Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
über den neuen, mit Wolfspelz verbrämten Mantel, der sie vor der feuchten Kälte schützte. Obwohl der Frühling sich schon mit den ersten zartgelben Narzissen am Wegesrand bemerkbar machte, war der Wind doch noch immer empfindlich kühl.
»Du siehst wunderbar aus! Wie eine richtige Dame!«, hatte Isaac ihr noch lachend zugerufen, bevor sie losgeritten war.
Das Haus des Zunftmeisters lag nur wenige Meilen weit entfernt, und Ellen hätte gut zu Fuß gehen können, aber sie war dem Rat von Rose und Jean gefolgt und ritt den prächtigen Schimmel, um den sie oft beneidet wurde.
»Schadet nicht, wenn Conrad sieht, wie weit du es gebracht hast!«, hatte auch Isaac gemeint.
Als Ellen in Conrads Hof geritten kam, rannte sofort ein Junge herbei und begrüßte sie höflich.
»Ich möchte zum Zunftmeister!«, sagte Ellen, ohne sich vom Pferd zu rühren.
»Natürlich. Ich werde ihn holen gehen!«, stammelte der Junge und stob davon.
Ein Lächeln huschte über Ellens Gesicht. Ihre elegante Kleidung hatte den kleinen Kerl offensichtlich beeindruckt. Vielleicht hatte Isaac sogar Recht, und er hielt sie für eine Dame! Danke, Rose, dachte sie, es war richtig, sich so zu kleiden.
Dann kam Conrad aus der Schmiede. Er war nicht größer als Ellen, trug eine Lederkappe auf dem fast kahlen Kopf und hatte die Ärmel seines Hemdes bis zu den kräftigen Oberarmen heraufgerollt. Ellen ließ sich elegant vom Pferd gleiten, so wie Jean es ihr gezeigt hatte, und kam sicher auf beiden Beinen zum Stehen.
»Ellenweore!«, sagte Conrad und strahlte sie überraschend freundlich an.
»Conrad!« Ellen nickte huldvoll. Ich komme mir vor wie eine dumme Gans mit diesem albernen Getue, dachte sie kurz.
»Überall spricht man zur Zeit nur von Euch und Euren Schwertern.« Conrad machte eine einladende Geste und bat Ellen ins Haus. »Sieh nur, Edda, wer zu Besuch ist«, rief er seinem Eheweib zu. »Das ist Ellenweore …«
»Die Schwertschmiedin?« Edda strahlte, wischte sich die mehlstaubige Hand an ihrer Schürze ab und streckte sie Ellen entgegen. »Das freut mich aber, dass Ihr uns mal besucht!«
Ellen kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Erst Conrads freundliche Begrüßung, dann Eddas Strahlen. Vielleicht sollte sie besser auf der Hut sein!
»Nun, was führt Euch zu mir?« Conrad bot Ellen einen Platz am Tisch an, und Edda stellte ihr einen Becher Honigmet hin.
»Ihr erinnert Euch an Jean?«, fragte Ellen und nahm einen Schluck, um ihre raue Kehle ein wenig zu besänftigen.
»Sicher«, antwortete Conrad abwartend.
»Er hat ein Schwert geschmiedet, nur mit einem Zuschläger. Einem jungen und unerfahrenen dazu.« Ellen nahm das Schwert in beide Hände. Sie hatte es die ganze Zeit unauffällig in ihrer Linken neben dem Körper gehalten. Jetzt wickelte sie es aus und legte es auf den Tisch.
Conrad nahm die Waffe ehrfürchtig in die Hände und sah sie sich näher an. »Ich bin kein Schwertschmied«, sagte er beinahe kleinlaut.
»Ihr seid der Zunftmeister. Ich bin sicher, Ihr könnt beurteilen, ob es sich um eine ordentliche Schmiedearbeit handelt, die dem Schmied das Recht gibt, sich Geselle zu nennen.«
Conrad fühlte sich offensichtlich geschmeichelt, denn er lächelte kurz. Wohl gesonnen sah er sich die Waffe an.
»Keine Einschlüsse, blanke Politur, scheint eine gute Waffe zu sein«, sagte er, ohne aufzusehen.
»Dann habt Ihr keine Einwände, wenn Jean sich von nun an Geselle nennt?«, fragte Ellen zur Sicherheit noch einmal nach. Sie wollte nicht ewig im Zwist mit der Zunft stehen.
»Habt Ihr ihm das beigebracht?«, fragte er statt einer Antwort.
Ellens Haltung versteifte sich unwillkürlich. »Ja, das habe ich allerdings!«, sagte sie trotzig. Sie war bereit, sich in ein Wortgefecht mit ihm einzulassen, er hatte kein Recht, Jean den Gesellentitel abzuschlagen, nur weil er von einer Frau gelernt hatte!
»Wir hatten Unrecht, Euch als Meister abzulehnen. Seit Ihr Isaacs Werkstatt führt, habt Ihr Ehre und Ruhm über dieSchmieden von St. Edmundsbury gebracht. Ich werde in der nächsten Versammlung der Zunft vorschlagen, Euch als Meister anzuerkennen. Damit wäre dann auch Jeans Titel als Geselle gesichert.«
Ellen war zu erstaunt, um zu wissen, was sie sagen sollte. Conrad war ihr schärfster Gegner gewesen und wollte sich nun für sie einsetzen? Offensichtlich wusste er ihr überraschtes Schweigen genau zu deuten, denn er räusperte sich verlegen.
»Nehmen wir einmal an, die Zunft stimmt meinem Antrag zu und erkennt Euch
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