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Das Kreuz des Zitronenkraemers

Das Kreuz des Zitronenkraemers

Titel: Das Kreuz des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Bonerz , Johanna Kirchen
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das Lenken des Pferdes übernommen und so konnte Ambrosius Giulia unterrichten. Es machte ihm große Freude, mit ihr zu arbeiten.
    Aber das war nicht alles, was ihm an ihr große Freude machte. Sie war das hübscheste Geschöpf, das er sich vorstellen konnte. Er bekam schweißnasse Hände und ein rotes Gesicht, wenn sie in seiner Nähe war. Bereits am zweiten Tag hatte er ihr gestanden, dass er es gewesen war, der auf den Baum geschossen hatte, hinter dem sie gesessen hatte. „Ich weiß“, hatte sie zu seiner Verblüffung geantwortet, „ich habe dich auf Anhieb wieder erkannt. Und ich bin dir dankbar.“
    „Aber warum, du hattest doch so schreckliche Angst?“, hatte sich Ambrosius gewundert.
    „Es war gut, dass du das getan hattest. Ich hatte mich hinter dem Baum versteckt. Vor meinem Onkel. Ich wollte weglaufen, wenn es dunkel werden würde.“
    Sie hatte dazu düster dreingeblickt und ihr hübsches Gesicht dem Boden zugewandt. Dann war ihre Stimme zu einem leisen Flüstern geworden. „Ich will nicht in das Kloster, ich will nicht Nonne werden. Ich will nach Hause.“
    Zaghaft hatte Ambrosius sie in den Arm genommen. Noch jetzt konnte er sein Herz laut klopfen hören, wenn er daran dachte. „Aber du hast doch kein Zuhause mehr“, hatte er sie zu trösten versucht. „Du wärst doch ganz allein gewesen … da draußen. Es ist besser, du bist bei mir.“ „Ich weiß“, hatte das Mädchen geseufzt und ihn angesehen, „deswegen bin ich dir ja auch dankbar.“
    Auch Ambrosius wollte nicht daran denken, sie im Kloster abgeben zu müssen. Aber dieser Tag war noch fern. Heute war sie bei ihm. Und sie würde es noch viele Tage sein.
     
    „Seht mal“, hörte er einen Mann rufen und wurde mit einem Mal aus seinen Gedanken gerissen. Andere traten an die Reling. Auch Ambrosius erhob sich und folgte dem Finger des Mannes, der in die Mitte des Flusses wies.
    An manchen Burgen und Burgruinen den Rheinverlauf entlang waren sie schon vorbeigesegelt. Aber dieses Bauwerk lag mitten im Fluss.
    Ambrosius suchte Onkel Ambros unter den Männern am vorderen Deck. „Ist er das?“, rief er ihm zu. Der Onkel war bereits auf dem Weg zu ihm. „Ist das der Turm von Bischof Hatto?“
    „Das ist er.“ Ambros ließ seinen Blick auf dem fünfseitigen Treppenturm ruhen, als ihr Schiff langsam daran vorbeizog. „Der Mäuseturm.“
    „Und der Bischof ist wirklich darin von Mäusen aufgefressen worden?“ Bei dem Gedanken daran lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Als Strafe des Herrn, weil er seine hungernden Untertanen in eine Kornkammer getrieben hatte und sie dann anzünden und qualvoll verbrennen ließ?“
    „Woher weißt du das?“ Onkel Ambros sah ihn ungläubig an. „Die Männer haben es erzählt“, verteidigte sich Ambrosius. Der Onkel wandte sich wieder dem Fluss zu. Den Mäuseturm zu Bingen hatten sie bereits hinter sich gelassen. „So erzählt es die Legende. Aber … vor nicht allzu langer Zeit war der Turm noch eine Zollstation. Von dort aus konnte der Strom in beide Richtungen eingesehen werden. Näherte sich ein Schiff, so gab der Wachposten Signal und das Schiff musste an der Zollbastion anlegen und Wegegeld errichten. So konnte der Mainzer Bischof den Schiffsverkehr kontrollieren und hatte zudem noch eine erträgliche Geldquelle aufgetan. Deshalb heißt er Mäuseturm, nicht wegen Bischof Hatto.“
    „Warum müssen wir keinen Zoll bezahlen?“, wollte Ambrosius wissen. „Das haben wir bereits getan“, klärte ihn Onkel Ambros auf. „Indem wir die Schiffspassage bezahlt haben. Das Zollgeschäft hatte irgendwann überhand genommen und war nicht mehr zu kontrollieren. Heutzutage ist es abgeschafft. Der Kurfürst hat es verboten. An manchen Orten versuchen aber weiterhin irgendwelche Halunken, den Reisenden Geld aus der Tasche zu ziehen.“
    „Aber was hat das mit Mäusen zu tun? Ich verstehe das nicht,  wurde niemand in diesem Turm von Mäusen gefressen? Warum nennt man ihn dann Mäuseturm?“ Ambrosius fand keine Erklärung. „Nun, es gibt ein Wort in der hiesigen Sprache. Es heißt „musen“. Das Wort bedeutet so etwas wie lauern oder auflauern“, erläuterte Ambros seinem Neffen. „Hört sich schwer nach Mäuse an, oder nicht? Diese Geschichte haben sich die Menschen nur ausgedacht. Der Mäuseturm ist nur ein Turm, von dem aus den Schiffen aufgelauert wurde, die passieren wollten.“
    Ambrosius schluckte. Er war etwas enttäuscht. Irgendwie hatte ihm die Legende von Bischof Hatto

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