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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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hat Max gemacht, bevor er in den Westen kam?«
    »Er war Filmregisseur. Er hat sich bei einem Filmfestival abgesetzt. Hollywood war an seiner Arbeit jedoch nicht interessiert.«
    »Was für Filme hat er gemacht?«
    »Kriegsepen, mordlüsterne Deutsche, Japaner, israelische Terroristen - das übliche Zeugs. Mit den bekannteren Regisseuren teilte Max vor allem die Vorliebe für maßgeschneiderte Anzüge, gute Weine und schöne Frauen.«
    »Wo wohnt Max in München?« fragte Arkadi noch einmal.
    »Ich weiß es nicht. Was ich zu sagen versuche, ist, daß Sie meine letzte Hoffnung sind.«
    »Max hat auch mich ausmanövriert.«
    »Nein, ich kenne Max. Er greift nur an, wenn er muß. Wenn er sich von Ihnen nicht bedroht fühlte, wäre er Ihr bester Freund.«
    »Von mir kann er sich nicht bedroht fühlen. Was Irina anbelangt, so bin ich für sie gestorben.« Das war der Ausdruck, den sie in Tommys Küche benutzt hatte, wie ein vom Tisch aufgenommenes Messer.
    »Aber hat sie Ihnen gesagt, daß Sie gehen sollten?«
    »Nein.«
    »Also weiß sie noch nicht, was sie will.«
    »Irina ist es egal, ob ich komme oder gehe. Ich glaube nicht, daß sie mich überhaupt sieht.«
    »Irina hat seit Jahren nicht mehr geraucht. Als sie Sie wiedersah, hat sie um eine Zigarette gebeten. Sie sieht Sie.«
    Laika drehte den Kopf zum Balkon und stellte sich auf die Vorderpfoten, stand auf, die Ohren gespitzt. Stas gab Arkadi ein Zeichen, still zu sein, dann schaltete er das Licht aus.
    Der Raum wurde schwarz. Von draußen kam das hämmernde Motorgeräusch eines Volkswagens und eine Klingel, die einen Fußgänger von einem Fahrradweg scheuchte. Weniger weit entfernt hörte Arkadi das suchende Tappen von Gummisohlen, das Ächzen eines Geländers und die weiche Landung eines schweren Mannes auf dem Balkon. Laika war nicht zu sehen, aber Arkadi schloß aus dem warnenden Knurren in der Dunkelheit, wo sie sich befand. Als Schritte den Balkon überquerten, spürte er, wie der Hund sich zum Angriff duckte.
    Dann ein deutlich hörbares Luftholen und ein schmerzhafter Aufschrei. »Stas, bitte! Stas!«
    Stas drehte das Licht an. »Sitz, Laika. Gutes Mädchen. Sitz.«
    Rikki stolperte durch die Tür. Arkadi war dem Georgier, der seinen Beruf als Schauspieler aufgegeben hatte und Rundfunkredakteur geworden war, bereits in der Kantine des Senders und auf Tommys Party begegnet. Beide Male hatte Rikki den - leicht theatralischen - Eindruck erweckt, völlig verzweifelt zu sein. Jetzt war es wieder so. Sein Handrücken war mit Stacheln gespickt. »Der Kaktus«, stöhnte er.
    »Ich hab die Töpfe umgestellt«, sagte Stas.
    Arkadi drehte das Außenlicht an. Unter einer Hängelampe standen ein Metalltisch, zwei Stühle, ein Eimer mit leeren Bierflaschen und im Halbkreis mehrere Kakteen, von denen einige mit kurzen Stacheln und einige mit bajonettartigen Dornen bewehrt waren.
    »Mein Alarmsystem«, sagte Stas.
    Bei jedem Stachel, den Stas entfernte, schrie Rikki auf. »Alle anderen haben Geranien auf ihrem Balkon. Auch ich habe Geranien. Geranien sind wunderschöne Blumen.«
    »Rikki wohnt über mir.« Stas zog den letzten Stachel heraus.
    Rikkis Hand war mit roten Punkten gesprenkelt. Er betrachtete sie mit schmerzverzogenem Gesicht.
    »Kommen Sie immer über den Balkon?« fragte Arkadi.
    »Ich sitze in der Falle.« Plötzlich erinnerte er sich und zog Stas und Arkadi ins Zimmer. »Sie stehen vor meiner Tür.«
    »Wer?« fragte Stas.
    »Meine Mutter und meine Tochter. All die Jahre habe ich mich so darauf gefreut, sie zu sehen, und jetzt sind sie hier. Meine Mutter möchte den Fernseher mitnehmen, und meine Tochter will mit meinem Wagen zurückfahren.«
    »Mit deinem Wagen?« fragte Stas.
    »Ihrem Wagen, sobald sie in Georgien ist.« Rikki sagte erklärend zu Arkadi: »In irgendeinem schwachen Augenblick muß ich wohl ja gesagt haben. Aber ich habe einen neuen BMW. Was soll ein Mädchen in Georgien damit anfangen?«
    »Rumkarriolen«, sagte Arkadi.
    »Ich wußte, daß das passieren würde. Diese Leute haben keinen Sinn für Anstand. Sie sind so raffgierig, daß ich mich für sie schäme.« Rikkis Gesicht zog sich in tragische Falten.
    »Geh einfach nicht an die Tür«, sagte Stas, »dann verschwinden sie von allein.«
    »Die nicht.«, Rikki hob den Blick zur Zimmerdecke. »Die warten, bis ich schwarz werde.«
    »Sie könnten von hier aus verschwinden«, sagte Arkadi.
    »Ich habe sie gebeten, einen Augenblick zu warten. Ich kann nicht einfach so verschwinden. Irgendwann

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