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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Gefangener?!«
Rik dämmerte langsam, daß der Eunuch ihn gerade
wegen dieser verfahrenen Situation hierher verfrachtet
hatte – aber zu welchem Behufe? Um Melusine zu
befreien sicher nicht, dann hätte er ihn nicht in diese Falle
gestoßen. Trotz des Aufwands ging es wahrscheinlich
weniger um ihn, geschweige denn um Pol, sondern um die
Frau im Harem, dessen Herr und Besitzer von derselben
Person, die auch sein Los bestimmt hatte, in strengstem
Gewahrsam gehalten wurde.
»Was kümmert mich dieser muslimische Räuber!«
entfuhr es Pol ärgerlich ob solcher Bedenken, als die
Schlüssel an der schweren Gittertür klirrten und der
Moslah in das dämmrige Gewölbe schlurfte. Er hielt sich
in einem Sicherheitsabstand von seinen beiden
Gefangenen, die nur zögerlich und soweit es ihre
Fußketten erlaubten näherkamen.
»Das junge Weib, um dessentwillen Ihr hier schmachtet,
sieht ihrer baldigen Niederkunft entgegen«, eröffnete er,
ohne sich Gedanken über die Wirkung seiner Mitteilung
zu machen. »Als Mutter des Sohnes von Kazar Al-Mansur
erwirbt die Frau das Anrecht auf ihr Leben, das sie durch
die Schande, die Ihr auf sie gehäuft, schon verwirkt hatte.«
Der Moslah sprach leise und bedächtig, damit seinen
Zuhörern keines Wortes Bedeutung entging. Doch die
schwiegen, wie auf Verabredung, sie schauten – nach
kurzem Blickwechsel – den Baouab nicht einmal an.
Verärgert fuhr der drohend fort: »Es steht immer noch in
meinem Ermessen, sie einem schimpflichen Tod
anheimzugeben, doch widerspricht es meinem Sinn für
Gerechtigkeit: Den Frevel, eure schamlosen Augen und
dreisten Sinne zum Weibe des Emirs erhoben zu haben,
dieses Verbrechen habt allein ihr begangen!«
Er wartete auf eine Reaktion, auf die Wirkung seiner
Anklage, doch die beiden rückten nur noch näher
zusammen und ließen ihn außen vor. Der Moslah kochte
vor Wut, seine Stimme blieb jedoch kühl wie die Haut
einer Echse. »Einer von euch beiden wird dem Henker
übergeben werden, denn es sollen nicht zwei für das
gleiche Delikt büßen.«
Der Grottenmolch beglückwünschte sich zu seiner
perfiden Idee. »Ihr dürft unter euch ausmachen, wer mit
seinem Leben zahlt« – der Moslah genoß sichtlich das
Spiel mit der ihm zugefallenen Macht, die er diesen beiden
Christenhunden aufzwingen würde, ob sie sich nun
sträubten oder gar den Kopf in den Sand zu stecken
versuchten. Er würde sie aufeinander hetzen, wie zwei
tolle Hunde! »Vielleicht findet Ihr die Lösung, daß, wer
das Weib mehr geliebt, das Leben behalten sollte – oder
umgekehrt, den Preis bezahlt?!«
Bei den letzten Sätzen war er zurückgetreten und winkte
die Wächter herbei. Er ließ die Ketten soweit verlängern,
daß Rik und Pol jetzt ungehindert ins Handgemenge
kommen konnten, doch die beiden gingen aufeinander zu
und umarmten sich wortlos. Der Moslah verließ enttäuscht
den Kerker. Die verrinnende Zeit würde zweifellos für ihn
arbeiten! Die drohende Klinge des Scharfrichters schuf
keine bleibenden Freundschaften.
    So streng wie dafür gesorgt wurde, daß Timdal nicht die
geringste Möglichkeit hatte, mit den Gefangenen in
Kontakt zu treten, so locker wurde dem Mohren Zugang
zum Harem gewährt. Er hatte fast den Eindruck, der
Moslah sah es mit Erleichterung, daß Timdal der
Hochschwangeren seelischen Beistand leistete, zu dem
sich der überforderte Majordomus nicht in der Lage sah.
Und je mehr sich für Melusine der Tag der Niederkunft
näherte, um so mehr verbot es sich für den kleinen Freund
auch nur ein Wort über die Eingekerkerten verlauten zu
lassen, es hätte die verzweifelt auf die Heimkehr des
Emirs Hoffende zu sehr aufgeregt, eine Fehlgeburt hätte
die Folge sein können. So erträumten sie sich immer neue
Szenarien, wie Timdal zu Tunis den armen Kazar aus den
Pranken des Eunuchen befreien könnte, auch auf die
Gefahr hin, dort gleichermaßen in den Kerker geworfen zu
werden, denn von solchen Haftumständen waren sie beide
überzeugt. Sonst wäre es dem kühnen Emir sicher längst
gelungen, sich zu befreien. Aber zu zweit ließ sich
vielleicht eine solche Flucht eher bewerkstelligen – selbst,
wenn der Mohr sich dafür opfern müßte! Auch dazu war
Timdal bereit. Es galt also, nur noch den Moslah zu
gewinnen oder zu überwinden, denn sonst scheiterte der
Plan schon daran, daß es aus Mahdia kein Entkommen
gab; bis Tunis jedenfalls würde er nie gelangen, weder zu
Fuß noch auf einem Schiff Der Sinn des Mohren

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