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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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›Königsritt‹ jeder seinen Weg gegangen. Was sie trennte
und auch wieder verband, war jener Ring, mit dem sich
damals Elgaine ins Spiel gebracht, aber auch zwischen die
Freunde gestellt hatte. Dieser Ring hatte seitdem immer
wieder in ihr Schicksal eingegriffen, bis der rabiate
Hafside dem ein Ende bereitete. Rik waren die Bilder
immer wieder in die Erinnerung zurückgekehrt. Da er sich
ihrer schämte, hatte er sie mit Hilfe des stummen
Gelähmten, des dicken Mustafa, zu Papier gebracht und
sie – heimlich wie ein Dieb – zwischen den anderen
Pergamenten in der Truhe deponiert.

Verschämte Notiz des Murabbi al-Amir
    Ob nun Freunde, Rivalen oder gar insgeheim
Gegenspieler, alle drei fanden sich plötzlich auf Abdals
Schiff wieder: Oliver als ordentlicher Gast und mit besten
Aussichten auf eine Karriere als christlicher ›Hakim‹ in
einem muslimischen Land. Elgaine wurde erst auf hoher
See entdeckt, als blinder Passagier, wobei sich der Hafside
darüber so wenig erregte, daß Rik davon ausging, der
Chevalier habe auch hier seine Hand im Spiel gehabt. Und
als letzter war Rik an Bord gesprungen – gewiß nicht ohne
nachdrückliches Drängen des Armand de Treizeguet.
Abdal war genauestens informiert, daß einer der drei, also
entweder Rik oder Oliver oder Elgaine, im Besitz des
fraglichen Rings sein mußte. Sie leugneten allesamt,
beschuldigten sich gegenseitig, auch eine Leibesvisitation
erbrachte nichts, bis der Hafside zur Wahrheitsfindung
ihnen androhte, der mitreisende Doktor Taufiq Almandini
würde ihnen jetzt allen dreien Khorua einflößen, dann
würde sich ja sehr schnell zeigen, wer ihn im Darm mit
sich führe.
    Um seinen Freunden die Schmach einer solchen
Prozedur zu ersparen, bietet Rik als erster an, das Glycerin
zu schlucken. Ihm war auch plötzlich der Verdacht
aufgestiegen, daß in der Tat, er der ›Aufbewahrer‹ sein
könnte, eingedenk des merkwürdigen Überfalls, seiner
Betäubung und des öligen Geschmacks danach in seinem
Mund. Hatte der Chevalier auf solche Weise sein Wort
gehalten? – Rik wünschte sich vor Scham den Tod, als er
mit heruntergelassenen Hosen beiseite geführt wurde in
einen Verschlag, um dort den Inhalt seines Darms von sich
zu geben. Bis zuletzt spielte er mit dem Gedanken, sich
loszureißen und sich über Bord ins Meer zu stürzen –.
    Doch das Khorua wirkte schneller, mit blechernem Klang
schlug das gesuchte Stück in der untergeschobenen
Blechschüssel auf –.
»Schande, Rik van de Bovenkamp!« tönte die Stimme des
Freundes, »daß wir uns jetzt erst wiedersehen!«
    Oliver war aus dem Dunkel des Innenhofs getreten. Er
lenkte den Blick des Überraschten auf die Gestalt, die
etwas abseits stand. »Meine Frau Elgaine teilt diese
Freude.«
    Rik hätte es sich ja eigentlich denken können, daß die
beiden sich gefunden hatten, und doch verwirrte ihn die
Begegnung wie beim ersten Mal, als sie als ›Vorleserin‹ in
der Bibliothek aufgetreten war. Anstatt die beiden zu
beglückwünschen oder die sich anbietende Frage nach
dem Weg zu stellen, der sie schlußendlich
zusammengeführt, suchte er Ausflucht in seiner noch nicht
erledigten Aufgabe, das Manuskript aus der Sala al-Kutub
am gewohnten sicheren Ort zu verschließen.
    Der Emir griff ein und schob die befremdeten Gäste
samt seinem Murabbi in Richtung Speisesaal. Ihm gelang
es auch, zusammen mit ›Armin‹ und Miriam schließlich
die Verlegenheit Riks zu lockern, denn die zwei Frauen,
besonders die Styrum, hatten ja wenigstens Oliver zu
Beginn des Kreuzzugs der Deutschen miterlebt – und
Elgaine schlossen beide sofort in ihr Herz. Gerade als Rik
und Oliver begonnen hatten, sich stockend und tastend
gegenseitig ihre Lebenswege zu schildern, die sie nach der
Ankunft in Tunis getrennt beschritten hatten, mischte sich
die Sajidda Blanche ein, die nun ›endlich‹ zu wissen
begehrte, was es mit dem Ring auf sich habe. Der Emir
wimmelte sie ab. »Den trägt mein Sohn Karim an einem
Lederband um den Hals«, beschied er die Aufdringliche.
»Wenn sein Ringfinger kräftig genug ist, mag er selbst
entscheiden, ob er ihn zur Erinnerung an alle, die er in
seinen Bann schlug, an der Hand tragen will.«
    Oliver wie auch Rik empfanden auch nachträglich
keinen Vorwurf gegen den Hafsiden, der sie erstmal
allesamt als sein rechtmäßig erworbenes Eigentum
betrachtete und so günstig wie möglich zu veräußern
trachtete. Er brachte die drei nach Tunis. Oliver hatte das

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