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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Stephan den wunderbaren Traum
neidet –.«
»Die Wege dieses Herrn sind unergründlich«, belehrt sie
ihr Freund Étienne. »Ich weiß nicht, ob ihm am Gelingen
liegt oder daran, der Kirche ein Schnippchen zu schlagen –
?!«
»Das wird spätestens dann offenbar, wenn Satan sein
Blendwerk entfaltet«, verkündet Timdal feixend vom
Dach. Sein grimassierendes schwarzes Gesicht mit den
rollenden weißen Augäpfeln wirkt schon recht dämonisch,
so wie es kopfüber im Fensterloch erscheint, »… und sich
das Meer teilt – für uns, die wir es glauben!«
»Ich glaub’ es nicht!« erklärt Melusine fest.
»Es könnte auch über uns zusammenschwappen«,
meldet Étienne seine Zweifel an, schweigt dann aber, als
er bemerkt, daß Blanche ihn strafend ansieht und sich
bekreuzigt.
    »Au sécours!« rief Irm schelmisch erbost. »Ich will nicht
in diesem welschen Rührstück versaufen! Wir Deutschen
haben gleiches Recht wahrgenommen zu werden, auch
wenn Ihr, Rik, Euch seitlich in die Büsche geschlagen
habt!«
    Der Attackierte lächelte schmallippig. »Was gibt es über
den weiteren Verlauf des Zuges durch die Westschweiz
schon groß zu sagen – außer, daß Ihr Euch törichterweise
dem unseligen Niklas angeschlossen habt?«
    Die arrogante Antwort rief nun auch Daniels
Widerspruch auf den Plan. »Es geht, Rik van de
Bovenkamp, auch ohne Euch immerhin um das Schicksal
von weit über zwanzigtausend junger Menschen!« stieß er
empört hervor, »– die sich vertrauensvoll und ahnungslos
–.«
    »Daran hattet Ihr und die Kirche doch ein gerütteltes
Maß –.« unterbrach Rik ihn hart, doch es gelang ihm
nicht, den erbosten Secretarius zu übertönen.
    »Laßt die sancta ecclesia aus dem Spiel, wo es Euch nur
um Euren Standesdünkel ging!«
»Der Kirche ging es wahrscheinlich um die Seelen derer,
die den Wahnsinn nicht überleben sollten!« höhnte Rik.
»Ihr wart nicht dabei«, beschied ihn Daniel, »also laßt
Irm berichten, was mit uns geschah, selbst wenn das
Fräulein de Cailhac und ihr edler Ritter nicht darin
vorkommen!«
Irm ging dazwischen. »Hört auf zu streiten!« fuhr sie
Rik an, der schon den Arm gegen den Secretarius erhoben
hatte, »und du, Daniel, schreibst nieder, was ich zu sagen
habe!«
»Kurz und bündig!« knurrte Rik, aber er fügte sich.

aus der Niederschrift von Mahdia
Die Ahnungslosigkeit der Feldmäuse
Bericht des Daniel
    Auf dem mittlerweile gespaltenen Kreuzzug der deutschen
Kinder gerät Irm immer häufiger mit Karl aneinander, der
Daniel von seinem Platz als ›Erster Jünger‹ an der Seite
des ›Heilers‹ Niklas zu verdrängen sucht. Diese
Streitereien, aber auch die völlige Ahnungslosigkeit, was
eine Überquerung der immer näher rückenden Alpen im
nun beginnenden Herbst bedeutet, führen dazu, daß sich
der Haufen ohne jede vernünftige Vorbereitung der zu
überwindenden Gebirgskette nähert. Irm wirft Niklas vor,
daß selbst Heerestrupps von abgehärteten, erfahrenen
Männern sich nur in Notfällen auf eine solche
Herausforderung der Naturgewalten und des menschlichen
Durchhaltevermögens einlassen würden. Die mindeste
Voraussetzung sei ausreichend Proviant, Tragtiere, um ihn
zu transportieren, und wärmende Kleidung, Felle und vor
allem geeignetes Schuhwerk. Der ›Heiler‹ hält sich die
Ohren zu.
    Der einzige, der diese Gefahren rechtzeitig erkennt, ist
Karl Ripke, der immerhin schon eine größere Reise durch
ganz Frankreich bis zum Fuß der Pyrenäen und zurück
hinter sich hat. Ihm ist bewußt, was auf sie zukommen
wird: Die Paßwege sind schlüpfrige Saumpfade, die
Bergbauern in den Tälern haben allesamt nichts von dem
abzugeben, was sie während des kurzen Sommers als
Vorrat angelegt, um damit durch den langen Winter zu
kommen. Doch Ripke schweigt verbissen, zumal er sich
selbst das Unterfangen zutraut und dafür auch vorgesorgt
hat. Die meisten hingegen haben nichts als dünne Fetzen
am Leibe und gehen barfuß. Mit dem Erreichen des
Weinbaugebietes um den Neuenburger See setzt ohnehin
eine spürbare Verlangsamung des Zuges ein, denn wie ein
riesiger Vogelschwarm fallen die Kinder über die noch
unreifen Beeren her, mit der Folge, daß alle an Durchfall
erkranken und bald die Ruhr ihre ersten Opfer in der
spätsommerlichen Hitze fordert.
    Inzwischen sind alle gegen Karl Ripke und seine Garde,
die sich gut versorgt und lieber Wein säuft als grüne
Früchte in sich hineinzustopfen. Da Daniel zu feige ist,
sich

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