Das Kreuz des Zitronenkraemers
Beschreibungen viel lebendiger und eindrucksvoller.“ „Danke“, hauchte Anne, „das ist genau das, was ich im Moment wollte.“ Sie erntete dafür ein zufriedenes Lächeln und widmete sich wieder der Übersetzung.
„Eine schwere Silberkette besetzt mit 21 Rubinen. Die Kettenglieder sind gefertigt in der Form von Herzblättern. Die Länge der Kette misst eine Elle und drei Zoll. Ein jedes einzelne Herzblatt misst in der Breite ½ Zoll“
„Eine silberne Knotenkette besetzt mit Mondstein und Amethyst. Die Kettenglieder sind nachgeahmt der Büste des Herkules. Die Länge der Kette misst eine Elle und fünf Zoll“
„Eine goldene Lunulakette besetzt mit 18 blauen Sodalithen
und einem mondförmigen Medaillon aus Silber. Die Länge der Kette misst eine Elle und drei Zoll“
„Eine Silberkette mit Kopf der Medusa aus Gold, Medusakopf misst zwei Zoll. Die Länge der Kette misst fast zwei Ellen“
Anne musterte zu jeder Beschreibung die zugehörige Zeichnung. Dadurch konnte sie sich das Aussehen der einzelnen Stücke bildlich vorstellen. Weiter ging es mit einer Fibel, was auch immer das sein mochte. Möglicherweise handelte es sich dabei um eine Art Brosche, mit der ein Umhang oder Mantel zusammengehalten wurde.
„Pferdekopffibel gearbeitet aus Gold mit rotem Email Länge eine Elle“
„Katzenfibel aus Silber mit grünem und weißem Email. Länge eineinhalb Ellen“
„Blaue und schwarze Nicologemme aus Silber“
Unter einer Gemme konnte Anne sich nichts vorstellen, anhand der Skizze vermutete sie eine Anstecknadel darunter.
„Pelterohringe aus Gold mit Süßwasserperlen. Länge je eine Elle“
„Armreif mit Pantherkopf aus Gold, misst im Durchmesser zwei Zoll“
„Armilla mit Widder aus Silberdraht gedreht, misst im Durchmesser zweieinhalb Zoll“
„Krug aus Messing mit Büste aus Gold als Griff, acht Zoll hoch und vier Zoll breit“
Anne überschlug die nächsten Seiten. Sie waren mit ähnlichen Beschreibungen gefüllt. Es ging weiter mit Armreifen, Goldringen, Medaillons, noch zwei weiteren Gemmen und zahllosen Ohrringen aus Gold und Silber. Den letzten Eintrag fand sie auf Seite fünf. Er umschrieb insgesamt 45 römische Goldmünzen. Aus einer Epoche rund 300 Jahre nach Christi Geburt, wie Anne von Dr. Mezza erfuhr. Ebenso wurde sie belehrt, dass wohl alle Stücke aus römischer Zeit stammten. Er hatte dahingehend ein wenig recherchiert, zwinkerte der Notar. Wie allerdings Herr Carove im 17. Jahrhundert zu diesem Schatz gekommen war, war Mezza vollkommen schleierhaft.
„Mmh“, Anne überlegte. „Vermutlich hat er die Stücke einfach gefunden.“
Mezza zog die Stirn kraus. „Wie meinen Sie das? Einfach gefunden. Ein solches Vermögen liegt doch nicht einfach so auf der Straße herum.“
„Nun ja, vielleicht hat er’s ausgebuddelt. Schließlich hat er ein Haus in Trier gebaut. Und zwar von 1656 bis 1658.“ Mezza schaute sie verblüfft an und Anne war stolz, dass sie auch mal was wusste. Etwas selbstbewusster referierte sie deshalb weiter. „Passiert doch heute auch noch immer wieder.“ Dr. Mezza guckte skeptisch. „Ist doch so“, verteidigte sich Anne. „Gräbst du in Trier ein Loch, findest du irgendwelchen alten Römerkram.“ Anne setzte ein trotziges Gesicht auf. Sie wollte vor Dr. Mezza nicht wie ein dummes Schulmädchen dastehen.
„Wissen sie was, liebe Frau Seifert“, Anne blickte gespannt zum Notar auf, „Sie könnten sogar Recht haben. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es ein altes Gesetz in Trier. Dieses besagte, dass entweder dem Finder oder aber dem Eigentümer des Grundstücks, in dem irgendwelche wertvollen Dinge gefunden wurden, der Fund zugesprochen wurde.“
Mezzas Stirn wurde vor Gedankengängen immer krauser. „Ich müsste da noch mal nachlesen, aber soviel ich weiß, hatte dieses Gesetz sogar noch ziemlich lang Bestand, ich glaube, bis in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts. Waren Finder und Grundbesitzer nicht ein und dieselbe Person oder konnten sie sich nicht einigen, so hat ein Gericht entschieden.“
„Und was ist heute?“, wollte Anne wissen. „Was ist zum Beispiel, wenn ich irgendwo einen Goldschatz finde. Gehört der dann nicht mir?“ Anne fand die Idee unglaublich. Dr. Mezza lachte. „Nun, wenn Sie es melden, nicht. Dann ist die Sache Allgemeingut. Geht an ein Museum oder so erhalten Sie bestenfalls einen Finderlohn.“
„Puh“, Anne atmete hörbar die Luft aus. „Dann hatte
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