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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Jerusalem!«
Und er rannte, ohne sich noch einmal nach ihnen
umzudrehen, hinaus auf den Kai. Dem Schankknecht
gelang es noch, das wieder flottgemachte Schiff zu
erreichen, bevor es hinter den anderen her aus dem Hafen
gerudert wurde. Mit Alekos abruptem Aufbruch gab es für
Melusine, Étienne und Blanche kein Halten mehr, sie
stürmten hinterher, kaum daß Timdal ihnen folgen konnte.
Das Gedränge am Ufer war diesmal weniger ungestüm,
viele betrachteten die eingetroffenen Barken voller
Skepsis, erkannten nicht einmal das Angebot, andere
erfaßten sehr wohl die Chance, aber der deprimierende
Anblick ließ sie zögern. Dennoch war es ein Gewühl, und
den erst jetzt von der Taverne Eingetroffenen bot sich
kaum Gelegenheit, sich bis nach vorne durchzukämpfen,
um noch zu denen zu gehören, die von den dickleibigen
Bäuchen aufgenommen werden konnten. Da hörte
Melusine ihren Namen rufen, und sie erblickte Pol, der ihr
zuwinkte. Zwei kräftige Arme hoben sie hinüber an Bord.
Étienne und Blanche wurden auseinandergerissen,
Melusine konnte keinen der beiden mehr entdecken, aber
Timdal wehrte sich plötzlich, ihr unverzüglich zu folgen.
»Ich hole nur schnell unsere Kriegskasse!« rief der Mohr
seiner Herrin zu und rannte zurück zur Taverne.
Die Barke, alle drei Barken waren voll, brechend voll.
›Guillem das Schwein‹ gab den Befehl zum Ablegen. In
dem sich erhebenden Geschrei, Wut und Begeisterung,
ging Melusines Stimme unter. Sie sah, wie Timdal zurückkommend sich durch die Menschenmauer wand, den
kostbaren Beutel schwenkend. Doch da waren sie schon
zwei Mannslängen vom Kai entfernt. Timdal sah das
vergebliche Gestikulieren von Melusine, doch den Sprung
ins Wasser tat er nicht. Zur Beruhigung seines Gewissens
vermerkte er, daß Pol neben ihr stand. Er winkte den
Davongleitenden zu, wischte sich mit dem Ärmel seines
Wamses eine Träne aus dem Auge und kehrte
nachdenklich zum vereinsamten ›Schwertfisch‹ zurück.
Da Alekos nicht wieder auftauchte, wußte er nun auch den
Schankknecht auf hoher See. Der Mohr betrank sich zum
ersten Mal in seinem Leben.

KAPITEL V
TRÜGERISCHES MEER
    Die kleine Festgesellschaft kehrte durch das Bab Zawila
zurück, das einzige Tor in dem mächtigen Bollwerk der
Skifa al-Kahla, das den Landzugang nach Mahdia
ermöglichte. Auf Einladung des Emirs hatte man
Reiterkampfspielen beigewohnt und für solche
Vergnügungen war innerhalb der Mauern kein Platz
vorhanden, denn die Residenz des Gouverneurs lag auf
einem ins Meer hinausragenden Felsenriff, und selbst das
wenige unbebaute Gelände zwischen dem Palast des
Mahdi und dem Leuchtturm war viel zu abschüssig und
steinig, um den ordentlichen Verlauf einer Fantasia zu
gewährleisten, bei der auch mal einer der wagemutigen
Reiter von Pferd oder Jamal stürzen mochte. Draußen, das
Vorfeld der Skifa, war bestens für solche weitgefächerten
Kavalkaden geeignet, und die Gäste hatten beim Couscous
unter dem Dach eines offenen Zeltes die Darbietungen
genossen, mit denen die Beduinenstämme des Emirats
ihrem Herrn zweimal im Jahr huldigten. Der Emir hatte
allen Mitarbeitern an der Chronik – ob nun kundiger
Erzähler oder eifriger Schreiber – zu diesem Anlaß eine
Houllah, ein kostbares Gewand, geschenkt, und sie saßen
auf Ehrenplätzen.
    Kazar Al-Mansur hatte den Stammesältesten, die mit
ihm tafelten, seinen Sohn Karim vorstellt, und die
ergrauten Sheikhs hatten den hübschen Knaben ebenso
belobigt wie den Steiß des fetten Hammels. Ein
gelungenes Fest!
    Danach kehrten die Bewohner und Gäste des Palastes im
Gefolge des Hausherrn durch den mit Fallgittern
bestückten, düsteren Torweg an der mächtigen Moschee
vorbei in die Gärten des Prinzenpalais zurück, wo Kazar
Al-Mansur im Schatten der Zitrusbäume noch Minztee
und Halouyàt, mit Rosenwasser parfümiertes
Mandelgebäck, honiggetränkte Feigenküchlein und mit
Pistazien eingelegte Datteln reichen ließ. Musiker spielten
auf, während sich – weniger gemäß ihres Ranges, als nach
Gutdünken des Emirs – die Geladenen auf seidenen
Kissen niederließen: Neben dem Prinzen sein Murabbi, an
Riks Seite hatte sich ›Armin‹ gedrängt, während den
Ehrenplatz zur Rechten des Gastgebers Alekos, ›der
Dichter‹, einnehmen mußte, den Kazar Al-Mansur schon
deswegen hochschätzte, weil er ihm, dem einfachen
Schankknecht aus Marseille, endlich und aus erster Hand
die ersehnten Informationen über den Leidensweg der

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