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Das Labyrinth der Wörter

Titel: Das Labyrinth der Wörter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Sabine Roger
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keine Ahnung. Und wisst ihr, was er gesagt hat?«
    »Nee«, meinten wir.
    Was auch stimmte, wir wussten es nicht.
    »Er hat gesagt: ›Du nervst, geh doch zu einem Automechaniker!‹«
    Da haben wir den Kopf geschüttelt, klar. Landremont ist nämlich der einzige Automechaniker weit und breit.
    Marco meinte: »Ich hab noch nie jemand in so einem Zustand gesehen, noch nie! Dabei hab ich auch schon manchmal ziemlich getankt, ihr wisst, was ich meine?!«
    Wir: »Wissen wir!«
    »Aber wartet, ich bin noch nicht fertig! Er war so besoffen, dass er auf einmal gesagt hat: ›’tschuldigung, Marco, ich muss mal pinkeln.‹ Und ich: ›Okay, geh nur, kein Problem.‹ Aber er bleibt einfach da stehen, ohne sich zu rühren, und hält mir weiter die Tür auf. Und wisst ihr, was das Schärfste war?«
    »Was?«
    »Er hat sich in die Hose gepisst! Er stand da, steif wie ein Stock, mit einem Gesicht, als würde er nachdenken, und hat sich in die Hose gepisst, verdammt!«
    »Ach!?«
    Julien hat gefragt: »Und was hast du gemacht?«
    »Was sollte ich denn machen? Ich hab ihm einen schönen Abend gewünscht und bin nach Hause. Dann hab ich meinen Schwager angerufen, damit er mich abholt.«
    »Und deine Kiste?«
    »Ach, irgendwas mit der Zündung, nichts weiter.«
    Seit dem Tag wissen wir, dass Landremont schwierige Momente hat.

 
    W ährend ich Margueritte die Vornamen der Vögel aufzählte, dachte ich nicht an das alles, sondern nur an den Begriff Zufall , der mich an Landremonts Bemerkungen erinnerte, wenn ich mit Jojo ein Gläschen trank. Was mich eben auf Jojo brachte und auf seinen Geburtstag am Abend vorher (na ja, bis fünf Uhr morgens). Und an meine durchgemachte Nacht, was zum einen sicher erklärt, dass ich so gefühlsduselig war, und zum anderen, dass ich Migräne hatte. Wenn ich nicht meine acht Stunden Schlaf kriege, bin ich den ganzen Tag schlecht drauf.
    In dem Moment hat die kleine Alte zu mir gesagt: »Sie wirken nachdenklich.«
    Und ich, als wären wir engste Freunde: »Ach was … Nur ein bisschen müde. Gestern Abend war ich auf dem vierzigsten Geburtstag von meinem Kumpel Jojo Zekouc.«
    »Oh, Sie haben einen Freund, der Koch ist?«
    Das hat mich umgehauen. »Sie kennen Jojo?«
    »Nein, nein, ich habe nicht die Ehre. Warum?«
    »Woher wissen Sie dann, dass er Koch ist, wenn Sie ihn nicht kennen?«
    »Nun … wegen seines Namens, nehme ich an. The cook , das bedeutet doch auf Englisch ›der Koch‹, nicht wahr?«
    »Ach so, na klar!«
    Aber ich fand das unglaublich. Obwohl ich natürlich schon wusste, dass es solche Sachen gibt.
    Als ich klein war, hieß der Metzger, der seinen Laden an der Place Jules Ferry hatte, Duporc, »Vom Schwein«. Und der Tischler gegenüber vom Rathaus, der hieß Laplanche, »Das Brett«. Aber ich wäre trotzdem nie darauf gekommen, dass auch Jojo einen Namen hat, der seinen Beruf bezeichnet. Und dazu noch auf Englisch.
    Ich habe Margueritte auf Wiedersehen gesagt. Und da sie wirklich nett war, habe ich hinzugefügt: »Margueritte ist ein hübscher Name.«
    »Für eine Taube jedenfalls«, hat sie lächelnd geantwortet.
    Ich habe gelacht.
    »Und Sie, wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Germain Chazes.«
    Darauf sie, als wäre ich der Bürgermeister oder sonst was: »Nun, Monsieur Chazes, es war mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen!«
    Dann hat sie noch auf die Vögel gezeigt. »Danke sehr, dass Sie mir Ihre vielköpfige Familie vorgestellt haben!«
    Ich habe mir gesagt, dass sie witzig ist.
    So sind wir auseinandergegangen.

 
    V om Park aus bin ich direkt zur Kneipe Chez Francine, weil mir die Sache mit dem Koch auf Englisch keine Ruhe ließ. Montags fängt Jojo Zekouc immer etwas früher an. Ich bin da wie zu Hause. Wenn ich ihn sehen will, gehe ich gleich nach hinten in die Küche.
    Er war gerade am Gemüseputzen, und ich bin sofort damit rausgeplatzt: »He! Weißt du eigentlich, dass du dir deinen Job gut ausgesucht hast, bei deinem Nachnamen?«
    Er sah überrascht aus und fragte, warum ich das sagte. Ich wollte nicht zu sehr darauf herumreiten, es war ja nicht, um mich über ihn lustig zu machen, aber ich meinte, dass es doch irgendwie witzig ist, mit einem solchen Namen als Koch zu arbeiten, oder?
    »Wie, mit meinem Namen? Pelletier …? Tut mir leid, ich hab keine Ahnung …«
    »Doch nicht Pelletier! Ich rede nicht von Pelletier, ich rede von Zekouc. Das ist Englisch, Zekouc , wusstest du das nicht?«
    »Ach so, jetzt kapiere ich: ein Witz! Du bist mir

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