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Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Titel: Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Scharf
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bis herauf zum Dritten Ingenieur erwartete die ganze Gruppe mit Spannung das Ende der Geschichte. Wer den Leiter der Maschinenanlage schon länger kannte, der wußte mit Sicherheit, daß seine Geschichten frei waren von Seemannsgarn.
    In dieser ging es um ein Abenteuer, das er mit fünfundzwanzig Jahren erlebt hatte, als sein „Dampfer“ früher als geplant ausgelaufen war, dabei ihn, den sorglos Zechenden allein in Panama zurücklassend. Als er seines Unglückes am nächsten Morgen gewahr wurde, hatte er bereits seine Heuer verspielt und versoffen, und so saß der Schreck zunächst tief: ohne Geld in einem fremden Land zu stehen. Ein wahres Glück nur, daß er recht fließend Spanisch und Englisch sprach, denn dieser Umstand machte ihn schlagartig vom Pechvogel zum Glückspilz, wenn man so möchte, als sich nämlich drei fürsorgliche Mädchen von zweifelhaftem Ruf seiner annahmen und für sich beschäftigten, indem sie ihn als Dolmetscher engagierten.

    Alles, was er zu tun brauchte, war, sich allabendlich mit ihnen auf der Straße abzugeben und die Verhandlungen zwischen Freiern und Prostituierten, die sie waren, zu dolmetschen. Im Gegenzug wohnte er bei ihnen, wurde von ihnen bekocht und zum Barbier geschickt, brauchte sich eigentlich um nichts zu kümmern und konnte sich stets eine der drei Damen für das Nachtlager wählen. Die Augen des alten Mannes strahlten vor Freude, wie er so vor sich hin plauderte. Ein halbes Jahr sei das in dieser Weise gegangen, bis der „Kahn“ wieder den Hafen angelaufen und ihn zurück an Bord genommen habe. Er würde es jeden Tag seines restlichen Lebens bereut haben, wenn er damals mit dem Schiff ausgelaufen wäre, und er danke Fortuna herzlich für diese glückliche Fügung. „Auch mein Spanisch habe ich dadurch noch wesentlich verbessern können“, schmunzelte er und zwinkerte, während er es sagte, den Zuhörern zu.

    Dieser kleine, lustige Kauz mit dem Komponistengesicht und der kreisrunden Kugel, die er vor sich herschob und die so gar nicht zu seinem sonst ausgesprochen knochigen Erscheinungsbild paßte, hatte wirklich schon allerhand erlebt. Er erzählte auch seine Erlebnisse von den letzten Kannibalen in Polynesien, mit denen er – wer weiß was – gespeist hatte, von einer eine Vergewaltigung durch ein „riesiges Negerweib“, wie sich der kleine Mann ausdrückte, bei der sein Schiffskamerad Reißaus  genommen und ihn ihm Stich gelassen hatte – und von einer Begebenheit, die jenem gerade geschilderten Abenteuer in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich war, nur spiegelverkehrt, wenn man sich so ausdrücken möchte.
    Damals, er war selbst noch in seinen Zwanzigern, war eine junge Dame von siebzehn Jahren mit ihm auf seiner Kammer gewesen, als das Schiff auslief. Die beiden wurden erst durch die Motorengeräusche geweckt und befanden sich schon auf See; die Würfel waren gefallen. Das Mädchen blieb sieben Monate zu Gast auf seiner Kammer, da sie ohne Papiere nirgendwo von Bord gehen konnte. Als dann, nach sieben Monaten, die Vermißte endlich heimkehrte, der es auf dem Schiff allerdings an nichts gemangelt hatte, traute sich Krug zunächst nicht an Land, da er wußte, daß der Vater der Dirne das Amt des hiesigen Polizeipräsidenten bekleidete. Allein, es gab kein böses Blut, und der kleine, verschmitzte Bayer wurde der Familie vorgestellt.

    Damals in Panama sei er noch jung und hübsch gewesen, heute sei er dagegen bloß noch „und“, scherzte er. Und er hatte Recht. Dafür sah er jetzt umso komischer aus, was ihn vermutlich von vornherein einem jeden, der ihn erblickte, sympathisch machte. Besonders seine Wampe stand in scharfem Kontrast zu den dünnen, nach außen sich o-förmig wölbenden Stelzenbeinen und dem hageren, eingefallenen Gesicht, das vielleicht kränklich gewirkt hätte, wenn nicht die lustigen, leuchtenden, gleichsam in ihren Höhlen herumtanzenden Äugelein diesem Verdacht widersprochen hätten.

    Wie dem auch sei, jedenfalls konnte der Chief seine Geschichte diesmal nicht bis zum Ende vortragen, so daß die Männer über das peinlich-komische Wiedersehen mit seinem Kapitän in Panama nichts mehr erfuhren. Denn in diesem Moment platzte der Zweite Ingenieur, der in der Nachmittagsrunde bisher vermißt worden war, in den Maschinenkontrollraum – über und über bedeckt mit Schweröl. Er rief lautstark: „Leck in der Hauptkraftstoffleitung!“ und bewegte sich rasch auf die Tafelrunde zu, in die nun schlagartig Bewegung kam. Für einen Augenblick

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