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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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den Fahrer erkennen konnten. Er trug eine dunkle Sonnenbrille an einer roten Kordel. Sein Lächeln schien mehr als zwei Zahnreihen zu entblößen.
    »Michael«, sagte Stas.
    »Stas.« Michael hatte eine jener amerikanischen Stimmen, die jeden Motorenlärm übertönen. Arkadi erinnerte sich an die kühle Reaktion des Sicherheitschefs, als er ihm auf Tommys Party vorgestellt worden war. »Haben Sie gehört, was mit Tommy passiert ist?«
    »Ja.«
    »Traurig.«    Michael   bewahrte    einen Augenblick Schweigen. »Ja.«
    Michaels Stimme wurde nüchterner. »Ich kam gerade vorbei, um Ihnen deswegen ein paar Fragen zu stellen.«
    »Ach, ja?«
    »Weil ich gehört hatte, daß Ihr Freund, Inspektor Renko aus Moskau, letzten Abend mit unserem Tommy zusammen war. Und wen sehe ich hier? Renko persönlich.«
    »Ich wollte gerade gehen«, sagte Arkadi.
    »Gut. Unser aller Chef hätte nämlich gern ein paar Worte mit Ihnen gewechselt.« Michael öffnete die Beifahrertür des Porsche. »Nur Sie, nicht Stas. Ich bringe Sie zurück, ich verspreche es Ihnen.«
    Stas sagte zu Arkadi: »Wenn Sie meinen, Michael könnte Ihnen helfen, sind Sie verrückt.«
     
    Michael fuhr den Porsche mit einer Hand und benutzte mit der anderen ein mobiles Autotelefon. »Sir, ich habe Genosse Renko aufgegabelt.« Er grinste Arkadi zu. »Aufgegabelt, Sir, aufgegabelt. Diese Autotelefone sind manchmal ein einziges Leiden.« Er klemmte den Hörer zwischen Schulter und Kopf, um den Gang zu wechseln.
    »Sir, wir sind in einer Minute bei Ihnen. Warten Sie bitte auf uns. In einer Minute.« Er legte das Telefon in eine Vertiefung zwischen den Schalensitzen und warf Arkadi mit strahlendem Sonnenbrillenlächeln einen weiteren Blick zu. »Diese verdammte Technik. Nun, Arkadi, ich hab mich mal näher mit Ihnen beschäftigt, Sie sind ein interessanter Bursche. Nach dem, was ich gehört habe, sind Sie ein Einzelgänger. Ich habe Sie in Irinas Personalakte gefunden, und jetzt sind Sie auch in Tommys. Werden Sie von Problemen verfolgt, oder was?«
    »Sind Sie Stas gefolgt?«
    »Ich gebe es zu, und er hat mich direkt zu Ihnen geführt. Der Abstecher zum Bahnhof hat mir einen ziemlichen Schreck eingejagt. Was haben Sie aus dem Schließfach genommen?«
    »Eine Pelzkappe und einen Lenin-Orden.«
    »Sah aus wie eine kleine Plastikschachtel. Kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich weiß nicht, was es war, und das macht mich ganz verrückt. Wissen Sie, als Chef der Sicherheit habe ich ausgezeichnete Beziehungen zur hiesigen Polizei. Ich kann ohne Problem herausfinden, was Sie und Tommy gestern abend getrieben haben. Aber sagen Sie es mir doch einfach. Das brächte Ihnen einen Sonderbonus ein.«
    »Einen Sonderbonus?«
    »Um es beim Namen zu nennen: Geld. Wir können es uns nicht erlauben, im dunkeln zu tappen, wenn einer unserer Angestellten getötet wird. Wir hatten gehofft, die schlimmen Tage des Kalten Krieges wären vorüber. Und ich wette, sie sind es auch.«
    »Wieso? Sie könnten Ihren Job verlieren, man könnte den Sender schließen.«
    »Ich sehe weiter voraus.«
    »Das tut auch Max Albow.«
    »Max ist ein Gewinner. Er ist ein Star. Wie Irina, wenn sie nur ihr Englisch ein bißchen aufpolieren und ihre Freunde sorgfältiger auswählen würde.« Er blickte Arkadi kurz an. »Gilmartin wird Sie nach Tommy fragen. Gilmartin ist der Chef von Radio Liberty und von Radio Free Europe. Er ist die Stimme der Vereinigten Staaten und ein vielbeschäftigter Mann. Wenn Sie versuchen sollten, besonders schlau zu sein und uns Geschichten zu erzählen, können Sie zum Teufel gehen und Hundefutter fressen. Wenn Sie ehrlich sind, gibt es den Bonus.«
    »Es zahlt sich aus, ehrlich zu sein?«
    »Genau.«
    Der Porsche schoß voran wie ein Schnellboot, und Michael lächelte, als ob er ein in seinem Kielwasser schaukelndes München hinter sich zurücklassen würde.
    Sie fuhren in südlicher Richtung, auf jeden Fall aber stadtauswärts - Arkadi versuchte, die Orientierung zu bewahren -, und gelangten in ein Viertel mit Häusern, pompöser als alles, was Arkadi, abgesehen von Palästen, je gesehen hatte. Einige von ihnen waren modern, mit Bauhausfassaden und Stahlröhren, andere wirkten fast mediterran, mit Glastüren und Palmenkübeln. Wieder andere hatten entweder auf geheimnisvolle Weise den Jugendstil überlebt oder ihn mühsam bewahrt: Villen mit weinüberwachsenen Fronten und geschwungenen Dachgiebeln.
    Michael bog in die Auffahrt der prächtigsten dieser Villen ein. Auf dem

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