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Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Titel: Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Scharf
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mißfiel. Ihn dagegen störte es nicht im mindesten, es bescherte ihm sogar nostalgische Kindheitserinnerungen, in denen er schwelgen konnte, da alles genauso war wie auf dem Zeltplatz am Bodensee, auf den ihn die Eltern eines Klassenkameraden mehrmals in ihrem Wohnwagen mitgenommen hatten.
    Luise hatte zwar gewußt, daß das ganze Unternehmen kein Zuckerschlecken werden würde, doch, wie es sich so oft im Leben zeigt, klafften Vorstellung und Realität auch bei ihr mitunter weit auseinander. Über manch einen Schlamassel wurde man sich ja schlechterdings erst dann bewußt, wenn man schon hineingeraten war und bis zum Halse darin steckte. Allein – es half nichts, sagte sie sich im Stillen und fand sich damit ab. Was hätte sie auch anderes tun sollen?

    Nach dreißig Stunden auf See erreichte die „Samantha II“ ihr erstes Etappenziel: Le Havre. Natürlich fuhr man auch hier nicht in den Hafen ein, sondern ließ in einigen Seemeilen Entfernung den Anker zu Wasser und hißte den in der Mitte senkrecht geteilten blauweißen Stander, welcher anderen Schiffen anzeigte, daß sich Taucher an Bord befänden, sie also Sicherheitsabstand zu halten hätten, womit das Containerschiff auf geheimer Mission fürs erste unbehelligt bleiben sollte. Dann wurden die Boote ausgesetzt. Es war durchaus nichts Ungewöhnliches, daß auf Schiffen aller Art Beiboote und Rettungsboote an den Davit-Anlagen genannten Absetzvorrichtungen ausgeschwenkt und zu Wasser gelassen wurden. Diese Drills zum Verlassen des Schiffes waren sogar in regelmäßigen zeitlichen Abständen vorgeschrieben. Wieder wurde die Operation der kleinen Boote, des geschlossenen Freifallrettungsbootes und des, einer Nußschale gleichenden, Mitleid erweckenden, Beibootes vom Ersten Offizier geleitet. Er befehligte dabei bloß drei Matrosen, um nur zweimal fahren zu müssen.
    Fünfundfünfzig Personen waren es hier der Liste nach, doch es erschienen am vereinbarten Treffpunkt nur zweiundfünfzig, um übergesetzt zu werden. Warten konnte man nicht, da man einen Zeitplan zu erfüllen hatte: morgen abend sollte die „Samantha II“ schon in der Nähe der englischen Hafenstadt Plymouth auf Reede liegen und die letzten Passagiere für die Reise nach Neuseeland an Bord nehmen.

    „Bonsoir! Bienvenue mes amis!“ begrüßte der Kapitän die zugestiegenen Fahrgäste und ließ ihnen – wieder durch Sergei Georgiev – dieselbe Führung durch das Schiff angedeihen wie zuvor den in der Deutschen Bucht aufgenommenen Passagieren. Unter den hier an Bord Gegangenen befanden sich auch ein Österreicher namens Max Schmidt und eine junge Dame, deren Anwesenheit an Bord sich noch als ein wahrer Segen für die Auswanderer erweisen sollte, Mlle. Fontaine.

    Schmidt, ein drahtiger alter Mann, war zwar ein Wiener, hatte aber fünfzehn Jahre in der Fremdenlegion gedient und war in dieser Zeit vom einfachen Soldaten zum Korporal aufgestiegen. Nach seinem militärischen Abschied stand ihm nach altem Recht ein kostenloser Platz in einem Altersheim der Fremdenlegion zu, welchen er zwanzig Jahre nach Beendigung seiner Dienstzeit gerne in Anspruch genommen hatte. Doch mit der Ausrufung des islamischen Gottesstaates in Frankreich vor zwei Jahren hatte sich vieles radikal verändert. Auch der Österreicher war in seinem idyllischen Veteranenheim nicht von den gewaltigen Umwälzungen verschont geblieben, die durch die religiösen Eiferer ins Rollen gebracht worden waren. Das Veteranenheim für verdiente Legionäre wurde zur Koranschule umfunktioniert, die tapferen Soldaten, wehrlose Greise, vor die Tür gesetzt. Mit nichts in der Hand, außer ihren wenigen Habseligkeiten, die zumeist in einem Seesack Platz fanden. Jetzt sollte es also auf die alten Tage noch Neuseeland werden – auf zu neuen Ufern – „Allons, allons!“

    Die drei grünen Lichter, welche bei Einsetzen der Dämmerung das Tagessignal der rot-weiß-roten Flagge abgelöst hatten, wurden gelöscht und der zwanzig Jahre alte Kahn tat wieder verläßlich seine Pflicht, indem er sich schnaubend und stampfend mit Kurs auf die Südküste Großbritanniens in Bewegung setzte.

Kapitel VI

    Zwei große Reisetaschen, Iains geräumigen, schwarzen Koffer, in dem er all das aufbewahrte, was man in seiner Zunft eine Grundausstattung für Notfälle zu nennen pflegte, und die beiden Rucksäcke Handgepäck waren alles, was MacGregor und seine Partnerin in ihr neues Leben nach Neuseeland mitnehmen würden. Sie standen nun schon anderthalb geschlagene

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