Das Kreuz des Zitronenkraemers
wusste sie noch mehr über diesen Schmuck.
Hannes ging in die Küche und deckte schon einmal leise den Tisch. Es war bereits zwei Uhr morgens! In weniger als vier Stunden würde es dämmern. Hannes schlich nun wunderbar müde ins Bett.
Ambrosius Carove, Teil VII
„Ich kann es nur wieder und wieder sagen“, Gustavo sah auf und blickte Ambrosius bewundernd an, „du hast wirklich vortrefflich gewirtschaftet, mein Freund.“
Ambrosius Blick blieb hart und leer. Wie meistens in letzter Zeit. „Ich bin nun mal ein Kaufmann“, gab er ohne jede Regung zur Antwort.
Gustavo schob den silbernen Ring an die Tischkante und griff in die mit rotem Samt ausgelegte Truhe nach dem nächsten Stück. Eine aufwendig gearbeitete Gemme aus purem Gold, besetzt mit einem glänzenden Edelstein. Stetig verglich er seine Aufstellung mit der Liste, die er damals vor der Verhandlung des Schöffenrats gefertigt hatte. Vor nunmehr 31 Jahren. Wieder sah er Ambrosius an. „Wie hast du es nur geschafft, dass noch fast alles vollständig ist?“ Er schüttelte immer und immer wieder den Kopf. Ambrosius strich sich den Bart. „Nur wenig habe ich verpfändet, so manches Stück zurückerworben. Wie gesagt, ich bin Kaufmann, und das mit Leib und Seele. Mein Geschäft trägt sich, es ernährt uns gut.“ Er sah zu Boden. „Wenigstens hat es das immer getan. Aber die Zeiten werden immer schlimmer.“
Gustavo unterbrach erneut seine Arbeit. Er sah förmlich durch Ambrosius hindurch. So eindringlich hatte er seine dunklen Augen auf seinen alten Kameraden gerichtet. „Du meinst es wirklich ernst … du … du wirst doch zurückkommen?“ Seine Stimme war nur noch ein leises, gespanntes Flüstern. Er konnte sich Trier ohne Ambrosius nicht vorstellen. Ambrosius hatte eine hohe Stellung in der Krämerzunft inne und war ein höchst angesehener Bürger der Stadt. Er war sein bester Freund.
Erschrocken fuhr er zusammen. So laut und plötzlich war Ambrosius Faust auf den Tisch hinabgedonnert. Ein paar Münzen kullerten langsam aber unaufhaltbar über die Kante und schepperten laut auf den steinernen Boden.
Nun hatte Ambrosius ihm den Rücken zugedreht und Gustavo sah, dass er sich mit verkrampften Händen durch die Haare strich. „Sag du es mir“, forderte sein Freund ihn auf. „Sag mir, was ich tun soll. “
„Bleibe hier … schon oft war es schlimm … nie ist es zum Äußersten gekommen … “, riet Gustavo.
„Pah“, Ambrosius lachte laut und furchtbar, „die Spatzen pfeifen es von allen Dächern.“ Er griff Gustavo am Kragen. „Sag, Freund, bist du taub? Oder hast du keine Vögel auf dem Dach?“ Gustavo wand sich aus Ambrosius Hand und schüttelte ihn ab wie einen räudigen Hund.
„Du solltest auch sehen, dass du verschwindest … “, wisperte Ambrosius seinem Freund ins Gewissen.
„Nein“, erwiderte dieser, „ich werde nicht weichen. Es wird gut gehen, auch diesmal, du wirst sehen.“
„Auch diesmal?“ Ambrosius war außer sich. „Es wird gut gehen, auch diesmal? Sag, ist es 1675 gut gegangen?“ Gustavo blickte betreten zu Boden. Ambrosius war in Rage. „So gut, wie es am dritten Septembertag jenes Jahres gut gegangen ist? Antonio war 15 Jahre alt, als er auf der Römerbrücke von den französischen Geschützen zerrissen wurde. Hast du meinen zweitgeborenen Sohn vergessen?“
Gustavo hatte sich erhoben und fasste Ambrosius am Ärmel. „Nein, das würde ich niemals. Und das weißt du … ich habe doch nur Sorge um dich!“
Ambrosius Atem wurde wieder langsamer. Er ließ sich auf den Hocker nieder und legte seine Stirn in beide Hände. „Die Gerüchte werden immer lauter. Kriegsminister Louvois will Trier brandschatzen. Er will die ganze Stadt einäschern … Und Giulia weigert sich mit mir zu reisen.“
„Und wenn sie mit dir reist … was soll aus deinem Enkel werden? Thomas Sohn? Er hat keine Mutter, seit sie im Kindbett verschieden ist. Er hat doch nur Giulia. Simon ist viel zu klein für die Strapazen der Reise bis nach Italien. Und Thomas muss seinen Dienst bei der Stadtwache … “ „Warum quittiert er nicht … und kommt mit?“, schrie Ambrosius.
„Weil dein Sohn ein Mann von Ehre ist, Ambrosius! So wie du es einst warst! Lass ihnen ihren Willen.“
„Ich respektiere ja ihren Entscheid. Sie bleiben hier. Aber wenigstens das Familienvermögen werde ich in Sicherheit bringen“, sprach Ambrosius leise in sich hinein.
„Ludwig der XIV. von Frankreich liegt in Fehde mit seinem eigenen
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