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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Wert auf Hygiene. Die Wände waren glatt und sauber - nicht ein Nagelloch in den leeren Flächen. Als ob er sich selbst ausgelöscht hätte.
    Arkadi sah sich das Bücherbord an. Business Week und Israel Trade verwiesen auf Rudis internationale Interessen. Verriet das Briefmarkenalbum etwas über die Einsamkeit des Jünglings? Es enthielt eine Sammlung übergroßer Marken mit tropischen Fischen, herausgegeben von winzigen Ländern und Inseln in aller Welt. In einer Papiertasche steckten einzelne Marken ohne erkennbaren Sammlerwert: zaristische »ZweiKopeken«, französische »Libertes«, amerikanische »Franklins«. Kein Roter Platz.
    Er legte die Bücher aufeinander und ging ins Schlafzimmer, wo er den Stapel auf dem Nachttisch postierte. Die Schlafmaske hatte etwas Rührendes an sich und schien sagen zu wollen, daß reichliches Essen in Verbindung mit Verdauungsbeschwerden zu unruhigen Nächten führte.
    Es stand kein Stuhl im Schlafzimmer. Arkadi zog seine Schuhe aus, setzte sich aufs Bett und erschrak über das Ächzen der Federn, die Rudis Gewicht zu erwarten schienen. Er türmte die Kissen hinter sich auf, wie Rudi es getan hätte, und durchblätterte die Zeitschriften und Bücher.
    Jede russische Familie besaß ein paar Klassiker, und sei es auch nur, um ihre Bildung unter Beweis zu stellen. Rudi machte da keine Ausnahme. Arkadi entdeckte, daß er die witzige Passage in Puschkins unvergänglichem Roman Die Hauptmannstochter unterstrichen hatte, in der ein Husarenoffizier einem jungen Mann den Vorschlag macht, ihm Billard beizubringen. »Es ist für uns Soldaten einfach unabdingbar« sagte er. Man kann nicht immer nur Juden verprügeln, wissen Sie. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als ins Wirtshaus zu gehen und Billard zu spielen. Und um das zu tun, muß man es beherrschen.«
    »Oder die Juden mit dem Billardstock verprügeln«, war unter die Zeile gekritzelt. Arkadi erkannte Rudis Handschrift wieder - es war dieselbe wie im Rechnungsbuch, das er im Hotelkiosk gefunden hatte.
    Mitten in Gogols Toten Seelen hatte Rudi unterstrichen:
    »Eine Zeitlang machte es Tschitschikow den Schmugglern unmöglich, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Vor allem die polnischen Juden brachte er fast zur Verzweiflung, so unbeugsam, ja fast unnatürlich war die Rechtschaffenheit, die Unbestechlichkeit, mit der er es ablehnte, zu einem kleinen Kapitalisten zu werden .« Am Rand hatte Rudi hinzugefügt:
    »Nichts ändert sich.«
    Es mußte einfach mehr geben, dachte Arkadi. Dank jüdischer Emigranten hatte die Moskauer Mafia gute Beziehungen zu israelischen Kriminellen. Er stellte den Fernseher an und spielte das Videoband aus Jerusalem ab, von einem Ort zum anderen springend, von der Klagemauer zum Kasino.
    Er dachte an das, was Polina gesagt hatte: »Zuviel Blut«.
    Wenn Benzin sich mit Blut andicken ließ, ließ es sich auch mit einem Dutzend anderer Stoffe andicken, die einfacher zu beschaffen waren. Er hatte kürzlich erst Blut in einer anderen, seltsamen Form gesehen, konnte sich aber nicht erinnern, wo.
    Er sah sich das ägyptische Videoband noch einmal an. Es war wohltuend, die braunen Farbtöne der Wüste zu betrachten, während der Regen gegen das Fenster schlug, und er rückte näher heran, wie ein Mann, der sich an einem Kamin wärmte. Er suchte in seinem Jackett nach Zigaretten, und bevor er sich daran erinnerte, daß er sie der Kellnerin gegeben hatte, zog er wieder den Brief aus der Tasche. Er konnte die Briefe zählen, die er von seinem Vater bekommen hatte. Einen im Monat, als Arkadi im Lager der Jungen Pioniere war. Einen im Monat, als der General sich in China aufhielt, zu einer Zeit, da die Beziehungen zu Mao noch brüderlich und tief gewesen waren. Alle kurz und bündig wie Militärberichte, mit den abschließenden Ermahnungen an Arkadi, hart zu arbeiten, pflichtbewußt und strebsam zu sein. Alles in allem zwölf Briefe. Und dann noch einen weiteren, als er statt auf die Militärakademie auf die Universität ging. Er war beeindruckt, da sein Vater die Bibel zitierte, vor allem die Stelle, wo Gott von Abraham verlangte, ihm seinen einzigen Sohn zu opfern. Hier würde Stalin Gott noch übertreffen, sagte der General, da er die Hinrichtung nicht nur zugelassen hätte, sondern dafür von Abraham auch noch gepriesen worden wäre. Übrigens gebe es Söhne, wie kranke Schafe, die nur dazu taugten, geopfert zu werden. Zuviel Blut? Für seinen Vater hatte es nie genug gegeben.

Der Vater verleugnete seinen Sohn,

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