Das Kreuz des Zitronenkraemers
nach Hannes Wohlergehen erkundigt, nachdem ihnen Barbara brühwarm von seinem angeblichen Unglück erzählt hatte. Als ob sie nicht Bescheid wussten! Sollten sie nur kommen. Hannes hatte sich am Telefon natürlich nichts anmerken lassen und war freundlich wie immer. Sicherheitshalber hatte er jedoch Peter gebeten, ihn morgen zu besuchen um die Verkaufsfahrten zu besprechen. Ganz wohl war Hannes nicht bei der Sache und Anne musste er unbedingt heraushalten. „Du vermisst sie wohl auch, Paula?“, fragte Hannes seine Hündin, die gerade neugierig den Kopf hob und leise winselte. Mit einem gewaltigen Satz sprang Paula aus dem Bett und jagte zur Haustür. Ihr Winseln hatte sich nun in ein freudiges, lautstarkes Gejaule verwandelt. „Paula“, schrie Hannes wütend, „ruhig jetzt!“ Morgen würde er sich wieder was von den Nachbarn anhören müssen. „Ruhig!“, schrie Hannes wieder, doch es half nichts. Wie besessen sprang Paula an der zum Glück verschlossenen Tür hoch. Mit einem Stöhnen stieg Hannes also aus den Federn und stapfte die Treppe hinunter. „Schluss jetzt“, fauchte er, „ab ins Körbchen!“ Energisch schnappte Hannes seine Töle an der Halsung und zerrte sie Richtung Hundekorb. Beleidigt legte sie sich ab. Plötzlich schellte es. Paula war natürlich nicht mehr zu bremsen. Raus aus dem Korb, ab an die Haustür. Entnervt warf Hannes einen Blick auf die Uhr. Kurz nach zwölf. Wer sollte das sein? Paula schien jedoch erfreut über den nächtlichen Störenfried. Missmutig betätigte Hannes die Sprechanlage: „Wer stört?“
„Hannes, entschuldige. Ich bin es, Anne“, säuselte es etwas lallend durch den Lautsprecher. Schlagartig war Hannes hellwach und bester Laune. Innerhalb von Sekunden hatte er die Tür aufgeschlossen. Seltsam grinsend stand Anne in einem hellen Kostüm mit merkwürdigem Fleck im Haar vor ihm und hielt sich an ihren Pumps fest. „Hallo Hannes“, rief sie fröhlich und stolperte über den Fußabtreter in den Flur. „Stell dir vor, Dr. Mezza hat die Dokumente übersetzt und weißt du was, es handelt sich dabei um eine Art Besitzurkunden von Ambrosius!“
Lachend fiel Hannes ihr ins Wort: „Was redest du denn da schon wieder? Bist du etwa betrunken?“ Leicht wankend lief Anne ins Wohnzimmer und schwenkte dabei irgendwelche Papiere durch die Luft. „Ja“, kicherte sie und ließ sich auf die Couch fallen. „Schau genau hin, Hannes Harenberg!“ Sie verteilte die Blätter wirr auf dem niedrigen Glastisch und lehnte sich stolz zurück in die weichen Kissen. Etwas belustigt blickte Hannes ihr ins Gesicht. Selbst betrunken war sie noch unwiderstehlich.
„Nun guck schon!“, forderte sie ihn erneut auf. Nun gut. „Dein Wunsch sei mir Befehl!“, erwiderte Hannes und zückte seine Lesebrille von dem kleinen Beistelltisch. Sorgsam sortierte er die einzelnen Blätter. Es handelte sich tatsächlich um einen Besitznachweis Caroves, datiert aus dem Jahre 1687. Beglaubigt von Gustavo Boltera, Notar. Staunend las Hannes Blatt für Blatt.
„Glaubst du, dass dieser angebliche Familienschmuck von Steinmetz auch so umfangreich ist?“ Hannes wandte seinen Blick wieder Anne zu. Sie war tief in die Kissen versunken und ihr Kopf hing schief auf der niedrigen Armlehne. Sie war eingeschlafen.
Aufmerksam studierte Hannes wieder die Eigentumsurkunde. Womöglich hatte dieser Schmuck ja sogar etwas mit Steinmetz zu tun? Hannes blätterte zurück. Datiert auf 1687. Dieses ominöse Tagebuch, welches der anonyme Anrufer auf Claires CDs erwähnt hatte, sollte aus demselben Jahrhundert stammen. Merkwürdig. Sollte dies ein Zufall sein? Dann der Einbruch bei Anne.
Aber was hatte ein italienischer Zitronenhändler mit einer Düsseldorfer Juweliersfamilie zu tun? Vielleicht sollte man einmal den Familienstammbaum von derer von Steinmetz überprüfen.
Hannes legte die Blätter wieder ordentlich zusammen und heftete sie in den Ordner. Anne hing in einer wahrhaft unbequemen Position auf dem Sofa, dennoch schlief sie tief und fest. Vorsichtig nahm er sie auf die Arme und trug sie behutsam wie ein Baby ins Gästezimmer. Er legte Anne langsam in die weichen Kissen und deckte sie liebevoll zu. Aufgeregt wie ein Schuljunge schlich er aus dem Zimmer.
Die Papiere. Die sollte er besser an einen sicheren Ort bringen. Leise schlich Hannes zurück ins Wohnzimmer und nahm den Ordner an sich. Der Waffentresor bot genügend Platz dafür. Beim Frühstück würde er sich in Ruhe mit Anne unterhalten. Sicherlich
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