Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
hämmerte mit den Fäusten an Ellens Tür.
Im Nu stand sie auf der Schwelle. Ellen sah aus, als ob sie noch gar nicht geschlafen hätte. »Ich mache schnell Wasser heiß. Habe gestern Abend noch einmal einen Eimer frisches geholt. – Als ob ich es geahnt hätte!«, rief sie und schürte das Feuer. »Ich hänge nur schnell den Kessel über das Feuer, und dann sehe ich nach ihr. Lauf los, und hol die Hebamme, wir kriegen das schon hin!« Sie entfachte eine Fackel, drückte sie Jean in die Hand und schob ihn zur Tür hinaus.
Von den Schlägen an die Tür waren auch die Mädchen und William wach geworden.
»Legt euch wieder schlafen, ich muss mich um Rose kümmern, das Kind kommt!«, sagte sie kurz und schob Marie und Agnes wieder zu ihrem Lager.
Die Mädchen begannen zu weinen. »Wird sie jetzt auch sterben, so wie Mama?«, fragte Marie ängstlich.
Ellen schüttelte den Kopf. »Rose ist stark. Bete für sie, unddann leg dich hin und schlaf noch ein bisschen«, riet sie schnell, bevor sie hinauseilte.
Rose hatte bereits starke Wehen, aber sie war tapfer.
»Ich war schon so oft schwanger und habe doch kein Kind«, sagte sie atemlos zwischen zwei Wehen. »Wenn Gott mir tatsächlich zwei Kinder schenkt und sie gesund sind, dann weiß ich, dass er mir verziehen hat.« Sie stöhnte laut auf.
»Es wird alles gut!«, beruhigte Ellen sie sanft, während Rose vor Schmerzen das Gesicht verzerrte. Mit einem feuchten Tuch wischte Ellen ihr den Schweiß von der Stirn.
Rose quälte sich bis zum Morgengrauen. Die Hebamme und Ellen blieben bei ihr, während Jean sich zu William legte. Schlafen konnte er nicht. Durch die Wand war das dumpfe Stöhnen der Gebärenden zu hören. Jean betete inbrünstig, bis er schließlich wimmernde Schreie vernahm. Kurz darauf öffnete jemand die Tür.
»Du bist Vater geworden, Jean!« Ellen strahlte ihn an, als er auf sie zustürzte. »Komm mit, und sieh dir deine Söhne an!« Sie fasste ihn am Ärmel und zog ihn mit sich.
»Und Rose, wie geht es Rose?«, fragte er ängstlich.
»Es geht ihr gut. Keine Sorge!«
Rose saß im Bett und sah aus wie der glücklichste Mensch der Welt – ziemlich erschöpft zwar, aber wach und aufgedreht vor Freude über den doppelten Kindersegen.
Die Hebamme hatte die beiden Jungen bereits eng gewickelt, sodass sie aussahen wie zwei Engerlinge. »Seht euch diesen Mann gut an. Das ist euer Vater. Ihr werdet ihn respektieren und ihm gehorchen, habt ihr gehört?«, sagte sie ein wenig streng zu den beiden Paketchen. Dann nahm sie eines davon und legte es Rose in den Arm, das andere Kind reichte sie Jean.
Stolz nahm er seinen winzigen Sohn und schaute ihn an. Der Kopf des Kindes war kleiner als sein Handteller. »Er hat so viele Haare!«, staunte Jean und streichelte mit dem Zeigefinger dieFaust des kleinen Jungen. Dann ging er zu Rose ans Bett, setzte sich auf den Rand und zeigte ihr das Kind. »Sieh nur, wie winzig er ist!«, flüsterte er.
Rose nickte. »Genau wie sein Bruder!« Sie streckte ihm das zweite Kind hin.
»Und sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen!«, staunte Jean.
»Sie sind Zwillinge!«, erklärte die Hebamme lachend. »Da gibt es das öfter, vielleicht bleibt es so.«
»Sie sind so klein und zart!«, murmelte Rose besorgt. »William war viel kräftiger. Wenn sie nur nicht zu schwach sind!« Rose sah die Hebamme Hilfe suchend an. »Bitte tauft sie noch heute, ich habe schon einmal ein ungetauftes Kind verloren!«
»Ich sorge mich nicht um die Jungen; sicher werden sie groß und stark werden. Zwillinge sind immer kleiner, und diese beiden hier scheinen mir wohlauf zu sein«, erklärte die Hebamme. »Trotzdem will ich sie taufen, damit sie von der Sünde reingewaschen sind. Habt ihr schon Namen für sie?«
Rose und Jean sahen sich fragend an.
»Wie hieß dein Vater?«, fragte Rose.
Jean runzelte kurz die Stirn. »Raymond.« Er sprach den Namen französisch aus, und Rose wiederholte ihn.
»Schöner Name, findest du nicht, Raymond?«, sagte sie und gab dem Jungen auf ihrem Arm einen Kuss auf die Nase. Das Kind öffnete den Mund ein wenig und maunzte wie ein kleines Kätzchen. »Sieht aus, als gefiele er ihm!« Rose lachte gerührt.
»Und dein Vater?« Jean fand Gefallen an der Idee, die Söhne nach den verstorbenen Großvätern zu nennen.
»Er ist gestorben, als ich noch ganz klein war. Meine Mutter hat nur ein einziges Mal von ihm gesprochen; seinen Namen hat sie dabei nicht genannt.«
Jean zuckte bedauernd mit den Schultern und
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