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Das kritische Finanzlexikon

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Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Bank A und unterstellen, dass diese eine Bilanzsumme von 900 Millionen Euro aufweist. Darin ist das Eigenkapital der Bank von 90 Millionen Euro enthalten. Auf der Passivseite kommen alle Einlagen, also die von den Kunden, von anderen Banken und auch die von der Zentralbank zinsgünstig gewährten Kredite hinzu. Unterstellen wir ferner, dass durchschnittlich 4 Prozent Zinsen auf das gesamte Kapital der Passivseite zu zahlen sind. Im Aktivgeschäft gelingt es der Bank, durchschnittlich 5 Prozent zu erlösen.

    Der Gewinn beträgt dann 5,0 – 4,0 = 1,0 Prozent auf 900 Millionen Euro, also 9 Millionen Euro. Dies entspricht einer Gewinnverzinsung des Eigenkapitals von 10 Prozent.
    Alan Greenspan, von 1987 bis 2006 Chef der amerikanischen Zentralbank Fed, wurde wegen seiner nebulösen und höchst interpretationsfreudigen Formulierungen häufig als Finanz-Orakel bezeichnet. Und das Orakel sprach nun: Also – eventuell oder möglicherweise, beziehungsweise mit einer nicht genau zu quantifizierenden, aber irgendwie vielleicht unter Umständen doch nicht so ganz niedrigen Wahrscheinlichkeit, könne es zu einer Fortsetzung der expansiven Geldpolitik mit weiterhin niedrigen Zinsen kommen. Das sei volkswirtschaftlich nicht zwingend, aber vielleicht doch halbzwingend notwendig. Man wisse ja nie – die Konjunktur müsse weiter laufen. Und Inflation? Na, das Geld würde schon irgendwie sinnvoll angelegt werden und zur allseitigen Wohlstandssteigerung beitragen.
    Den blumigen Worten folgen Taten. Wenn unsere Bank A über die Zentralbank nun 50 Millionen Euro zusätzliche Mittel erhält, mit denen gearbeitet, also beispielsweise verliehen werden kann, und dieses Geld darüber hinaus auch sehr günstig ist, erhöht sich die Bilanzsumme auf 950 Millionen Euro. Damit steigen automatisch auch die → Bankenaktiva . Unterstellen wir einmal, dass jetzt auf die Passivseite durchschnittlich nur noch 3,5 Prozent Refinanzierungskosten entfallen (das Geld ist ja noch mal billiger geworden). Die 5 Prozent Erlöse aus der Aktivseite bleiben vorerst konstant.

    Nun beläuft sich der Gewinn auf 5,0 – 3,5 = 1,5 Prozent von 950 Millionen Euro, also 14,25 Millionen Euro. Die Eigenkapitalverzinsung muss folglich steigen, denn das Eigenkapital ist ja konstant geblieben. Die Verzinsung des Eigenkapitals beträgt jetzt 15,8 Prozent. Sie kann, im Sinne der Ackermann’schen Zielvorgabe von 25 Prozent, selbstredend noch gesteigert werden. Zum Beispiel, indem man das Geschäftsvolumen durch Hereinnahme zusätzlicher günstiger Passiva weiter erhöht und diese Mittel in höherverzinsliche Aktiva (natürlich bei steigendem Risiko!) investiert. Der Gewinn müsste – bei einem Eigenkapital von 90 Millionen Euro – 22,5 Millionen Euro betragen (= 25 Prozent von 90 Millionen Euro). Um diesen Gewinn verbuchen zu können, müsste die Bank bei einer beispielsweise auf 1 000 Millionen Euro gestiegenen Bilanzsumme eine Gewinnmarge von 2,25 Prozent realisieren. Gegenüber dem obigen Ausgangswert von 1,5 Prozent wäre das eine Steigerung um 0,75 Prozent. Und schon hätte man Ackermanns Traumrendite erreicht.
    Auf welche Weise man auch immer für hohe Eigenkapitalverzinsungen sorgen mag – diese gibt es vor allem dann, wenn das Eigenkapital gering ist. Die Finanzindustrie lebt mit dem Spannungsfeld von Risikoabfederung einerseits und Eigenkapitalrendite andererseits. Ersteres erfordert hohe, Letzteres geringe Eigenkapitalquoten. Die Banken plädieren im Zweifelsfall eher für geringe Eigenkapitalquoten.
    Wenn dann Banken aufgrund ihrer riskanten Geschäfte in Zahlungsschwierigkeiten kommen, springt ja üblicherweise der Staat ein. Allerdings erst, nachdem die Einleger zur Kasse gebeten werden. So sieht es jedenfalls neuerdings aus.

Einlagensicherung
    Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. 9,9 Prozent ihrer Einlage sollten Sparer zypriotischer Banken mit einem Guthaben ab 100 000 Euro abgeben. Aber auch Spareinlagen mit einem geringeren Volumen sollten ins Boot geholt werden und einen Beitrag von 6,75 Prozent aufbringen. Die Troika, der berühmt-berüchtigte Zusammenschluss von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB (→ Europäische Zentralbank ) wollte es so. Anderenfalls, so verkündete man in markigen Worten, gebe es keine Mittel zur Rettung des kleinen Mittelmeerstaates. Damit stand zur Abwendung einer → Staatspleite im März 2013 erstmalig das Bankensystem im Fokus der Rettungsbemühungen. Eine Rolle spielten bei dieser Entscheidung

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