Das Kumo-Kartell
»Er ist tot. Und wie es aussieht, wurde er von der Frau ermordet, mit der er unmittelbar zuvor Sex gehabt hat.«
Lady Celia wurde blass. »Falls Kumiko eine solche … äh, Dienstleistung angeboten hat, werde ich sie auf der Stelle hinauswerfen. Bei der Einstellung unterschreiben alle Angestellten, dass ihnen bewusst ist, dass solche Aktivitäten sie den Job kosten.«
Cotton verzog das Gesicht. Der Ruf ihres Etablissements kümmerte Lady Celia offensichtlich mehr als der Tod ihres Kunden. »Wie lange arbeitet Kumiko schon für Sie?«
»Seit gut zwei Jahren, und es gab noch nie Probleme mit ihr oder eine Beschwerde. Noch nie!«
Deckers Smartphone klingelte. Es war Zeerookah. »Was gibt’s?«, fragte sie nach einem kurzen Blick auf das Display. Sie lauschte einen Moment, blickte wieder auf das Display und hielt es Lady Celia hin. »Das ist ein Bild der Überwachungskamera in Mr Saitos Haus. Diese Frau war gestern bei ihm. Ist das Kumiko?«
Lady Celia warf einen Blick auf das Bild und schüttelte den Kopf. »Nein. Diese Frau habe ich noch nie gesehen.«
Decker hielt Cotton das Bild hin, das offenbar von der Überwachungskamera im Foyer des Apartmenthauses aufgenommen worden war. Die Frau blickte direkt in die Kamera. Trotz ihrer klassischen japanischen Frisur, bei der es sich um eine Perücke handeln konnte, sah sie eher wie eine Weiße aus. Falls sie die Mörderin war, hatte sie entweder nicht gewusst, dass das Foyer überwacht wurde, oder es war ihr egal. In letzterem Fall war sie entweder überaus selbstsicher oder extrem leichtsinnig. Schließlich musste sie damit rechnen, dass man anhand der Aufnahme nach ihr fahndete. Und bei der gerade in New York nahezu flächendeckenden Überwachung des Straßenverkehrs müsste sie relativ schnell zu finden sein.
Lady Celia rief ein Bild in ihrem Computer auf und drehte den Monitor so, dass Cotton und Decker es sehen konnten. »Das ist Kumiko.« Das Bild zeigte eine junge Japanerin, die höchstens Anfang zwanzig sein konnte.
Decker blickte Lady Celia ernst an. »Dann stellt sich die Frage, wie diese andere Frau anstelle von Kumiko den Termin bei Saito wahrnehmen konnte.«
»Sie glauben doch nicht etwa, Kumiko hätte mit dieser Frau und dem Mord zu tun?« Lady Celia schüttelte den Kopf. »Das halte ich für ausgeschlossen.«
Cotton sah es genauso, auch wenn er es nicht so vehement ausschloss wie Lady Celia. Saito war nicht der erste Tote mit den asiatischen Schriftzeichen auf der Stirn. Es wäre ein unglaublicher Zufall, wenn die Attentäterin ausgerechnet mit der echten Kumiko bekannt sein sollte, mit der Saito ein Schäferstündchen vereinbart hatte.
»Sie sagten, Kumiko hätte ihren gestrigen Einsatz bestätigt, Beginn und Ende. Sind Sie sicher, dass es Kumiko war?«
Lady Celia zögerte. »Bevor Sie mir das Bild von dieser Frau gezeigt haben, hätte ich das auf Anhieb bejaht. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.« Sie rief Kumikos persönlichen Terminkalender auf ihrem Bildschirm auf. »Hier sehen Sie, dass Mr Saito für den gestrigen Abend eine Japanerin zu einer Teezeremonie bestellt hat. Hier«, sie deutete auf das Symbol eines Schmetterlings in einem gesonderten Feld neben dem Termin, »hat Kumiko mit ihrem Symbol bestätigt, dass sie den Termin akzeptiert hat. Und hier«, sie zeigte auf eine Uhrzeit in einem Feld unter dem Schmetterling, »bestätigt sie, dass sie in einer Stunde aufbrechen wird.«
Demnach hatte Kumiko vorgehabt, um sieben Uhr aufzubrechen. Vorausgesetzt, sie selbst hatte die Eintragung vorgenommen und nicht die Frau, die sich für sie ausgegeben hatte. Die Verabredung war für acht Uhr eingetragen. Demnach hatte Kumiko für den Weg von ihrer Wohnung zu Saito eine Stunde eingeplant.
»Dieses System ist mit einem Timer programmiert«, fuhr Lady Celia fort. »Wenn die Bestätigung zum Aufbruch nicht bis spätestens zwei Stunden vor dem Termin eingegangen ist, gibt es einen Alarm. Dann rufen wir an und fragen nach, ob alles klargeht. Es ist schon vorgekommen, dass eine Dame oder ein Herr einen Termin bestätigt, aber dann doch vergessen hat. Im Notfall reichen die zwei Stunden aus, um einen Ersatz zu organisieren. Wir haben für den Fall immer Leute auf Abruf, die kurzfristig einspringen können. Aber mit Kumiko hat es noch nie Probleme gegeben.« Lady Celia runzelte die Stirn und deutete auf das dritte Feld neben dem Termin, das einen Schmetterling mit einer Uhrzeit zeigte: 0.47 Uhr. »Hier hat Kumiko das Ende des Auftrags bestätigt.«
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