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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Wonne, nun auch des zweiten
Flüchtlings habhaft geworden zu sein. Guillem schickte
sofort aus, auch Pol ans Tageslicht zu zerren.
»Kielholen!« befahl er zur johlenden Freude seiner
Mannschaft. »Alle beide – am gleichen Strick!«
    Luc konnte sich unter der Maßnahme nicht das
Geringste vorstellen, allein die Tatsache, daß er schon
wieder mit dem verhaßten Landsmann aneinandergefesselt
werden sollte, erboste ihn über alle Maßen.
Zähneknirschend schwieg er, zumal ihn ›das Schwein‹ im
Unklaren über sein Schicksal ließ, bis auch Pol vor ihn
gestoßen wurde.
    »Damit ihr Landratten auch in den rechten Genuß
christlicher Seefahrt kommt, samt unerläßliche Vorfreude
–.«
    Die Mannschaft jubelte, »– sei euch verkündet, daß wir
eure aneinandergebundenen Körper ganz langsam am
Strick unter dem Kiel hindurchziehen werden –.« ›Das
Schwein‹ wollte sich an dem Entsetzen seiner Opfer
weiden, doch die beiden konnten sich die brutale Tortur
nicht ausmalen, sie schauten unbekümmert in die Gegend
-»was dann noch von euch übrig, wird den Fischen zum
Fraß vorgeworfen!«
    Guillem sah sich um den gewünschten Erfolg gebracht,
zumal Luc ihn seelenruhig darauf hinwies, daß ein solches
Ritual sich gerade jetzt und hier im Angesicht der
wartenden Kinder nicht besonders gut machen würde es
sei gewiß besser für die hohe See geeignet. Der Vicarius
hatte die ganze Zeit über die Hafeneinfahrt im Auge
behalten, und Guillem mußte feststellen, daß sie
tatsächlich bereits dem Kai zu nahe gekommen waren. Die
dort drängenden Kinder würden sicher einen ungünstigen
Eindruck von ihm und seinen Absichten gewinnen,
vielleicht würden sie dann die Barken gar nicht erst
besteigen. ›Das Schwein‹ dachte angestrengt nach. Luc
gewahrte das letzte Schiff, das jetzt von den Kindern mit
eigener Hand hinausgerudert wurde, während andere
versuchten, den beim Kentern aus seiner Halterung
gesprungenen Mast wieder aufzurichten.
    Keiner achtete auf ihn, als er – wie neugierig – an die
Reling trat, um das Bemühen in Augenschein zu nehmen.
Luc ließ sich fallen. Wie alle Sprößlinge des okzitanischen
Adels konnte er schwimmen. Eh sich’s ›das Schwein‹
versehen und mit den Rudern nach ihm schlagen ließ, war
er wie ein Delphin auf das Schiff zugeschossen, auf dem
auch Alekos, der Schankknecht, untergekommen war.
Man warf ihm ein Seil zu und zog ihn an Bord. Guillem
war von der Flucht zu sehr abgelenkt, daß er seinen
Ruderern nicht mehr rechtzeitig zurufen konnte, die
Blätter gegen die Fahrt zu stemmen: Mit voller Wucht
prallte die Barke gegen die Kaimauer, daß alle
durcheinanderpurzelten, und da er das Kommando über
alle drei Barken führte, verfuhren die beiden anderen
Mülltonnen ebenso stumpfsinnig – daß keine von ihnen
dabei in Stücke ging, muß an den im Wasser treibenden
Körpern gelegen haben, die den Stoß dämpften.
    Schon sprangen die ersten von oben in die offenen
Bottiche. In dem Tumult fiel es nicht auf, daß Pol mit
einem gewaltigen Satz zur benachbarten Barke
hinübersetzte. Kaum hatte er sich hochgerappelt, sah er
über sich am Kai Melusine in der Menge -
    ›Guillem das Schwein‹ hatte auch längst keine Augen
mehr für ihn, denn aus dem Gewühl heraus fiel ihm ein
Mädchenkörper in die feisten Arme. Es war Blanche Grund genug, dem nachsetzenden Étienne, dem kleinen
Dieb von Saint-Denis, auf die Finger zu klopfen, als der
sich ebenfalls an Bord hangeln wollte. Étienne kam auf
der dritten Barke unter.
    Schon seit einiger Zeit, während Alekos seinen Bericht
vorlas, war es, als habe ein kalter Lufthauch die Sala alKutub gestreift. Genaugenommen, seit die Diener die Tür
einen Spalt breit geöffnet hatten und eine im Burnus
verhüllte Gestalt leise in den Raum geschlüpft war. Der
Mann hielt sich still im Hintergrund, den gesenkten Kopf
von der Kabut seines braunen Gewandes verdeckt. Aber
von seiner Anwesenheit ging etwas Unangenehmes,
Feindseliges aus. Kazar Al-Mansur sprach den
Eindringling – nach seiner Kleidung ein frommer
Religionsgelehrter – auch nicht etwa an, sondern bestellte
den Türwächter zu sich, um in Erfahrung zu bringen,
wieso er den Fremden eingelassen habe. Der Mann vergaß
in seiner Verlegenheit den auferlegten Flüsterton, so daß
jeder im Raum es deutlich hören konnte.
    »Der ehrwürdige Diener Gottes, Saifallah, seines
Zeichens Ulama an der Großen Moschee zu Kairouan«,
stotterte er aufgeregt, »hat

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