Das Kumo-Kartell
präzise. Verdammt, wer ist sie?«
»Und was ist sie?«, fragte Cotton. »Keine gewöhnliche Auftragsmörderin, so viel steht fest.« Die Frau war eine hervorragende Nahkämpferin. Ein Profi. Eine Elitesoldatin, die selbst den Ausbildern des G-Teams noch etwas hätte beibringen können, obwohl sie die Besten ihres Fachs waren. Trotzdem war es dieser Frau gelungen, mit Cotton und Decker fertigzuwerden, als wären sie blutige Anfänger.
Decker blickte nachdenklich auf Itanis Leiche, ehe sie Cotton anschaute. »Warum hat sie uns nicht auch umgebracht? Die Möglichkeit hatte sie. Mehrmals.«
Die Frage hatte Cotton sich auch schon gestellt. Die Frau hatte sich weitgehend auf die Verteidigung beschränkt. Sie hatte nicht nachgesetzt und ihm den Rest gegeben, obwohl sie die Gelegenheit gehabt hatte. Und mit der Stahlkugel hätte sie ihn töten können. Wenn das Ding seine Schläfe getroffen hätte …
Warum hatte sie sich stattdessen damit begnügt, ihm die Waffe aus der Hand zu prellen? Das ergab keinen Sinn. Zumindest passte es nicht zu der Sorte Auftragskiller, mit der Cotton es bisher zu tun gehabt hatte. War die Frau CIA-Agentin? Schließlich hatte auch die Firma eigene Geheimabteilungen. Und es gab Gerüchte, dass eine davon durchaus Aktionen durchführte, wie die Frau mit den Kumo-Opfern. Doch um diese Möglichkeit sollte sich Mr High kümmern.
Cotton und Decker durchsuchten das Haus, fanden auf den ersten Blick aber nichts, was ihnen einen Hinweis auf die Attentäterin lieferte. Und Itanis Safe war leergeräumt, sodass sich kein Material über die Organisation fand, der er vermutlich angehörte.
Decker seufzte frustriert, nachdem sie ihre Durchsuchung beendet hatten. »Hier gibt es nichts mehr für uns. Fahren wir zurück ins HQ.«
6
Als Cotton und Decker das Cyberedge-Gebäude betraten, in dessen Untergeschoss sich das Hauptquartier des G-Teams verbarg, saß im Wartebereich des Empfangs ein schlanker Mann Anfang vierzig und blätterte in einem der Firmenprospekte. Er warf den Agents einen neugierigen Blick zu, als sie an ihm vorbeigingen, nachdem sie der Dame am Empfang zugenickt hatten. Janet Kilpatrick war eine voll ausgebildete Agentin, die durchaus in der Lage war, mit einer riskanten Situation fertigzuwerden. Obwohl sie tat, als ginge sie ihrer Arbeit am Computer nach wie eine normale Empfangsdame, ließ sie den Besucher nicht aus den Augen.
Cotton und Decker fuhren mit dem Fahrstuhl ins Untergeschoss. Mr High blickte ihnen bereits entgegen, als sie den Lift verließen, da Janet sie angekündigt hatte.
»Wer ist der Mann am Empfang, Sir?«, fragte Cotton nach einem kurzen Gruß.
»Ein Spezialist, den uns das Heimatschutzministerium geschickt hat.«
Cotton runzelte die Stirn. »Und was an ihm ist so speziell, dass wir seine Hilfe brauchen?«
Mr High blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen kühl an. Ein verbaler Verweis hätte nicht deutlicher sein können.
Verdammt, schoss es Cotton durch den Kopf, ich sollte mich besser beherrschen.
»Das wird er Ihnen selbst sagen«, erwiderte John D. High. »Kommen Sie.« Er ging zur Tür. Cotton und Decker folgten ihm.
»Er weiß doch nicht etwa Bescheid über uns, Sir?«, vergewisserte sich Decker.
Mr High warf ihr einen tadelnden Blick zu. »Natürlich nicht. Er hat zwar eine hohe Sicherheitsfreigabe, aber nicht hoch genug, dass er von der Existenz des G-Teams erfahren dürfte. Nach seiner Kenntnis sind wir eine normale FBI-Abteilung, deren Büros im Field Office gerade renoviert werden, weshalb Cyberedge uns unbenutzte Räume als Ausweichquartier zur Verfügung gestellt hat. Mehr wird er nie erfahren.«
»Was ist mit den restlichen drei mutmaßlichen Zielpersonen der Attentäterin, Sir?«, wollte Cotton wissen.
»Sie werden derzeit in Schutzhaft genommen. Vielleicht redet einer von ihnen, um seine Haut zu retten.«
Sie hatten das Erdgeschoss erreicht. Der Agent des Heimatschutzministeriums erhob sich, als er Mr High sah.
»Hier herein, bitte.« High öffnete die Tür zu einem Büro und forderte alle mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen. »Agents, dies ist Agent Tyler Quinn vom Heimatschutzministerium. Agent Quinn, die Agents Jeremiah Cotton und Philippa Decker.«
»Guten Tag.« Quinn reichte beiden die Hand, wobei er Deckers einen Augenblick länger festhielt, als nötig gewesen wäre, und ihr ein bewunderndes Lächeln schenkte.
»Agent Quinn wurde uns für den Kumo-Fall ausgeliehen. Über die Gründe wird er selbst Ihnen Näheres sagen.«
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