Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
um das Goldamalgam zuzubereiten. Er zerteilte das Gold in kleine Stücke, tat es mit der achtfachen Menge Quecksilber in die glühende Schale und hielt sie so weit von sich weg wie möglich. »Quecksilber macht krank«, erklärte er. »Die Dämpfe schaden dem Magen. Mein Meister hat zwar behauptet, Wein und Knoblauch oder Pfeffer seien gut dagegen, aber ihm haben sie nicht geholfen: Er ist erst blass und mager geworden, dann irr.« Jocelyn beschrieb mit seinem Zeigefinger kleine Kreise vor der Schläfe. »Kurz vor seinem Tod war er nur noch ein Häufchen Elend, dem der Speichel aus dem Mund rann, obwohl er gar nicht mal besonders alt war. Ich bin sicher, das Quecksilber war schuld.« Jocelyn sah Ellen an, während er die Schale hin- und herschwenkte.
Als Gold und Quecksilber so gut wie möglich miteinander vermengt waren, schüttete er die Mischung in eine Schale mit Wasser, wusch das verbliebene Quecksilber vom entstandenen Amalgam. Das Wasser mit den Quecksilberresten würde er verwenden, um das Quickwasser zu machen. Jocelyn trocknete das ausgepresste Gold mit einem sauberen Tuch. Da er das pastöse Gold nicht sofort auftragen wollte, teilte er es in mehrere gleiche Mengen und stopfte es in die Kiele von Gänsefedern.
Ellens Wangen leuchteten vor Aufregung, was ihn fast um den Verstand brachte.
Das Quecksilber, das an seinen Händen klebte, entfernte er gründlich mit Asche und Wasser.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Ellen seufzend und sah ihn mit großen Augen an.
Jocelyn grinste.
»Das Quickwasser!«, sagten sie wie aus einem Munde und lachten. Sie standen ganz nah beieinander.
Ellen fühlte seine Wärme. Er duftete nach Rauch und frischem Rosmarin. Das Kribbeln in ihrem Magen erfasste plötzlich auch ihren Unterleib. Sie sah ihm in die Augen, bis sie glaubte, in ihnen zu versinken. Eine ganze Weile standen sie so da. Warum küsst er mich nicht?, schoss es Ellen durch den Kopf, aber da war der Zauber des Augenblicks schon vorüber.
»Das hier brauchen wir noch!«, rief Jocelyn betont geschäftig, nahm Weinstein und zerrieb ihn. »Zu dem Weinsteinpulver kommt Salz in die Schmelzschale … und das Wasser, das wir vorhin zum Abwaschen des Amalgams benutzt haben. Noch ein bisschen Quecksilber, dann erwärmen wir das Ganze.« Jocelyn verrührte das Quickwasser und hielt es über das Feuer. »Hol mal die Borstenbündel, die du gemacht hast, und gib mir einen Leinenlappen.«
Ellen reichte ihm, was er forderte.
Jocelyn erwärmte das Altargefäß ein wenig, tauchte eines der Borstenbündel in die warme Mischung und begann, es damiteinzureiben, bis sich alle Stellen, auch in der letzten Vertiefung, vom Quickwasser weiß färbten. Nachdem das ganze Gefäß verquickt war, nahm Jocelyn aus einem Lederbecher ein spitzes Messer, holte damit die Vergoldungsmasse aus den Federkielen, trug sie in kleinen Stücken sorgfältig mit einem Kupferspachtel auf und verteilte das Gold gleichmäßig mit einem angefeuchteten Borstenbündel. Immer wieder erwärmte er das Gefäß, bis das Vergoldungsamalgam warm wurde, und verteilte es weiter mit dem Bündel. Es dauerte lange, bis das Gold überall gleichmäßig aufgetragen war. Dreimal wiederholte Jocelyn diesen Vorgang, und Ellen verfolgte jeden seiner Handgriffe aufmerksam. Er erwärmte und bürstete das Gefäß so lange, bis der Goldüberzug gelb wurde. »Durch die Hitze verfliegt das Quecksilber, und zurück bleibt das Gold, das dann auf dem Silber haftet«, erklärte er zum Schluss. »Und jetzt lassen wir das Gefäß auskühlen. Bringst du mir die Bürsten?«
Während Ellen die Messingbürsten holte, ging sie im Kopf noch einmal die einzelnen Schritte nacheinander durch. »Wozu braucht Ihr die Bürsten jetzt noch?«
»Sieh dir die Vergoldung an, fällt dir nichts auf?«
Ellen betrachtete das Gefäß genau. Es sah gelb aus wie Gold und war matt. »Es glänzt nicht.«
Jocelyn lächelte sie an. »Deswegen polieren wir es jetzt! Mit dem Fuß fangen wir an. Nimm die Messingbürste, und tauch den Fuß ins Wasser, dann polierst du ihn so lange mit der Bürste, bis er glänzt.«
»Aber ich werde ihn doch ganz verkratzen?«, begehrte Ellen auf.
Jocelyn sah ihr tief in die Augen. »Vertraust du mir etwa nicht?«
Ellen antwortete mit einem beschämt gesenkten Blick. Natürlich tat sie das, sie vertraute ihm blind! Also begann sie zu polieren.
Es wurde schon dunkel, und Jocelyn zündete zwei Kerzen an.Kerzen waren teuer, aber ihre Flamme brannte ruhiger als die eines
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