Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
Gesicht sah entspannt aus. Auf einmal blinzelte er. Schnell blickte Ellen woandershin. Ihr Herz raste, als sei sie bei etwas Verbotenem erwischt worden.
William lauerte seinem Stiefvater schon am nächsten Tag im Hof auf. Isaac war noch nicht ganz aus der Haustür gekommen, da rannte der Junge auf ihn zu. »Onkel Isaac! Erzählst du mir jetzt das Ende von der Geschichte?« Der Schmied konnte dem bettelnden Blick des Jungen nicht widerstehen.
»Versprochen ist versprochen, also komm, wir laufen ein Stück.«
William sah zu Isaac auf und nickte. Er schob seine kleine klebrige Hand in die trockene Pranke des Schmieds. Isaacs linker Arm zuckte. Wie so oft hatte er das Gefühl, dass die fehlende Hand und die Finger noch immer da waren. Er rieb den Stumpf an seinem Kittel, um das Kribbeln und Ziehen zu verscheuchen. Auf dem Hügel angekommen, setzten sie sich ins Gras.
»Du willst also wissen, wie Wieland sich an Nidung gerächt hat?«
William nickte heftig.
»Wie du dich erinnern wirst, arbeitete Wieland wieder als Schmied für den König.«
William sah seinen Onkel mit funkelnden Augen an. »Ichhätte nicht wieder für ihn gearbeitet, der König hat ihm doch die Sehnen durchschneiden lassen!«, ereiferte er sich.
Isaac zerzauste ihm lachend das Haar, bevor er fortfuhr. »Nun, eines Tages kamen die beiden jüngeren Söhne Nidungs zu Wieland in die Schmiede und baten ihn, Pfeile für sie zu schmieden. Ihr Vater sollte nichts davon erfahren, und Wieland forderte sie auf, an einem Tag wiederzukommen, an dem frischer Schnee gefallen sei. Sie sollten rückwärts zur Schmiede laufen, dann wolle er ihnen die Pfeile schmieden. Schon am nächsten Tag hatte es geschneit, und die beiden Jungen taten, wie der Schmied gesagt hatte.« Isaac blickte William tief in die Augen. »Wieland war von dem Gedanken an Rache besessen. Er nahm seinen Hammer und erschlug die Kinder des Königs.«
»Aber sie konnten doch gar nichts dafür!«, rief William empört aus.
»Das ist richtig, mein Sohn, aber wer von Rache getrieben wird, ist selten gerecht.« Isaac nahm den Jungen in den Arm. »Soll ich wirklich weitererzählen?«
William schluckte die Tränen herunter und nickte.
»Die Leichen der Kinder versteckte Wieland, und als die Männer des Königs zur Schmiede kamen, um die Knaben zu suchen, behauptete er, ihnen Pfeile geschmiedet zu haben. Die Fußstapfen im Schnee, die von der Schmiede fortführten, schienen zu bestätigen, was er sagte, und so suchten Nidungs Männer die Knaben im nahe liegenden Wald. Als man nach vielen Tagen die Suche aufgab, holte Wieland die Leichen aus ihrem Versteck und fertigte aus den Schädeln der Kinder in Silber und Gold gefasste Trinkbecher. Aus ihren Knochen schnitzte er Messerhefte und Kerzenstöcke für des Königs Tafel. Aber es dürstete Wieland nach noch mehr Rache. Mit einem Zauberring brachte er Badhild, die Tochter des Königs, dazu, sich heimlich mit ihm zu vermählen. Als kurz darauf einer von Wielands Brüdern und der beste aller Bogenschützen in Nidungs Reich kam, konnte Wieland endlich seine Rache vollenden. Aus Adlerfedern fertigte ersich Flügel, streifte sie über und flog damit hinauf zu Nidungs Burg. Er erzählte dem König, dass er dessen Söhne getötet habe und Badhild ein Kind von ihm erwarte, erhob sich in die Luft und flog davon. Nun befahl Nidung dem Bogenschützen, seinen eigenen Bruder zu töten.«
»Jetzt bekommt auch Wieland seine gerechte Strafe!«, triumphierte William, aber Isaac schüttelte den Kopf.
»Wieland war klug und hatte seinem Bruder aufgetragen, unter seinen rechten Arm zu zielen, wo er eine mit Blut gefüllte Blase trug. Obwohl Nidung des vielen Blutes wegen glaubte, der Schmied sei tot, starb er schon wenig später vor Gram. Sein ältester Sohn wurde ein milder und gerechter König. Und als Badhild einen Knaben gebar, bat Wieland den jungen König um Versöhnung. Wieland und Badhild heirateten und lebten glücklich in seiner Heimat, bis ans Ende ihrer Tage.« Nachdem er die Geschichte beendet hatte, schwieg Isaac eine ganze Weile.
William begann, mit Steinen zu werfen. Erst zaghaft, dann heftiger.
»Ich mag ihn nicht!«, knurrte er.
»Wen?«, fragte Isaac erstaunt.
»Wieland! Er ist gar kein Held! Er ist hinterhältig und kein bisschen besser als Nidung!«
»Aber Nidung hat ihn betrogen und zum Krüppel gemacht!« Isaac betrachtete den Jungen überrascht.
»Wieland ist ein Feigling. Die Kinder haben ihm nichts getan, und die armen Adler, die ihre
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