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Das Lachen und der Tod (German Edition)

Das Lachen und der Tod (German Edition)

Titel: Das Lachen und der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pieter Webeling
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besaß pralle Brüste. In der normalen Welt hätte ich sie charmant gefunden, ja, vielleicht sogar attraktiv, doch hier nahm ich sie als Bedrohung wahr.
    Helena lächelte schüchtern wie ein Schulmädchen. Genauso fühlten wir uns auch, dachte ich: wie Kinder kurz vor einem Schulausflug. Sie trug braune Damenschuhe, einen Lagerrock, eine weiße Bluse und ein weißes Kopftuch. Für Lagerverhältnisse sah sie gut aus. Ihre Knochen standen nicht mehr so hervor – in den letzten Tagen hatte sie bestimmt mehrere Kilo zugenommen.
    Der weibliche Kapo strich Helena über den Rücken. »Viel Spaß, Mädchen«, sagte die Frau, als wäre sie Helenas Mutter.
    Draußen umarmten wir uns. Ich fand sie wunderbar, und das sagte ich ihr auch. Helena strahlte. Das war schön. Aus demselben Grund liebte ich auch das Lächeln eines bis auf die Knochen abgemagerten Häftlings: Es brachte die Sonne wieder zum Vorschein, wenngleich nur kurz.
    »Wohin gehen wir?«, fragte sie.
    »Das ist eine Überraschung.«
    »Jetzt sag schon!«
    »Wir gehen nach Paris.«
    »Die Deutschen haben den Eiffelturm abgerissen und das Eisen in Panzer und Kanonen umgeschmolzen. Das habe ich zumindest gehört.«
    »Dann gehen wir eben nach Kanada.«
    Sie knuffte mich in die Seite. Ich lachte und streifte mir die gelbe Kapo-Armbinde über.
    »Aha«, sagte sie trocken. »Du bist also befördert worden?«
    »So lässt man uns in Ruhe.«
    An diesem Wochentag lagen die Straßen des Lagers ziemlich verlassen da. Beim Küchenblock hoben einzelne Gefangene Kartoffelkisten von der Ladefläche eines Lasters. Ein Mann mit einer Holzschubkarre mit Speichenrädern brachte drei leere Suppenbottiche zurück. Ich hörte lautes Brummen. Flugzeuge. Zwei schnittige Jagdbomber flogen über uns hinweg – so tief, dass die Erde bebte. Auf der anderen Straßenseite gab ein SS -Mann einem Kameraden Feuer. Die beiden sahen kurz auf ohne jede Spur von Angst. Sie kannten den Lärm der Heinkels, Junkers und Messerschmitts.
    »Wer war die Frau, dieser Kapo?«, fragte ich.
    »Das ist Irma. Sie hat das Bett über mir und war vor dem Krieg ebenfalls Lehrerin. In Bremen. Im Krankensaal schauen alle auf mich herab. Einige Frauen haben sich bei den Ärzten beschwert: Sie finden es eine Schande, dass eine Jüdin auf ihrer Abteilung liegt. Sie trauen mir nicht über den Weg.« Ihre Augen funkelten zornig. »Eine hat ihren Morgenurin in eine Tasse geschüttet und über meiner Pritsche ausgekippt. So was Ekelhaftes! Ich habe nicht gewagt, etwas zu sagen. Irma hat der Person ein paar Ohrfeigen verpasst – sie muss den Gestank natürlich auch ertragen.«
    »Das war mutig von ihr«, sagte ich.
    »Die anderen betrachten sie jetzt als Judenfreundin. Als Verräterin. Aber Irma bleibt gelassen. ›Mit diesen Hinterwäldlerinnen will ich nichts zu tun haben‹, hat sie gesagt. Sie kennt dich sogar, hat dich gesehen. Im Theater. Mit einem Clown.«
    »Gut möglich.«
    »Trittst du jetzt auch vor den Deutschen auf?«
    »Ja.«
    Wir gingen weiter. Ich konnte sie denken hören.
    »Warum?«, fragte sie schließlich.
    Ich erzählte ihr kurz vom Kommandanten und meiner anfänglichen Weigerung. Vom Sonderkommando, von den Vorstellungen in der Kantine und im Theater. Den Mord an dem Flamen verschwieg ich.
    Sie sah mich schräg von der Seite an. »Ich habe mein Leben also einem Lachen zu verdanken.«
    »Darauf dürfte es wohl hinauslaufen, ja.«
    »Ich glaube, das gefällt mir.«
    Ich hatte das Gefühl zu schweben, so erleichtert war ich. Ich musste ihr nichts erklären. Ich musste mich nicht rechtfertigen. Später wahrscheinlich schon, vor den anderen in der freien Welt. Aber Helena kannte sich aus mit dem Leben im Lager. Sie begriff mein Dilemma, hatte Verständnis für meine Entscheidung.
    Keine hundert Meter weiter ragte Krematorium II in den Himmel. Es war baugleich mit Krematorium I, von ihm stieg derselbe grauschwarze Rauch auf. Krematorium III lag etwas weiter weg, tiefer im Wald. Wir liefen an einer langen Schlange von Arbeitern vorbei, an mageren, gebeugten Gestalten, die mit Schaufel und Spitzhacke einen Graben aushoben, wahrscheinlich für die Kanalisation. Ein Kapo stand wie ein Feldherr auf einem Sandhügel. Zwei SS -Männer konnten die wie wahnsinnig bellenden Hunde nur mühsam im Zaum halten. Es war drückend heiß. Für diese Häftlinge war die Sonne eine Qual. Viele würden früher oder später an Austrocknung sterben, während die Deutschen umständlich kalten Tee aus einer Feldflasche tranken.
    Ich

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