Das Kreuz der Kinder
–.«
»– zum scharfen Ritt und trefflichen Stoßen!«
Timdal, der Mohr, dem der ›Kabir at-Tawashi‹
vergessen hatte, die Eier abzuschneiden, meckerte vor
Vergnügen wie ein Ziegenbock, auch Daniel konnte sich
ein Grienen nicht verkneifen. Rik rettete sich in die
Position eines unverbesserlichen Moralisten, die in der
Übertreibung dann auch prompt lachhaft wirkte.
»Der König beging also Ehebruch, die Zofe hinterging
ihre Herrin, aber Herr Oliver war –.«, brachte er mit tief
bekümmerter Stimme vor, »des treuen Sorgens müdes
Opfer – mittlerweile eingeschlafen!«
Rik schüttelte verständnislos sein Haupt über so viel
Schlechtigkeit in der Welt.
»Wer schläft, der sündigt nicht!« erlaubte sich Daniel
anzumerken.
Rik sah ihn tieftraurig an, »Ah, ja?«, um dann die Kurve
zu kriegen, »dann will ich Euch jedwede Möglichkeit zum
Begehen solchen Frevels ersparen, ya Katib! Notiert also
gefälligst den weiteren Verlauf der Geschichte und kommt
mir nicht mit Müdigkeit!«
aus der Niederschrift von Mahdia
Der Königsritt
Bericht des Rik van de Bovenkamp
Draußen fegt ein Schneesturm über die eisigen Höhen des
Septimer-Paßes, in der durch die Schneewand geschützten
Felsengrotte wärmt der Leib des zitternden Pferdes die
beiden Insassen, den sterbenden Mu’allim und den
deutschen Ritter Rik van de Bovenkamp. Trotz seiner
zunehmenden Schwäche erzählt der Alte stockend, mit
flüsternder Stimme, was sich weiter in Palermo
zugetragen, wie Elgaine zum Juwelier gegangen, um das
angefertigte Schmuckstück abzuholen. Ihr fiel nur auf, daß
Lofti, der auf seinen Status und Ruhm stets bedachte
Hofjuwelier, darauf drang, daß die trotz ihrer Jugend
angesehene Hofdame der Königin beim Verlassen seiner
Werkstatt den Hinterausgang benutze – wie eine Diebin
sei sie sich vorgekommen. Elgaine überbrachte das
ausgehändigte Säcklein ihrer Herrin, Constanze steckte
den Ring noch in ihrer Gegenwart dem Gemahl an den
Finger, damit er ihm auf dem bevorstehenden ›Königsritt‹
durch ganz Italien, über die Alpen bis in die deutschen
Kernlande des Staufers, Glück brächte, den gewünschten
Erfolg und vor allem sein lieb’ Leib und Leben beschütze.
Der König hatte keine Zeit zu verlieren, die reisefertigen
Gefährten waren schon aufgesessen, er umarmte sein
treues Weib, und sie ritten davon. Die Erzählung des
Mu’allim ist immer häufiger von rasselnder Atemnot und
Stöhnen unterbrochen, auch wird seine Stimme immer
leiser. Rik flößt ihm den Rest des Branntweines ein, der
noch im Beutel ist. Dann nimmt er den Kopf des Alten in
seinen Schoß, was dem das Sprechen, ihm das Lauschen
etwas erleichtert, und Murad fährt mit letzter
Willensanstrengung fort.
Vom schlechten Gewissen sei er geplagt gewesen, ob
des vertauschten Textes der Inschrift des Ringes, mit dem
Herr Friedrich jetzt auf dem Weg nach Deutschland war,
um die Krone zu gewinnen. Unmittelbar nach des Königs
Abreise gestand der in Ungnade gefallene Mu’allim der
jungen Hofdame Elgaine, daß er sie hintergangen und
heimlich den ›Liebesbeweis‹ der Königin gegen einen
fundamentalen Text aus dem Koran ausgetauscht habe.
Der Mu’allim befürchtete nun – reichlich spät, aber
vielleicht noch nicht zu spät! –, daß die Inquisition den
Ring an sich bringen, den Koranspruch entdecken und
damit eine Waffe gegen Friedrich in der Hand halten
könnte, den jungen Herrscher zu desavouieren, ja ihn um
die Krone zu bringen.
Elgaine d’Hautpoul war bereit, ihren Zorn
hinunterzuschlucken, er kochte ihr aber doch hoch, als sie
auf Befragen herausbekam, daß der alte Trottel die
inkriminierenden Verse dem Juwelier Lofti sogar
schriftlich ausgehändigt hatte! Mit den ›Geheimen
Diensten‹ der Kurie war nicht zu spaßen, Friedrichs – von
der Gunst des Papstes abhängiges – Königtum befand sich
tatsächlich in Gefahr, wenn ruchbar oder gar beweislich
würde, daß er dem Islam zuneige -
Das Beichten der Geschichte, das Wiederaufleben seines
unbedachten Handelns, seiner beschämenden Torheit,
bringt den Mu’allim vollends in Bedrängnis, er bekommt
einen Hustenanfall, spuckt Blut, »Allahu ahad…«, keucht
er, »Allahu samad…«, er ringt röchelnd um jedes Wort
»lam – lam…«, seine aufgerissenen Augen starren Rik an.
Es dauert eine Weile, bis der junge Ritter begreift, daß er
den Kopf eines Toten in den Händen hält.
Es herrschte betroffenes Schweigen in Sala al-Kutub zu
Mahdia. Um von dem Tod
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