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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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hatten.
    »Was bringt euch her?«
    Antonio lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Achtlosigkeit und Langeweile«, sagte er. »Oder sagen wir, genüßliche Sorglosigkeit. Mein Vater wollte mich nach Alexandria schicken; da das nicht mehr möglich ist, fand er, Ragusa sei auch ein guter Ort, um nichts zu lernen, aber üppige Langeweile zu erfahren. Sie wurde mir allzu üppig.«
    Der Maure grinste. »Das Los der Söhne reicher Väter ist wahrlich beklagenswert. Und du, Soldat? Ich hatte nicht damit gerechnet, dich so bald wiederzusehen.«
    »Wieso Soldat?« Antonio blickte uns abwechselnd an.
    »Es gab einen kleinen Überfall«, sagte at-Tahir. »Er hat mir aus einer Klemme geholfen, und wie er das getan hat, hat mir verraten, daß er Erfahrung mit dem Kämpfen besitzt.«
    »Es gab schon wieder etwas ähnliches.« Ich schilderte kurz die nächtlichen Vorfälle. »Deshalb mußte ich verschwinden.«
    At-Tahir betrachtete einen Moment lang seine Fingerspitzen. »Ein paar von den bösen Buben in Ragusa kenne ich«, sagte er, »und es gibt ein paar Kehlen ...« Er krümmte seine Finger; dann blickte er auf und schaute in meine Augen. Seine waren fast schwarz. »Hat einer von denen, die du erledigt hast, einen Namen?«
    »Mehmet.«
    Er nickte. »Krieger – wie heißt du eigentlich? Und wenn du Mehmet töten konntest, sag mir, wo du früher gekämpft hast.«
    Antonio gluckste. »Die einen zählen ihre Frauen, die anderen die Liebhaber ihrer Klingen.«
    »Jakko«, sagte ich. »Jakob Spengler. Von dir weiß ich nur, daß du at-Tahir heißt.«
    »Nabil at-Tahir. Ihr könnt mich aber ruhig Otero nennen, wie die meisten. Wo hast du gekämpft? Sind wir vielleicht schon einmal ... Nachbarn gewesen?«
    »In Deutschland«, sagte ich. »Beim Sacco in Rom. In Wien. Hier, da und dort.»Auf arabisch setzte ich hinzu: »Ich habe auch einige deiner Brüder getötet.«
    »Wo denn das?« sagte Antonio auf italienisch.
    »Verstehst du Arabisch?« sagte ich.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich sollte doch nach Alexandria, da bereitet man sich ein wenig vor.«
    Der Maure blickte uns abwechselnd an. »Ich weiß nicht, ob man euch reisen lassen sollte.« Er lächelte. »Was habt ihr eigentlich vor?«
    »Wir wollen versuchen, nach Pristina zu kommen, um dort mit einem bestimmten Mann zu reden.«
    »Harmloses Plaudern, wie? Kann ich mir denken.« Er schien ein wenig unschlüssig; dann gab er sich einen sichtbaren Ruck. »Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mehr Fragen stellen. Und schärfere.« Er räusperte sich. »Da ich aber heute abend in Perasto sein muß ...«
    Antonio hob die Brauen. »Die holde Gemahlin, von der wir gehört haben?«
    »Der Kommandant, Vater der Gemahlin.« Otero leerte seinen Becher und stand auf. »Kommt; ich gebe euch einen Mann mit, der euch den Spaniern aushändigt.«
    »Willst du keine Papiere von uns sehen? Oder eine Unterschrift unter ein Dokument, auf dem wir uns verpflichten, niemandem etwas von den venezianischen Waffen in der Bucht von Cattaro zu erzählen?«
    Otero ging zur Tür; Antonio und ich folgten ihm aus dem Haus. Draußen sagte er: »Müßig. Je mehr Papier, desto mehr Fragen hinterher. Ich beschließe einfach, daß mein Mißtrauen euch gegenüber nicht groß genug ist. Wenn ihr heil nach Pristina kommt, was ich bezweifle, und wenn euch auch die Rückreise glückt, was ich für unmöglich halte, kommt vorbei und erzählt mir, was ihr wirklich dort getan habt.«
    Antonio stieß mich an. »Meinst du ...«, sagte er leise.
    »Was denn?«
    Antonio gluckste plötzlich; dann wieherte er.
    Der Maure blickte ihn an, mit gerunzelter Stirn. »Ein Arzt? Hier ist keiner. Vor allem nicht für den Geist.«
    »Mein edler Freund erinnert mich daran«, sagte ich, »daß wir Pferde, Sättel, Zaumzeug und Proviant brauchen.«
    Otero rieb sich die Wange. »Könnt ihr bezahlen?«
    »Wir können – die Frage ist, habt ihr genug von allem?«
    »Mehr als genug. Ihr tut uns gewissermaßen einen Gefallen. Kommt mit.«
    Wir gingen ein paar hundert Schritte Richtung La Bianca. Oberhalb der Straße gab es eine Weide, auf der etwa drei Dutzend Pferde grasten. Zwei halbwüchsige Burschen lehnten am Zaun und nahmen eine Art Haltung an, als sie Otero sahen.
    Wir feilschten – ein wenig, nicht sehr lange. Es handelte sich um Tiere, die sie den aus Castelnuovo geflohenen Türken abgenommen hatten. Für den eigenen Bedarf hatten sie mehr Pferde als nötig, aber bisher hatten sie sich nicht dazu durchringen können, die überzähligen

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