Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
auf. »Hier in der Nähe, sagst du? Ich bin sicher, er kann es gar nicht erwarten, sein neues Schwert in den Händen zu halten. Wie wäre es, wenn ich ihm das Schwert heute noch hinbringe?«
»Hat der Ritter nicht gesagt, er würde es abholen, und du sollst es niemand anderem geben?«, mischte sich Isaac ein, der nun ebenfalls dazukam.
Ellen wollte nichts davon hören und winkte ab.
»Natürlich hat er damit nur einen anderen Boten gemeint, aber doch nicht den König!«
Isaac zuckte mit den Schultern. »Wenn du meinst.«
»Die Gelegenheit ist einfach zu günstig, ich muss ihm das Schwert selbst bringen! Wenn der Bote es abholt, erfährt niemand von mir. Übergebe ich es aber selbst dem jungen König,dann sehen alle anwesenden Ritter, wer Runedur gemacht hat!« Ellen wurde ganz heiß vor Aufregung.
»Dann lass mich wenigstens mitkommen!«, bat Isaac sie besorgt.
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, ich werde allein gehen!« Kam sie in Begleitung eines Mannes, würde man das Schwert ihm zuschreiben. Am Ende würde so noch die Legende vom einarmigen Schmied erfunden, der das sagenhafte Schwert Runedur gefertigt hatte. Das durfte sie auf keinen Fall riskieren.
»Bitte, wie du meinst!« Isaac sah sie beleidigt an.
Ellen beachtete es nicht. Der Gedanke, nun endlich die Anerkennung zu bekommen, die sie verdiente, ließ sie vor Spannung innerlich erbeben. Dies war ihr Tag! Sie nahm das Schwert, wickelte es in eine Decke und ging ins Haus, um Rose Bescheid zu sagen und sich umzuziehen. Dann holte sie den Schimmel aus dem Stall und saß auf.
»Willst du wirklich nicht warten, bis das Schwert abgeholt wird?«, erkundigte Isaac sich noch einmal, er bemühte sich um einen versöhnlichen Ton.
»Nein!« Ellen schüttelte energisch den Kopf und ließ keine weiteren Einwände zu. Dann bat sie Peter, ihr genau zu erklären, wo sie den König finden konnte, und ritt los.
Auf der großen Heuwiese bei Mildenhall, wo die Zelte der königlichen Gesellschaft standen, wimmelte es von Knappen, Fußsoldaten, Knechten und Pferden. Es wurden noch immer Zelte aufgestellt und Zäune für die Pferde errichtet. Jeder hier schien alle Hände voll zu tun zu haben; niemand beachtete Ellen, die gemächlich durch das Lager ritt und sich genau umsah. In der Mitte des Platzes entdeckte sie ein besonders großes, prächtiges Zelt, auf dem ein roter Wimpel mit drei kriechenden Löwen aus goldener Stickerei wehte. Das musste das Zelt des jungen Königs sein! Ellen saß ab und band ihr Pferd an einem Pfosten fest. Ihre Hand zitterte, als sie über Lokis kräftigen weißen Halsstrich. Sie lehnte ihre Stirn einen Augenblick an seinen Kopf und schloss die Augen. Sie musste all ihren Mut zusammennehmen! Entschlossen atmete sie tief durch, griff das Schwert und ging auf das bunte Zelt zu.
Noch bevor sie es erreicht hatte, bewegte sich der Vorhang am Eingang, und ein gut aussehender junger Ritter kam heraus. Er stellte sich Ellen breitbeinig in den Weg.
»Ich möchte zum König!«, begehrte sie vor Aufregung ein wenig zu forsch und bemühte sich sofort um ein gewinnendes Lächeln.
Der Ritter musterte sie mit einem spöttischen Grinsen von Kopf bis Fuß. »Und was wollt Ihr von ihm?«
»Ich bringe ihm sein neues Schwert, Sire!«
Der Ritter zog verblüfft die Augenbrauen hoch. »Nun, wenn das so ist, dann kommt Ihr am besten mit mir!« Er lächelte sie kurz an und machte kehrt. Ellen folgte ihm ins Zelt. Die königliche Unterkunft war noch größer, als sie vermutet hatte. Dicht gedrängt standen Dutzende von Rittern um mehrere große Kohlebecken. Ellen hielt den Kopf züchtig gesenkt und beobachtete die Männer aus den Augenwinkeln. Sie tranken aus silbernen Bechern, redeten angeregt und lachten lauthals, ohne von ihr Notiz zu nehmen. Mit einem Mal schlug Ellens Herz bis zum Hals. Was, wenn Thibault ebenfalls hier war? An ihn hatte sie bei ihrer Entscheidung herzukommen überhaupt nicht gedacht!
Der junge Ritter bedeutete ihr durch ein Handzeichen, ihm zu folgen, und ging zielstrebig auf einen reich verzierten Eichenthron zu, der auf der anderen Seite des Zeltes stand. Der Thron war leer!
Ellen wagte nicht, sich nach dem König umzusehen.
Mit einem unerwarteten, heftigen Satz nach vorn sprang der junge Ritter plötzlich auf den Thron zu und setzte sich darauf.
Ellen erschrak, und einige Ritter sahen erstaunt auf. Ellen schluckte. Offensichtlich wollte sich der junge Ritter über sie lustig machen, aber was würde der König dazu sagen,
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