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Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Titel: Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Scharf
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deren Schwesterschiff, ‚Samantha I‘, drei Jahre zuvor vollständig ausgebrannt war, ohne daß dabei allerdings Menschen zu Schaden gekommen waren, lag in der Deutschen Bucht vor Anker. Mit dem Freifallrettungsboot und dem Beiboot wurden die Fahrgäste an Bord geholt, da ein Aufsteigen der vielen Menschen in einem Hafen undenkbar gewesen wäre. Es hatte Martin Bühler viel Überredungskunst gekostet, die Hündin Stella miteinschiffen zu dürfen, da der Erste Offizier, ein Rumäne mit dem Namen Flavius Lefter, der das Manöver der kleinen Boote leitete, von einem Hund nichts auf der Passagierliste gelesen hatte, aber schließlich war er doch darauf eingegangen, hatte augenzwinkernd eingewilligt und den Namen „Stella Bühler“ mit einem Schmunzeln auf die Liste gesetzt. Dahinter hatte er folgenden ulkigen Vermerk notiert: „Kind, da unter 14 Jahre alt“, was nicht bloß als Scherz gemeint war, sondern auch bedeutete, daß die Hündin unentgeltlich die Seereise mitmachen konnte.
    „Stellen Sie Ihr Gepäck zunächst einmal unter das Vordach gleich hier hinten rechts – also achtern steuerbord“, sagte der Kapitän, wobei sich sein Gesicht schon zu einem wahrhaft breiten Grinsen verzog, „falls es zu regnen anfangen sollte, wonach es zwar momentan nicht aussieht, aber als Ire mißtraue ich zu langen Schönwetterperioden“, setzte er noch hinzu und brach über diesen seinen eigenen kleinen Scherz in derart schallendes Gelächter aus, daß er sich dabei den Bauch halten mußte, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten. Auch die Neuankömmlinge wurden fast sämtlich mitfortgerissen und begannen in vielerlei Weise, ihr Zwerchfell zu beschäftigen – hier war es verhaltenes Gekicher, dort ein jähes Aufbrausen gleich Donnergrollen. Als das Gelächter abgeklungen war, wies er die Passagiere noch an, es sich hernach bei ihren Taschen und Koffern für einen Moment bequem zu machen, der Dritte Offizier werde gleich da sein, um sie in Gruppen zu je einem Dutzend durch die Aufbauten des Schiffes zu führen und ihnen ihre Wohncontainer anzuweisen, welche sie dann unverzüglich beziehen könnten.

    Es vergingen auch tatsächlich keine vollen fünf Minuten, nachdem sich die etwa fünfzigköpfige Personengruppe achtern mit ihren Gepäckstücken ausgebreitet hatte, bis ein kahlgeschorener, muskulöser Mann, der an den Unterarmen reichlich tätowiert war und verwegene Gesichtszüge besaß, um die Ecke gebogen kam und sich den Wartenden als Dritter Offizier vorstellte, der gerne die Aufgabe übernommen habe, sie grüppchenweise auf dem „Dampfer“, wie er sich ausdrückte, herumzuführen. Der Mann war Bulgare und hieß Sergei Georgiev, ein verwegener Haudegen, der keine Angst zu kennen schien, wie sich schon oft gezeigt hatte und sich auch im Verlauf der Reise noch zeigen sollte. Seine tief in den Höhlen liegenden, braunen Augen waren fest und strahlten Entschlossenheit aus, sein markantes Kinn war mit den Stoppeln eines Dreitagebartes bedeckt und das Haupthaar fehlte, wie bereits erwähnt, vollständig, weshalb der Kopf des Seemanns in der Sonne mitunter scheinbar zu leuchten pflegte.
    Er nahm sich also der ersten, zwölf Reisegäste zählenden Gruppe an, unter welche auch die Familie Bühler geraten war, was mit der Stellung des Buchstabens B im Alphabet zu tun hatte. Frau Brunner hatte ebenfalls das Glück gehabt, zu dieser Gruppe gerechnet zu werden. Träubeles würden geschlagene anderthalb Stunden warten müssen, da sie es mit ihrem Namen in solchen Zuteilungen immer schlecht erwischten, wenn nicht von hinten her mit der Einteilung begonnen wurde. Allein die Zwinglis aus Konstanz, welche diesmal mit den Träubeles in ein Grüppchen fielen, nämlich in das letzte verbleibende, hatten es oft noch schwerer…

    Sergei Georgiev, der zwar kein Deutsch, aber akzeptables Englisch sprach, führte die Gruppe gleich zu Anfang in die Aufbauten des Schiffes hinein, die Treppe nach oben bis auf die Kommandobrücke. Die Tür flog auf, und die Menschen warfen nacheinander einen interessierten Blick hinein und erhoben die Hand zum Gruße, denn auf dem Drehsessel, der mit dem Boden – aus gutem Grunde – fest verschraubt war, saß mit heiterer Miene der strohblonde Zweite Offizier, ein Niedersachse namens Lars Hansen, und rief ein fröhliches „Moin, Moin“ in die Runde. Er war neben dem Leiter der Maschinenanlage, auch „Chief“ genannt, der einzige Deutsche an Bord des Schiffes, doch bestand die Besatzung, selbst die

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