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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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schwärmten, und Menschen wurden wieder lebendig. Die Frau mit der Sonnenbrille wiederholte: »Ich liebe dich.«
     
    Im Parkhaus am Luitpoldpark war eine verlängerte Mercedes-Limousine mit einem roten Autotelefon neben dem Wachhäuschen abgestellt. Sich an die Araber im Hilton erinnernd, stieg Arkadi die Rampe zum nächsten Parkdeck hoch, suchte sich einen BWM aus und drückte die Kühlerhaube fest nach unten. Der Wagen wachte mit blinkenden Lichtern und lautem Hupen sofort auf. Arkadi preßte sein Körpergewicht auf Mercedes-, Audi-, Daimler- und sogar eine Maserati-Haube, bis das ganze Parkdeck von einem Hupkonzert erfüllt war. Als er den Parkwächter die Auffahrt hochrennen sah, lief er die Treppe hinunter.
    Im Wachhäuschen fand er Zangen zum Lochen von Parkscheinen, eine Registrierkasse, Autowerkzeuge und ein langes Messer zum Öffnen verschlossener Wagentüren. Das Messer verlangte eine Geduld, die Arkadi nicht hatte. Er griff sich einen Kreuzschlüssel. Als er die Scheibe des Mercedes einschlug, stimmte die Hupe der Limousine in das allgemeine Konzert mit ein, aber schon fünf Sekunden später verließ er das Parkhaus mit einem Telefon.
    In Moskau war er der Chefinspektor des Oberstaatsanwalts, hier, nach weniger als einer Woche im Westen, war er ein Dieb. Er wußte, daß er ein schlechtes Gewissen haben sollte, statt dessen fühlte er sich quicklebendig. Und war schlau genug, das Telefon abzustellen.
    Es war kurz nach elf, als er Radio Liberty erreichte. Auf der anderen Straßenseite lag, halb verborgen hinter geparkten Wagen und einem Drahtzaun, das Clubhaus mit einer Terrasse und Stufen, die hinunter zu den Tennisplätzen führten. Spieler in Weiß und Pastell liefen die Grundlinien auf und ab und tauschten Topspins aus. Was für eine wunderbare Welt, dachte Arkadi. Mitten am Tage die Muße zu haben, sich Shorts anzuziehen, einem Filzball hinterherzulaufen und sportlichen Schweiß abzusondern. Er blickte in Michaels Porsche. Das rote Funktelefon, sein Plastikzepter, war nicht da.
    Michael stand auf dem Tennisplatz neben dem Clubhaus. Er trug Shorts, einen Pullover mit V-Ausschnitt und spielte mit der Lässigkeit eines Mannes, der schon in der Wiege seinen ersten Tennisball geschenkt bekommen hatte. Sein Gegner, mit dem Rücken zu Arkadi, schwang seinen Schläger dagegen ziemlich wild und bewegte sich wie auf einem Trampolin. Hinter ihm stand ein Tisch mit Michaels Telefon, die Antenne voll herausgezogen. Die anderen Tische waren leer.
    Während Arkadi überlegte, wie er am besten an den Tisch herankommen konnte, beobachtete er, wie Michaels Gegner die Bälle links und rechts über Michaels Kopf hinweg gegen die Abschirmung schlug. Gelegentlich verfehlte er den Ball auch völlig und stolperte über die eigenen Füße. Das Spiel schien ihm nicht nur unbekannt, sondern von einem Planeten zu stammen, auf dem andere Gesetze der Schwerkraft herrschten.
    Als die beiden Spieler sich zu einem kurzen Gespräch am Netz trafen, war Arkadi überrascht, seinen Namen zu hören. Anschließend, als sie an die Grundlinie zurückkehrten, hatte er Gelegenheit, sich den anderen Mann näher anzusehen. Federow. Der nächste Aufschlag des Attaches flog auf den benachbarten Platz, auf dem zwei Frauen spielten. Sie trugen kurze Röcke, die ihre schlanken, sonnengebräunten Beine gut zur Geltung kommen ließen, und betrachteten den Ball mit Mißfallen ausdrückender Herablassung. Michael schlenderte auf den Zaun zu und entschuldigte sich in einem Ton, der Mitgefühl verriet. Mit hocherhobenem Schläger und Äußerungen des Bedauerns, die viel zu laut für einen Tennisplatz waren, lief jetzt auch Federow auf die Gruppe zu. Arkadi hatte sich inzwischen unbemerkt auf die Anlage geschlichen, lief genauso unbemerkt zum Tisch hinüber und tauschte die Telefone aus.
    Am anderen Ende des Clubhauses standen zwei Recyclingbehälter, ein roter für Plastikabfälle, ein grüner für Glas. Arkadi warf Michaels Telefon in den roten Behälter, dann verließ er das Clubgelände, ging durch das Tor des Senders, unter den Kameras hindurch, an der Kabine des Parkplatzes vorbei und stieg die Stufen zur Eingangshalle hoch.
    Nach einem Telefonanruf kam Stas zum Empfangstisch, etwas erstaunt, Arkadi hier zu sehen, während die Wachmänner versuchten, Michael anzurufen. »Es läutet.«
    »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit«, sagte Stas.
    Der Wachmann legte auf, musterte Arkadi noch einmal und schob ihm einen Besucherausweis zu. Nach einem Summen der

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