wenn der prachtvollere Teil des Schlosses ausgebrannt war, so wirkte der angeblich weniger prachtvolle trotzdem überwältigend auf sie.
Schließlich erreichten sie die Gemächer der Mätresse. Vor der Tür wurden sie vom Hofmarschall erwartet, nur er konnte einer solch hochgestellten Person wie Fatime eine neue Dienerin präsentieren. Der Diener, der Annalena begleitet und ihr die ganze Zeit über unverhohlen auf den Hintern gestarrt hatte, zog sich zurück. Entweder erkannte der Hofmarschall sie in ihrem neuen Kleid nicht oder er hatte ihr Gesicht vergessen, seit sie vor einigen Wochen als neue Küchenmagd sein Zimmer verließ. Jedenfalls ließ er keine Bemerkung darüber fallen, dass sie sich jetzt schon wieder gegenüberstanden.
»Du wirst vor allem niedere Arbeiten übernehmen. Benimm dich ja anständig«, ermahnte er Annalena stattdessen. »Zeige dich fleißig und tu alles, was das Fräulein Fatime und deren Vertraute, die Gräfin Löwenhaupt, von dir verlangen. Gib keine Widerworte und sei nicht saumselig.«
»Ja, Euer Gnaden«, entgegnete Annalena und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass ihre Hände kalt vor Aufregung waren. Sie war ein wenig ängstlich, aber auch gespannt, wie Fatime wohl aussehen mochte und ob das, was Martha und die anderen über ihre Ähnlichkeit gesagt hatten, wohl stimmte.
»Gut, dann komm jetzt.«
Der Hofmarschall klopfte an und
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