Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
ihrem letzten Kind hatte sie ihn überzeugen können, es ihr zu lassen, und dann war es tot auf die Welt gekommen.
Jean würde wissen, was zu tun war, davon war Ellen überzeugt.
Als Jean kam, streichelte er Ellen sanft über die Stirn. »Na, dann wollen wir mal!«, sagte er fröhlich. »Rose, frag herum, wer sich mit dem Kinderkriegen auskennt.«
»Auch die Männer oder nur die Frauen?«
Ellen stöhnte.
»Nur die Frauen, Rose, und ganz ruhig, es wird alles gut gehen.« Jean tätschelte Roses Arm.
Er ist viel zu erwachsen für sein Alter, dachte Ellen leicht benommen, aber auch dankbar, weil er sich um alles kümmerte.
Wenig später kam Rose mit einer freundlich aussehenden Frau zurück. Ihre Kleidung war schlicht, aber sauberer als diealler anderen Reisenden. Jean sprach kurz mit ihr. Dann bat er Rose um Hilfe und brachte Ellen in eine ruhigere Ecke.
»Ellenweore, das ist Catherine, sie wird dir helfen«, stellte Jean ihr schließlich die Frau vor.
»Mach dir keine Sorgen. Du wirst das schon schaffen!«, sagte Catherine aufmunternd. »Ich habe fünf Kinder«, sie lächelte. »Meine beiden Ältesten sind auch an Bord, ich werde sie dir später vorstellen.«
Ellen bemühte sich ebenfalls um ein Lächeln, aber die Schmerzen der Wehen machten eine Fratze daraus.
Catherine streichelte sie verständnisvoll.
»Wenn es sehr schlimm wird, dann schrei nur. Das hilft zwar nicht wirklich, aber es erleichtert einem das Ganze doch ein wenig! Ihr beiden«, wandte sie sich an Rose und Jean, »stellt euch vor sie, damit die anderen sie nicht so begaffen, während sie niederkommt!«
»Sterben kann nicht schlimmer sein!«, sagte Ellen in einer kurzen Wehenpause und schnappte nach Luft.
»Du hast den Schmerz bald vergessen!«, tröstete Catherine.
»Warum musste Eva auch nur den Apfel nehmen!« Ellen stöhnte lang gezogen. Die Geschichte vom Sündenfall und Evas Schuld am Leiden der Frauen hatte ihr nie gefallen.
»Gebt mir ein paar Decken, damit wir es ihr bequem machen können. Vor allem im Rücken muss sie gut abgestützt werden«, ordnete Catherine an. »Außerdem braucht sie Wasser zum Trinken; eine Geburt macht durstig. Und hinterher etwas Gutes zu essen.«
Bei dem Gedanken an etwas Essbares stöhnte Ellen erneut auf.
»Dein Erstes?«, fragte Catherine, und Ellen nickte. »Dafür scheint es recht schnell zu gehen. Bei mir hat es zwei Tage gedauert!«
»Oh, mein Gott!« Allein bei der Vorstellung, es könne so lange dauern, verließ Ellen der Mut.
»Nein, nein, keine Angst, ich glaube nicht, dass du so lange brauchst. Bei meiner Schwester kam das erste Kind auch schneller. Versuch, tief und gleichmäßig zu atmen, das hilft!«, riet Catherine und bat Rose, eine Schüssel mit Wasser, einen Faden und ein Messer oder eine Schere bereitzuhalten.
»Wozu braucht Ihr einen Faden?«, fragte Jean neugierig.
»Man muss die Nabelschnur abbinden, bevor man sie durchschneidet«, erklärte Catherine bereitwillig.
Am Nachmittag kam das Kind mit den Füßen voran auf die Welt.
»Es ist ein Junge! Ellen, du hattest Recht mit deiner Vorahnung!«, rief Rose überglücklich.
Catherine hielt den Knaben hoch und gab ihm einen Klaps auf das Hinterteil. Die Haut des Kindes sah blau aus. Zuerst hustete der Junge, dann schrie er kläglich und wurde mit jedem Atemzug ein wenig rosiger. Schnell, aber sanft rieb Catherine den Kleinen mit Öl und ein wenig Salz ab und wusch ihn mit warmem Wasser, das der Kapitän hatte bringen lassen. Dann wickelte sie das Kind eng in die sauberen Leintücher, die Ellen immer bei sich trug.
»Wie soll er denn heißen?«, fragte Rose strahlend.
»William!« Ellen schloss erschöpft die Augen.
»Natürlich …« Rose lächelte wissend.
Ellen streichelte ihrem Sohn vorsichtig mit dem Zeigefinger über die winzige Wange. Der Junge würde seinen Vater womöglich niemals kennen lernen, da sollte er wenigstens seinen Namen tragen.
Der Kleine begann, seine Kiefer zu bewegen, als nuckele er.
»Du musst ihn an die Brust legen, er hat Hunger!«, erklärte Catherine sichtlich gerührt.
Ellen spürte Unwillen in sich aufsteigen und rührte sich nicht.
»Ellenweore!«, rief Catherine, und Ellen schrak hoch wie aus einem bösen Traum.
Natürlich würde sie ihr Kind stillen und sich alle Mühe geben, ihm eine gute Mutter zu sein, auch wenn sie durch ihre eigene schlechte Erfahrung nicht wirklich wusste, was das bedeutete. Unsicher entblößte sie ihre Brust.
»Komm, ich zeige dir, wie man das macht.«
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