Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
sagte Irina.
    »Es ist lächerlich«, sagte Stas. Er schloß die Tür des Cafés und lehnte sich dagegen, völlig durchnäßt. »Irina, wenn du das nächste Mal verschwindest, hinterlaß bitte eine Nachricht, wo du zu finden bist. Seit ich Laika das Apportieren beigebracht habe, bin ich nicht wieder so außer Atem gewesen.«
    Sein Anzug sah aus, als habe er ihn kurz zuvor erst ausgewrungen. Stas blieb an der Tür stehen und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf Max.
    »Bist du in Ordnung?« fragte Irina.
    »Vielleicht breche ich gleich zusammen. Aber vielleicht trinke ich auch ein Bier. Sie halten also hier einen Vortrag über politische Moral, Max? Ich bedaure, daß ich das meiste versäumt zu haben scheine. War es ein kurzer Vortrag?«
    »Stas verzeiht mir nie, daß ich zurückgegangen bin«, sagte Max, an Arkadi gewandt. »Er kann einfach nicht akzeptieren, daß die Welt sich verändert. Traurig. Manchmal klammern sich ansonsten intelligente Leute an viel zu einfachen Antworten fest. Schon die Tatsache, daß Sie hier in München sind, beweist, wie sehr sich alles verändert hat. Sie erheben doch wohl nicht den Anspruch, ein Flüchtling zu sein, oder?« Er wandte sich an Irina. »Laß Renko kommen oder gehen - was hat das mit uns zu tun?«
    Irina sagte nichts. Max schien zu spüren, daß sich zwischen ihnen eine Kluft auftat. Er senkte die Stimme. »Ich möchte wissen, welche wilden Geschichten Renko dir aufgetischt hat. Er scheint hier ja ganz plötzlich ein Publikum gefunden zu haben.«
    »Die beiden waren wahrscheinlich glücklicher ohne uns«, sagte Stas.
    »Ich möchte dich nur daran erinnern, daß Renko nun wirklich kein makelloser Held ist. Er bleibt, wenn er gehen sollte, und geht, wenn er bleiben sollte. Er ist ein Meister des schlechten Zeitpunkts.«
    »Im Gegensatz zu dir«, sagte Irina.
    »Ich möchte dich darauf hinweisen«, sagte Max, »daß dein Held wahrscheinlich nur gekommen ist, weil er Angst hat.«
    »Warum sollte er Angst haben?« fragte Irina.
    »Frag ihn selbst«, sagte Max. »Renko, waren Sie nicht bei Tommy, als er tödlich verunglückt ist? Waren Sie nicht kurz zuvor noch mit ihm zusammen?«
    »Stimmt das?« fragte Irina Arkadi.
    »Ja.«
    »Stas, Irina und ich haben keine Ahnung, in was für eine unangenehme Sache Sie verwickelt sind«, sagte Max. »Aber ist es nicht möglich, daß Tommy sterben mußte, weil Sie ihn da hineingezogen haben? Glauben Sie wirklich, daß Sie auch Irina mit in die Sache ziehen müssen?«
    »Nein«, sagte Arkadi.
    »Ich unterstelle mal«, sagte Max zu Arkadi und hob die Hand, um Stas’ Protest abzuwehren, »und es ist wirklich nur eine Unterstellung, daß Sie zu Irina gekommen sind, weil Sie sich verstecken wollen.«
    »Sie sind wirklich ein Kotzbrocken, Max«, sagte Stas. »Ich warte auf Ihre Antwort.«
    Wasser tropfte von Stas’ Kinn. Max hielt Arkadis Blick stand. Die einzigen Geräusche, die man hören konnte, waren das Klappern des Geschirrs auf dem Tresen und das leise Zischen der Espressomaschine.
    Arkadi sagte: »Ich habe Irina in Moskau im Radio gehört. Deswegen bin ich gekommen.«
    »Sie sind also ein begeisterter Fan«, sagte Max. »Lassen Sie sich ein Autogramm geben. Gehen Sie zurück nach Moskau, und Sie können sie fünfmal am Tag hören.«
    »Wir könnten ihn mit nach Berlin nehmen«, sagte Irina.
    Max’ Stimme wurde flach. »Was?«
    »Wenn du recht hast, sollte Arkadi aus München verschwinden. Niemand bringt uns mit ihm in Verbindung. Bei uns ist er sicher.«
    »Nein«, sagte Max ungläubig. Sorgfältig und vertrauensvoll hatte er ein logisch zwingendes Argument dafür aufgebaut, daß Arkadi hinter dem Horizont zu verschwinden hatte. Und Irina hatte es aufgenommen. »Nein«, sagte Max. »Ich nehme Renko nicht mit nach Berlin.«
    »Dann fahr ohne mich«, sagte Irina. »Arkadi und ich kommen hier schon zurecht.«
    »Aber wir wollten in die neue Wohnung.«
    »Es ist eine große Wohnung«, sagte sie. »Du kannst sie ganz für dich allein haben, wenn du willst.«
    Max fand seine Fassung wieder, aber für einen Augenblick hatte Arkadi einen der Gründe erkannt, warum dieser Mann aus Moskau zurückgekehrt war. Den schlimmsten aller Gründe.
    Die Liebe umschlingt uns wie eine Schlange und kann zwei Menschen zur gleichen Zeit zermalmen.
     
    TEIL DREI
     
    BERLIN
     
    18.-20. AUGUST 1991
    Max fuhr einen Daimler, eine Limousine mit einem Armaturenbrett aus Edelholz und dem Klang einer gedämpften Trompete. Sein Verhalten Arkadi gegenüber war so

Weitere Kostenlose Bücher