Das Kreuz des Zitronenkraemers
heraus. Er hatte schon alles versucht, in welche Richtung er es auch hielt und streckte, es zeigte nicht den Hauch eines Netzempfangs. Wie zum Hohn hatte der Entführer ihm das Telefon gelassen. Andreas schob das Gerät zurück in seine Tasche. Er klammerte sich daran, als wäre es für ihn die letzte Verbindung zur Außenwelt und zu Claire, auch wenn es keinen Mucks tat. Inzwischen erledigten die Medikamente ihren Job, Andreas fielen die Augen zu, sobald er sich auf die Matratze sinken ließ. „Versuche es in Bernds Haus, Claire“, murmelte er noch, bevor er vom Schlaf übermannt wurde.
Kapitel 7
Claire wartete ungeduldig in ihrem silbernen Cabrio auf das Eintreffen der Beamten. Sie schaute auf die Uhr. Noch fünf Minuten bis zur vereinbarten Zeit. Bernds Anwesen war nur vage durch das gusseiserne zweiflügelige Tor zu besichtigen. Claire erkannte nur ein Stück Rasen und einige Rosensträucher. Bernd hatte Rosen geliebt und sogar selbst gezüchtet. Rundherum wurde das gesamte Grundstück von einem Zaun umringt, der durch die darüber wuchernde undurchdringliche Hecke nicht sichtbar war. Claire wusste, dass es noch einen hinteren Zugang gab. Irgendwo war ein Stück Hecke durchgängig und es gab ein kleines Tor im Zaun. Bernd benutzte diesen „Geheimzugang“ manchmal, wenn er ungesehen das Grundstück verlassen oder betreten wollte.
Das ungeduldige Gemurre und Gesabber von der Rückbank erinnerte Claire an ihre beiden Fahrgäste. Die komplette Lederrückbank war voll gesülzt. Isaac und Newton wimmerten Claire flehend an, sie wollten endlich nach Hause in ihr Grundstück und ihr Herrchen begrüßen. Die beiden schwarzen Dobermänner hatten die letzte Woche im Tierheim zubringen müssen. Da sie teure Rassehunde waren, fielen sie mit unter die Erbmasse und es hatte Claire einiges an Überredungskunst beim Ordnungsamt der Stadt gekostet, welches für die Verwahrung bis zur Testamentsvollstreckung zuständig war, die Hunde rausholen zu dürfen. Vermutlich konnte sie es nur dem chronisch überfüllten Tierheim verdanken, dass es letztlich doch noch geklappt hatte. Nicht, dass Claire besonders tierlieb war, die Dobermänner waren der Schlüssel zu Bernds Haus.
Der Polizeibeamte, den Claire angerufen hatte, hatte sich zunächst nicht sonderlich kooperativ gezeigt. Gelangweilt hatte er sich Claires Ausführungen hingegeben. Er weigerte sich zu begreifen, warum Frau Steinmetz wegen der Hunde unbedingt das versiegelte Haus ihres ermordeten Schwagers betreten musste. „Aber sie brauchen doch ihre persönlichen Sachen, die armen Tiere sind doch sowieso schon ganz verstört“, hatte Claire Mitleid erregend in den Hörer gesäuselt. „Persönliche Sachen? Ich dachte, es handelt sich um Hunde, seit wann sind Tiere in Besitz von Privateigentum? Das ist doch lächerlich!“, hatte der Beamte gekeift.
„Oh nein, ganz und gar nicht!“ Claire hatte ihre Stimme zu einem leisen Schnurrton verwandelt: „Isaac und Newton sind sehr sensible Tiere, sie leiden schon genug, ihr Herrchen ist tot und sie wissen es nicht einmal. Dann waren sie eine Woche im Tiergefängnis, all die Gitter und die kleinen Zwinger, schrecklich.“ Claire hatte dazu laut in den Hörer geschluchzt.
Endlich schien der Beamte ein Einsehen zu haben und hatte sich nach der Art der persönlichen Sachen erkundigt. Claire hatte ihn aufgeklärt, was ein Hund so alles brauche. Die Schlafkörbchen, die Schmusedecken, das Lieblingsspielzeug, eine zweite Garnitur Halsband und Leine.“ Der Polizist stoppte Claires Auflistungen. „Aha, daher weht der Wind, wusste ich doch, dass was faul ist“, hatte er befriedigt ins Telefon trompetet. „Das können Sie vergessen, ich meine die Halsbänder und Leinen, wir haben diese brilliantbesetzen Lederbänder konfisziert, gehören zum Erbe.“
Claire hatte weitere zehn Minuten benötigt, um ihn wieder von diesem Gedanken abzubringen und ihn von ihrer selbstlosen und treuen Tiersorge zu überzeugen. Endlich hatte der Beamte eingewilligt. Er hatte wohl gespürt, dass er diese energische Frau nicht so einfach würde abwimmeln können. Es wurde ein Treffen vor Bernds Anwesen ausgemacht. Zwei Beamte würden mit Claire das Haus betreten und das Einsammeln des Hundeeigentums überwachen.
Nachdem sie den Hörer endlich aufgelegt hatte, war ihr ein tiefer Seufzer der Erleichterung entwischt. Der erste Schritt war schon mal geschafft. Jetzt musste sie diese Chance nutzen. Und sie wusste auch schon ungefähr wie. Die
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