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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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einem Beiboot auf die andere Seite bringen, nach La Bianca. Der Maure wird sich dann um Euch kümmern. Gehabt Euch wohl.«

    Während der Überfahrt versuchte Antonio, von dem jungen Offizier – es war nicht der, der uns zunächst so schroff begrüßt hatte – mehr über die Lage an der Bucht zu erfahren. Er sagte, er könne uns schildern, wie es sei, wisse aber nicht, warum es so sei. Dann langte er über die Bordwand, hängte die Hand ins Wasser und begann, mit nassen Fingern auf die Bank zwischen Antonio und mir zu malen. Er malte zunächst zwei Dreiecke nebeneinander, dann zwei weitere darüber, und zwar so, daß die Verbindung der beiden oberen auf der Spitze des rechten unteren Dreiecks lag.
    »Ungefähr – ich bin kein guter Maler.« Er lächelte flüchtig. »Von Kartographie gar nicht zu reden.«
    Wir saßen fast im Heck des von acht Ruderern und einem Steuermann besetzten Boots. Das kaum gekräuselte Wasser der Bucht schien an uns vorbeizuschießen. Eine Möwe flog träge flappend ein paar Augenblicke neben uns her, begutachtete uns – so sah es jedenfalls aus –, stieß dann einen Schrei aus, der »zu groß und zu schlecht gewürzt« bedeuten mochte, und flog weg.
    Das Dreieck unten links sollte die Bucht darstellen, in der wir uns befanden, mit Castelnuovo beziehungsweise Herceg Novi nicht ganz an der Spitze. Unten rechts, wo das zweite Dreieck anschloß, liegt der Ort La Bianca – »Bijela, sagen die Leute hier. Da ist der Maure, zu dem wir Euch bringen sollen.«
    Er nannte einige weitere Namen von Fischerdörfern, die am zweiten Dreieck lagen; dann wies er auf das obere linke Dreieck.
    »Hier, an der oberen Spitze, liegt Risano, mit einer kleinen türkischen Besatzung, vielleicht hundert Mann, und ein paar Kanonen.« Er sagte, von dort führe eine schmale, oft von Steinen versperrte Straße nach Norden in die Berge und weiter ins türkisch gehaltene Hinterland. »Und hier« – er machte einen Klecks knapp oberhalb der rechten Ecke – »liegt Perasto, eigentlich unsere vorgeschobene Festung. Cattaro, wo der Provveditore und alle wichtigen Leute sind, ist hier unten.« Er wies auf die rechte Ecke des letzten Dreiecks. Inzwischen waren die anderen Kleckse getrocknet und nicht mehr zu sehen.
    »Die Durchfahrten zwischen den Dreiecken, ah, den Teilen der Bucht sind schmal. Alles südlich und östlich gehört zum Venezianischen Albanien, der nordwestliche Teil von Castelnuovo bis Risano war osmanisch. Als die Spanier Castelnuovo besetzt und die Burg erobert haben, wollte der Provveditore die Gelegenheit nutzen und hat den Mauren mit einer Kompanie nach La Bianca geschickt. Damit haben wir einen Brükkenkopf auf dem Nordwestufer und beherrschen die Straße zwischen Castelnuovo und Risano.«
    Antonio nickte und summte leise; die Ausführungen des Offiziers schienen ihn nicht übermäßig zu fesseln.
    »Hat es Kämpfe gegeben?« sagte ich. »Oder ging das einfach so?«
    Er lachte. »›Einfach so‹ geht hier nichts. Ein Teil der Türken aus Castelnuovo hat versucht, nach Risano zu kommen. Die meisten, soweit sie nicht gefallen sind, haben sich natürlich nach Norden abgesetzt, über die Straße nach Trebinje. Und die, die nach Risano wollten, haben der Maure und seine Leute bei Zypern aufgerieben.«
    »Zypern?« Ich muß wohl ziemlich verblüfft dreingeschaut haben, wenn nicht gar dumm.
    Der Offizier lachte wieder. »Ein Hügel. Wißt Ihr, die Namen, die die Leute hier ihren Orten geben, kann ja ein gewöhnlicher Mensch nicht aussprechen, ohne sich die Zunge zu verrenken oder den Rachen aufzureißen. Cherrrtsekkknoovi... Deshalb haben wir eigene Namen für die wichtigeren Plätze, und die anderen nennen wir entweder so, daß es ungefähr so klingt wie bei den Leuten hier, oder wir geben ihnen andere Namen. Zum Beispiel, weil sie aussehen wie etwas, was wir kennen. Oder, wie bei dem Hügel da, weil seine Umrisse ungefähr die von Zypern sind. Und Zypern gehört ja uns, deswegen kennen wir die Form.«
    »Was hält man von dem Mauren?«
    Der Offizier zögerte. »Ihr seid Freunde, nicht wahr?« sagte er dann.
    »Alte Bekannte. Bis zur Freundschaft ist noch ein weiter Weg.«
    Er räusperte sich. »Was soll’s? Er weiß das sowieso. Sie haben ihm die Kompanie gegeben, die sonst keiner will. Harte Burschen ... ein paar Venezianer, der Rest Schweizer, Deutsche, Katalanen, Griechen und Kroaten. Er hat sie gut im Griff. Das sollte er, aber weil er es geschafft hat, sind die anderen höheren Offiziere wieder

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