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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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solche Qualen weiterhin ertragen sollte: Er
würde alles gestehen, seine Verkleidung als Ali Baba
erklären und dann durch seine Hinrichtung von seinen
Leiden und von seiner Liebe zu Melusine erlöst werden.
Nein! Mit dem Gedanken an sie würde er in den Tod
gehen! So überschüttete er den Moslah mit dem
Eingeständnis seiner Schuld: Ja, er hätte den Emir, jeden,
der sich ihm in den Weg stellte, auch getötet, um Melusine
zu befreien! Ihre Entführung aus dem Harem sei der
Grund für sein Eindringen, seine Verkleidung gewesen.
Seine Liebe zu Melusine sei so groß, daß er nun gern für
sie sterben wolle!
    Der Moslah war bitter enttäuscht, fest hatte er auf ein
Mordkomplott an dem Emir gesetzt – das hätte ihm jetzt
erlaubt, den Missetäter ordentlich verurteilen zu lassen
und öffentlich zu enthaupten. Doch dieser Kinderkram von
blinder Liebe und lächerlicher Treue machte alles
zunichte! Ausgerechnet in dieser Gemütslage kam ihm der
Mohr mit den Alpträumen oder Fieberphantasien einer
Schwangeren! Er, Moslah, hätte seinen Kopf verwetten
können, daß der Emir in Tunis unter Hausarrest stand und
der fette Eunuch ihm gewiß keine Gelegenheit geben
würde, des Nachts durch Geheimtüren in Mahdia ein und
aus zu gehen! Er lachte den Mohren aus und schickte ihn
zu der Christin in den Harem zurück, sie solle sich keine
Sorgen machen, der Emir liebe sie und werde beizeiten
heimkehren. Doch dann hakte es ein im Gehirn des
Majordomus: ›Die Ehre des Hauses!‹ Hatte der Emir nicht
ein Recht darauf, daß kein anderer Mann in Worten und
Gedanken sich dem Weib näherte, das in seinem Harem
der Geburt seines Sohnes entgegensah?! Das Geständnis
des Gefangenen stellte einen Frevel dar, der nur mit Blut
abzuwaschen war. Die Macht zu richten stand ihm als AlBaouab des Emirs zu –.
In Tunis war der Kabir at-Tawshi Ahmed Nasrallah nicht
untätig geblieben. Ihm war bewußt, daß er dem Emir, den
er zähneknirschend als ›Gast‹ erdulden mußte, kein Haar
krümmen durfte, denn daß sich Kazar Al-Mansur in seiner
Gewalt befand, wußten zu viele, vor allem war es dem
Hafsiden bekannt, den er ohnehin verdächtigte, zur
Entführung von dessen Weib, dieser Melusine, seine Hand
geliehen zu haben. Er hielt sie damit schützend auch über
den Emir, und mit Abdal wollte sich der Eunuch –
ya’allam Allah! – nicht anlegen! Um dennoch dem
Verhaßten einen tödlichen Schlag zu versetzen, mußte er
über dessen unbewachtes Nest herfallen und ihm die Eier
zertreten! Soweit er, Ahmed Nasrallah, in Erfahrung
bringen konnte, stand der Harem leer, als die trächtige
Christin dort eintraf. Kazar Al-Mansur hatte also zuvor
keine Nachkommen gezeugt. Der Sohn, den sie ihm
schenken sollte, würde der erste und einzige Erbe sein –
wenn er denn geboren würde!
    Mit Bedacht kaufte er sich einen christlichen Sklaven,
ein schmächtiges Bürschlein, das in seinem kurzen
Klosterleben wenigstens schreiben gelernt hatte. Ihm
diktierte er den Brief des verliebten deutschen Ritters an
seine Herzensdame. Er gestaltete ihn infamerweise jedoch
so, daß Melusine als treibende Kraft und untreues,
betrügerisches Weib dastand. ›… Deine verzweifelten
Hilferufe bohren sich wie Pfeile in meine Brust, Liebste…
so fliege ich herbei, dich aus den Klauen des Unholds…‹.
Das reichte Ahmed Nasrallah noch nicht, wenn er den
Mann vernichten wollte, mußte er dafür sorgen, das Bild,
das er sich von seiner Frau machte, nachhaltig zu
zerstören. ›… ich weiß wie Du, daß das Kind, das Du
unter Deinem Herzen trägst, meinem Samen, unserer
Liebe entsprossen…‹. Das sollte als Todesurteil eigentlich
ausreichen, der beflissene Moslah würde es sich nicht
entgehen lassen, seinem Herrn diesen Dienst zu erweisen.
    »Jetzt setzt noch darunter –.«, wies er den eifrig
schreibenden Novizen an, »›Ewig der Ritter Deines
Herzens, Rik van de Bovenkamp‹.«
    Er bettete zärtlich seine Pranken auf den Schultern des
jungen Mönchs und verfolgte befriedigt den Schwung der
Feder. »Sehr schön so«, seine Hände legten sich wie ein
Schraubstock um den Hals des Novizen. Den Ruck und
das leichte Knacken bekam der Schreiber schon nicht
mehr mit.
    Eigenhändig nähte der Eunuch das Schriftstück in das
Futter des teuren Brokatmantels, dann bestellte er seine
Galeere in den alten Hafen von Karthago und begab sich
selbst nach Gammart zum Landhaus der Gebrüder
Ibrahim. Er traf sie reisefertig an, denn Zahi,

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