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Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)

Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)

Titel: Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Zacher
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liegen Büschel von Haaren. Ihr Kopf ist an den meisten Stellen kahl. Vereinzelt stehen noch Haarinseln wie Antennen von ihrem Schädel ab.
    »Kitty, was machst du für Sachen! Deine Haare, deine schönen Haare!« Er streicht ihr über den Kopf. Dann verbindet er ihre Arme. Sie sieht ihm dabei zu, als wäre er nicht er und sie nicht sie.
    »So geht das nicht weiter, Kitty«, sagt er.
    »Wir müssen was ändern.«
    Es sind Worte, die ihr nichts sagen. Sie kann nichts damit anfangen. Sie hört sie, versteht sie aber nicht. Wir? Die Worte zerfallen in einzelne Buchstaben. Ändern? Sie ergeben keinen Sinn, sind Bruchstücke, eine Hülle ohne Inhalt, leer. Wie sie selbst. Nur noch ein Gerüst, wacklig, dürr, verloren.
    Sie nickt, und er nimmt sie in den Arm. Dann weint er, und sie weiß nicht, warum.

ICH
    Doreen ist wenig kooperativ. Als ich ihr am Telefon vorschlage, dass wir uns im Nola’s im Weinbergspark treffen, entgegnet sie: »Willst du mich wieder vögeln? Oder dich wenigstens an das letzte Mal erinnern?«
    »Es geht nicht um mich, Doreen.«
    »Ach, seit wann denn das?«
    »Es geht um Laura. Um die Aufklärung des Mordes an ihr.«
    »Und du glaubst, ich kann und will dir dabei helfen?«
    Ihr zickiger Tonfall geht mir auf die Nerven. Da wird die erwachsene Frau im Handumdrehen zur pubertären Göre.
    »Doreen, bitte. Wir treffen uns um zweiundzwanzig Uhr, ja? Bitte!«
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Wegen Laura.«
    »Laura ist mir egal.«
    »Dann wegen Kitty.«
    Sie sagt nichts mehr. Erst als ich nicht mehr damit rechne, fügt sie hinzu: »Wegen dir vielleicht?«
    In diesem Moment weiß ich, dass sie noch immer auf mich steht. Ich lege auf und glaube nicht, dass sie kommt.
    Umso überraschter bin ich, als sie neben mir am Tisch auftaucht. Noch mehr verwundert mich, dass sie so herausgeputzt aussieht wie auf dem roten Teppich eines internationalen Filmfestivals der Kategorie A.
    »Die Berlinale ist doch erst im Februar«, sage ich.
    Sie sieht wirklich verdammt gut aus. Sie trägt ein leichtes Sommerkleid, das weit über den Knien endet. Darunter kommen ihre gebräunten Beine gut zur Geltung. Sie lächelt, als hätte sie den Ärger über mich vergessen.
    »Du interessiert dich gar nicht für Laura, sondern für Kitty, nicht wahr?«, sagt sie und setzt sich neben mich.
    Jetzt erst weiß ich wieder, was mich an ihr stört. Es ist nicht so sehr ihre besserwisserische Art, ihr zickenhaftes Verhalten. Es ist ihr Dialekt. Ich hasse diese schwäbische Färbung. Es erinnert mich zu sehr an mich selbst, an meine Kindheit, an früher. Ich habe dieses Schwabenleben satt, dieses Schaffa-Schaffa-Häusle-Baua, dieses Kehrwochen-Getue, diesen Maultaschengeiz, diese Klischeespätzle. Und alle, die mich daran erinnern, und sei es nur dem Klang nach. Ich habe mich dort nie zu Hause gefühlt. Nachdem Berlin mich wieder ausgespuckt hatte, bin ich nur dageblieben, weil ich nicht wusste, wohin ich sollte. Es ist vorteilhaft, zu kennen, was man verabscheut. So ist es womöglich einfacher, sich die Sehnsucht nach dem anderen zu bewahren. Dennoch gehe ich allem, was mit früher zu tun hat, weiträumig aus dem Weg. Klassentreffen zum Beispiel meide ich wie Pullover aus Schurwolle. Seltsamerweise machen mich die ehemaligen Klassenkameraden dann doch immer wieder ausfindig. Ich habe meine Mutter in Verdacht. Bestimmt händigt sie ihnen bereitwillig meine E-Mail-Adresse aus, damit ihr Sohn sich mal wieder an die, in ihren Augen schönen, vergangenen Zeiten erinnert. Es sind Einladungen, die sich wie die von der Parteiversammlung der ÖDP lesen. Wenn Dich auch interessiert, was das Leben so brachte und aus uns allen geworden ist, wenn Dich wie uns nach Jahrzehnten noch immer die Schulhofgeschichten beschäftigen, lass Dich auf ein geselliges, vielleicht aufregendes, auch besinnliches Wiedersehen ein.
    Nein. Nein. Nein. Mich interessiert nicht, in welcher Finanzbehörde das Milchgesicht aus der ersten Reihe, dessen Namen ich schon zu Schulzeiten nicht behalten konnte, heute arbeitet. Auch nicht, mit wie vielen Rotzaffen seiner Nachkommenschaft er diese Welt belästigt. Schon gar nicht, wie erfolgreich seine angetraute Alte ist, und dass der Kredit fürs neue Einfamilienhaus bald abbezahlt sein wird. Nein. Nein. Nein. Das absolut Einzige, was mich an diesen Zusammenkünften wirklich interessieren würde, ist die Frage, ob ich ein, zwei der früheren Freundinnen heute noch vögeln könnte, auch wenn sie verheiratet, geschieden und wieder

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