Das Kreuz des Zitronenkraemers
aufgeklärt wird, ich habe ja sonst keine ruhige Minute mehr.“
„Dann müssen Sie zunächst Anzeige gegen Unbekannt erstatten, ich werde Ihre Aussage gleich aufnehmen.“
„Und wie weiter?“, wollte Anne wissen. „Ich kann meine Tür nicht verschließen, das Schloss ist kaputt.“ „Nun“, meinte der Beamte, „wir werden die Wohnung versiegeln. Wenn Sie Anzeige erstatten, muss zur Aufklärung dieser Straftat die Spurensicherung hinzugezogen werden. Außerdem werden wir Ihre Nachbarn befragen müssen. Die Kollegen von der Spurensuche werden morgen früh die Arbeit aufnehmen.“
„Und wo soll ich schlafen? Ich meine, ich will heute Nacht sowieso nicht hier bleiben, allein.“
„Rufen Sie eine Freundin oder einen Freund an“, riet der Polizist.
Hannes. Anne dachte an Hannes, sie würde sicher bei ihm bleiben können, vorerst. Das Handy klingelte und klingelte. „Verdammt“, rief Anne aus und beide Polizisten drehten sich erstaunt zu ihr herum. „Entschuldigung“, murmelte Anne. Hannes ging wie meistens nicht an sein Handy, Anne fragte sich oft, warum er überhaupt eins hatte. Wahrscheinlich lag es im Auto oder in der Kneipe war es so laut, dass Hannes nichts hörte. Eine SMS brauchte sie nicht zu schicken, Hannes wusste gar nicht, wie man so etwas las. Sie rief Jutta an. Jutta freute sich. Klar, Anne konnte das Gästezimmer haben, übrigens solange sie wollte. Jutta fand das alles total spannend. Anne rief noch mal bei Hannes an, diesmal aufs Festnetz. Wie sie erwartet hatte, sprang nach dreimaligem Klingeln der Anrufbeantworter an. Anne erzählte dem Band kurz was passiert war und ließ Hannes mitteilen, dass er sie ja mal aufs Handy zurückrufen könnte.
Beim Verlassen des Wohnzimmers fiel Annes Blick auf das Carovewappen über dem Kachelofen. Na wenigstens das ist noch heil, dachte sie.
Nach einer unruhigen Nacht in Juttas Gästezimmer meldete sich Anne am Sonntagmorgen wie vereinbart bei der Polizei. Dort erfuhr sie, dass die Spurensicherung gegen neun Uhr ihre Wohnung aufsuchen wollte. Laut Aussage ihrer etwas schwerhörigen älteren Nachbarin Frau Wilhelms hatte der Einbruch wahrscheinlich gegen 23.00 Uhr am gestrigen Abend stattgefunden. Frau Wilhelms hatte Geräusche im Flur und in der Nachbarwohnung wahrgenommen und gedacht, dass Frau Seifert an diesem Samstag aber früh nach Hause gekommen wäre. Deshalb hätte sie extra auf die Uhr geschaut, weil sie sich gewundert hätte, weil, „die Frau Seifert, die kommt nämlich für gewöhnlich am Wochenende immer erst mitten in der Nacht nach Hause.“ Na, so schwerhörig konnte die alte Schrapnelle also nicht sein, dachte Anne leicht angezickt. Den anderen Hausbewohnern sei nichts aufgefallen.
Jutta wollte noch unbedingt einen Kaffee mit Anne trinken. Einen aus „fairem Handel“, wie sie stolz erwähnte. Das Pfund für sieben Euro und natürlich in der Filtertüte aufgebrüht. Aber er schmeckte nicht schlecht, musste Anne zugeben, ein bisschen bitter vielleicht. Extra mild aus ihrem Kaffeeautomaten war ihr eigentlich lieber.
Mit dem Versprechen, sich umgehend bei Jutta zu melden, machte Anna sich kurz vor neun auf den Weg zu ihrer Wohnung. Die Stadt war sonntagmorgens nahezu leergefegt.
Als sie an ihrem Haus ankam, war von der Polizei noch nichts zu sehen. Anne betrachtete die Versiegelungsstreifen an ihrer Wohnungstür. Sollte sie diese einfach zerreißen und schon mal rein gehen? Aber der Beamte von gestern Abend, wie hieß er noch gleich, hatte extra betont, dass es bereits eine Straftat für sich sei, eine polizeilich versiegelte Wohnung zu betreten. Also wartete sie im Treppenhaus.
Die Nachbartür öffnete sich, Frau Wilhelms schaute heraus, nein, eigentlich nicht, sie starrte durch den Türspalt. Eine Kette versperrte den Weg zur Außenwelt. „Auch das noch“, seufzte Anne. „Bitte?“, schrie Frau Wilhelms. „Ach nichts, guten Morgen, wie geht’s denn so?“ Anne setzte ein gekünsteltes Lächeln auf. „Gott sei Dank, Sie sind’s nur Fräulein Seifert, ich hatte schon Angst, man ist heutzutage ja wirklich nirgends mehr sicher. Wissen Sie schon, wer bei ihnen eingebrochen ist? Ich habe dem netten Beamten erzählt … “ Anne würgte die alte Dame genervt ab, sie wüsste gar nichts und gleich käme die Spurensicherung. Frau Wilhelms schloss ihre Wohnungstür. Anne wollte gerade dem Allmächtigen dafür danken, als sie die Kette rasseln hörte. Die Tür öffnete sich erneut und heraus kam Frau Wilhelms nun
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