Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
Talglichts. Außerdem biss der Rauch des Talges in den Augen, sodass sie tränten und man nur noch schwer weiterarbeiten konnte. Das Licht der Kerzen warf lange Schatten auf Jocelyns Gesicht und betonte seine hohen Wangenknochen.
Ellen versuchte, sich auf den Fuß des Kelches zu konzentrieren. »Seht nur, wie schön er glänzt!«, rief sie zufrieden, als sie jeden Winkel poliert hatte.
Jocelyn nickte nur. »Jetzt musst du ihn wieder erwärmen, bis er rötlich gelb wird, dann holst du ihn raus und kühlst ihn im Wasser ab.«
Ellen tat, was er gesagt hatte, bis der Fuß des Altargefäßes die gewünschte Farbe angenommen hatte.
»Aber er glänzt ja gar nicht mehr!«, rief sie enttäuscht aus und blickte vorwurfsvoll zu Jocelyn hinüber.
»Abkühlen und noch mal polieren!«, entgegnete er knapp und schien sich an ihrer Enttäuschung zu weiden.
Ellen polierte also noch einmal, und in der Tat glänzte der Fuß danach noch mehr. Stolz betrachtete sie die gelungene Vergoldung.
»So, jetzt färben wir das Gold noch, damit es noch schöner und voller glänzt. Und morgen machst du dann alleine weiter.«
»Was meint Ihr mit färben? Und wie soll das gehen?«, fragte Ellen unwillig.
»Wir brauchen dazu Atramentum!«, erklärte Jocelyn, ohne ihre Fragen zu beantworten. »Beim Erhitzen schmilzt es erst und wird dann fest«, erklärte er. Als das Atramentum erstarrt war, nahm er es aus der Schale und schob es direkt unter die Kohlen. »Und hier in der Glut verbrennt es. Sobald es rot wird, müssen wir es rausnehmen.« Nachdem er es aus dem Feuer geholt hatte, damit es abkühlte, sah er Ellen so tief in die Augen, dass ihr Herz wild zu klopfen begann. Dann riss er sich von ihrem Anblick los, nahm eine Holzschale und zerrieb das Atramentum darin mit einem eisernen Hammer. »Einen dritten TeilSalz und wieder ein bisschen von unserem Goldwasser.« Jocelyn grinste, holte das Tonfläschchen mit dem Urin, vermischte die Zutaten zu einem zähen Brei und strich den vergoldeten Fuß mithilfe einer Feder vollständig ein.
»Ich habe nicht gedacht, dass Vergolden so lange dauert«, murrte Ellen.
Jocelyn nickte, legte den eingeschmierten Fuß auf das Feuer, bis der Überzug austrocknete und leichter Rauch aufstieg, dann wusch er ihn mit Wasser ab und säuberte ihn sorgfältig mit dem noch übrigen Bündel aus Schweineborsten. »So, nun noch ein letztes Mal erwärmen und dann in einem Leintuch abkühlen lassen, und morgen kannst du sehen, wie schön die Vergoldung geworden ist. Du wirst staunen.«
Nachdem sie alle Arbeiten beendet und die Werkstatt aufgeräumt hatten, war es fast dunkel. Ellen wollte die Goldschmiede gerade verlassen, als Jocelyn auf sie zukam und ihr sanft eine Haarsträhne aus der Stirn strich. »Du siehst müde aus«, murmelte er zärtlich und streichelte ihre Wange mit seinem Handrücken. Dann hob er ihr Kinn an und küsste sie zart auf den Mund.
Ellen schloss die Augen und öffnete die Lippen ein wenig, aber der Kuss war schon zu Ende.
Jocelyn sah ihr ganz tief in die Augen. »Bis morgen«, sagte er mit warmer Stimme.
Ellen ging schweigend nach Hause. Sie war zutiefst aufgewühlt, und ihr Herz galoppierte wie ein Schlachtross.
Am nächsten Tag konnte sie es kaum abwarten, bis der Vormittag vorüber und ihre Arbeit in der Schmiede beendet war. Sie rührte das Mittagessen nicht an, weil ihr vor Aufregung ganz flau war. Stattdessen eilte sie zu Jocelyn. »Zeigt mir die Vergoldung«, sagte sie noch ganz außer Atem. Aber die Vergoldung war nicht der wahre Grund ihrer Ungeduld.
Jocelyn begrüßte sie freundlich wie immer, ohne jedoch eine Spur von Zärtlichkeit zu zeigen.
Ellen hielt es kaum aus, den ganzen Nachmittag in seiner Nähe zu sein, ohne dass er sie lange und eindringlich ansah. Sie begann, sich ernsthafte Sorgen zu machen, ob sie am Abend zuvor falsch gehandelt hatte, weil sie seinen Kuss nicht mit einer Ohrfeige beantwortet hatte. Vielleicht glaubte Jocelyn nun, sie sei leichtfertig, und verachtete sie deswegen? »Entschuldigt mich einen Augenblick«, sagte sie mit erstickter Stimme und lief hinaus. Sie rannte zur Latrine im Garten, stellte sich an die Bretterwand und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatte, dann wischte sie die Tränen fort und nahm sich vor, vernünftig zu sein. Was bildete sie sich nur ein? Ein Goldschmied! Wie hatte sie auch nur einen Augenblick glauben können, er … Wahrscheinlich hatte er sich nur lustig über sie
Weitere Kostenlose Bücher