Das Kreuz des Zitronenkraemers
beiden Dobermänner würden ihr helfen. Schließlich hatte sie sie nicht umsonst aus dem Tierheim befreit.
Endlich hörte Claire hinter sich einen Wagen ankommen und sah durch den Rückspiegel das grün-weiße Polizeiauto einparken. Sie schob ihre Sonnenbrille auf die Stirn und zupfte das dadurch verrutschte Kopftuch glatt. Bevor sie ausstieg, zog sie noch mal ihren Lippenstift nach.
Als die beiden Beamten ihren Wagen verlassen hatten, hob Claire zunächst nur ihre langen nackten Beine aus der Türöffnung. Schön langsam eins nach dem anderen. Als sie in die Gesichter der beiden jungen Beamten sah, wusste sie, dass sie schon mal die ersten Pluspunkte gesammelt hatte. Gott sei Dank sind es keine Beamtinnen, dachte Claire noch und reichte den beiden mit ihrem herrlichsten Lächeln die Hand. „Guten Tag, meine Herren“, säuselte sie, „Bin ich froh, dass Sie mir helfen wollen. Die beiden,“, sie deuteten auf die Hunde, die mit gespitzten Ohren aufmerksam das Geschehen beobachteten, „werden vor Trauer noch verrückt, die armen Kleinen. Sicher wird es ihnen helfen, wenigstens ihre eigenen Sachen zurückzubekommen. Ihr Herrchen ist ja auf immer verloren.“ Claire heulte demonstrativ in ein blütenweißes Taschentuch.
Der jüngere der beiden Beamten fasste sich zuerst und schluckte. „Äh“, er blickte Isaac und Newton, die wirklich eine sehr beeindruckende Erscheinung boten, nervös an. „Selbstverständlich helfen wir Ihnen gern, aber die beiden Tiere, so arm sie auch sein mögen, bleiben im Wagen.“
Verdammter Mist, dachte Claire, genau das hatte sie befürchtet. Sie schaute sich die Schweißtropfen auf der Stirn der beiden jungen Männer an und sagte beruhigend:
„Aber selbstverständlich doch, schließlich wollen wir euch beide doch keinerlei Gefahr aussetzen, nicht wahr?“
Innerlich legte sich Claire Plan B zurecht, es würde nun zwar schwieriger werden, an den Zweitschlüssel des Hauses zu kommen, aber es könnte trotzdem funktionieren. Auf Newton und Isaac war bezüglich ihres Paradekunststücks eigentlich immer Verlass. Hoffentlich war der Schlüssel noch an der gleichen Stelle deponiert. Dann musste es einfach klappen, sie musste nur die beiden Dobermänner irgendwie ins Grundstück bugsieren und zum Ungehorsam überreden.
Claire ließ die beiden Beamten vorausgehen und wartete, bis sie sich mit der Fernbedienung am Tor zu schaffen machten und ein leises Summen das langsame Öffnen ankündigte. „Hallo?“, rief sie vom Wagen aus in deren Richtung, „Ich hoffe, es ist Ihnen Recht, dass ich das Auto hinter dem Tor abstelle, ich möchte das Cabrio ungern offen mit den Tieren an der Straße stehen lassen.“
Schon saß Claire hinterm Steuer, ließ den Motor an und fuhr zwischen den beiden Männer hindurch, die mittlerweile brav die Torflügel geöffnet hatten. In der Einfahrt parkte Claire den Wagen und stieg mit dankbarem Lächeln aus. „So ihr zwei!“, wandte sie sich mit gut hörbarer Stimme an die Hunde: „Platz!“ Nur widerwillig gehorchten die Tiere dem Befehl und ließen sich mit einem protestierenden Gekrummel auf die Rückbank sinken. „So ist’s fein, und bleibt!“
Geschafft, dachte Claire, keine Angst, ihr dürft gleich herumtoben, versuchte sie sich in telepathischer Gedankenübertragung den Hunden mitzuteilen.
„So, dann wollen wir mal“, wandte Claire sich den Beamten zu und setzte sich an die Spitze des kleinen Zuges, der sich nun endlich auf den Weg zum Haupteingang des Hauses machte.
Hinter sich hört Claire, wie die Automatik surrend das Tor wieder schloss.
Nach dem Betreten des Hauses suchten Claires Augen zunächst die weitläufige Garderobe ab. Auf Bernds Ordnungsliebe und den Sinn für unumstößliche Gewohnheiten war doch immer Verlass, bemerkte Claire zufrieden, als sie die schmale Hundepfeife an der feinen Silberkette an ihrem angestammten Platz hängen sah. Die würde aber erst später zum Einsatz kommen.
„Hier entlang, bitte“, führte sie die Polizisten mit einer einladenden Handbewegung Richtung Wohnzimmer. Die beiden waren sichtlich beeindruckt von der großzügigen und luxuriösen Einrichtung des Anwesens und schritten fast ehrfürchtig durch die Halle.
Der Anblick des leeren Hauses machte Claire auf schmerzliche Weise bewusst, in welcher Tragödie sie sich zurzeit befand. Ihr Schwager würde sein Haus nie wieder betreten. Und was aus Andreas werden würde … Aber jetzt musste sich Claire zusammennehmen. Der Zweitschlüssel. Nur
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