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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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offen gegen den Obristen zu stellen, macht sich Irm
zur Wortführerin gegen ihren Ex-Verlobten. Jacov, der auf
einer Reise mit seinem Vater schon mal die Alpen
überquert hat, unterstützt sie mit vorsichtiger
Zurückhaltung, was seine Braut Miriam wütend macht, die
zudem darunter leidet, daß der Tod ihrer Schwester
ungesühnt bleiben soll. Ripke versucht, Randulf und Dörte
auf seine Seite zu ziehen, indem er sie mit Proviant, vor
allem aber mit Pelzwerk und festen Schuhen beschenkt.
Doch als Dörte ihm den erwarteten Liebesdienst
verweigert, verlangt er grob und plump seine Gaben
zurück.
    Bereits stark geschwächt schleppt sich der Zug bis ins
Waadtland. Niklas läßt auf Anraten Karls die Kranken und
Sterbenden am Wege liegen. Er hält ihnen vor, daß ihre
Vorfahren beim ersten Kreuzzug ganz andere Hindernisse
bewältigten, da sie doch einen viel mühseligeren, endlosen
Weg durch die Schluchten des Balkan zogen, ihren
Anführern klaglos über das felsige Hochland von Asia
Minor folgten, überschüttet vom Pfeilhagel der tückischen
Türken. Hingegen sie, »seine Auserwählten«, müßten mit
ihm nur den sonnigen Strand Italiens erreichen, dann
würde das Meer sich teilen, und er würde sie ins gesegnete
Jerusalem führen, in ein Land, wo Milch und Honig
flossen.
    »Mit Verlaub, nun reicht es aber mit der Hinwendung an
die Deutschen!« tönte die Stimme des Emirs ungehalten
aus der Öffnung an der Decke und Rik senkte
schuldbewußt sein Haupt, was Irm immerhin zum
Verstummen brachte. Rik war schließlich für sie alle
verantwortlich und wenn auch Daniel trotzig dreinschaute,
erteilte der Murabbi dem Mohren Timdal mit stummem
Wink das Wort.

aus der Niederschrift von Mahdia
Sturm auf den Hafen
Bericht des Mohren
    Trotz erheblicher Verluste, nach denen keiner fragt und
die auch klaglos hingenommen werden, erreichen die
ersten des Zuges der französischen Kinder schließlich die
Außenbezirke von Marseille. Hier, wo die Ärmsten
hausen, die kein Quartier am Hafen aufnehmen will,
werden die Ausgehungerten bereits erwartet und wie
kleine Heilsbringer auf das herzlichste umsorgt. Die
Ausgestoßenen laden die Erschöpften in ihre ärmlichen
Hütten und geben selbstlos von dem Wenigen, das sie
haben. Hier hat sich auch Pol, der Bauernsohn aus
Morency, eingefunden. Melusine wiederzutreffen hatte er
vielleicht im Innersten gehofft, aber sicher nicht erwartet.
Er hält sich also gleich an den als Vorhut eintreffenden
Luc de Comminges, der ihm von Bordàs her zwar
unangenehm in Erinnerung ist, doch das will er vergessen,
geht es doch nun um Größeres, wie alle Welt schon weiß,
denn der Ruf von des ›Minderen Propheten‹ heiliger
Mission ist der Ankunft des Zuges weit vorausgeeilt. Und
der ›Vicarius Mariae‹ ist über die treffliche Einstellung
des kräftigen Burschen hocherfreut und macht ihn
sogleich mit Stephan bekannt, der sein Wägelchen jedoch
nicht anhalten mag, sondern stracks zum Hafenkai
vorstoßen will, um endlich das Meer der Verheißung vor
sich zu sehen. Ihm folgt wie ein Schwarm die Hauptmasse
der Kinder, die alle das Wunder sofort erleben wollen. Es
entsteht ein Gerenne und Geschiebe, so daß die
Vordersten von den Nachdrängenden ins Wasser gestoßen
werden, wo viele ertrinken, denn das Meer teilt sich
keineswegs, so sehr auch Stephan, stehend in seinem
Wägelchen, mit den Armen fuchtelt, was wiederum die
weiter hinten Stehenden zu noch größerem Eifer
anstachelt, denn keiner will das Wunder verpassen das
Wasser könnte sich ja wieder schließen. So entstehen
regelrechte Schlägereien zwischen den Verzweifelten und
den Erschöpften, den wild Entschlossenen und den bereits
Enttäuschten. Ein Murren, dann Geheul des Unmuts und
des Schmerzes erhebt sich, wird von den Hinteren wieder
falsch verstanden als Schrei der Begeisterung, und wieder
schwappt Woge auf Woge vorwärts, wer sich in den Weg
stellt, wird niedergetrampelt, stürzen Trauben von Körpern
ins Hafenbecken.
    Luc, der Vicarius, hat sich verdrückt, aber Pol zerrt jetzt
wütend an Stephan, damit der endlich aufhört, für alle
weithin sichtbar seinen mit Bändern verzierten Hirtenstab
zu recken, als sei er Moses.
    »Seht Ihr denn nicht«, fährt Pol ihn an, »was Ihr
anrichtet?!«
»Denn ihrer ist das Himmelreich!« schreit Stephan erregt
zurück.
»Betrüger!« brüllt Pol und versucht den falschen
Propheten vom Bock zu holen; doch da reißen ihn, auf
einen Wink Lucs, die

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