Das Laecheln der Chimaere
Faltenwurf . . . Wenn er eine Pistole unter dem Mantel trägt, könnten das Flecken von Schmierfett sein, dachte Kolossow automatisch, natürlich nur, wenn . . . Und wenn er geschossen hat, könnten Spuren der Pulvergase an der Kleidung geblieben sein. Allerdings, bei Verwendung eines Schalldämpfers ist das wohl eher unwahrscheinlich . . .
»Das ist mein Freund«, sagte Philipp nach einer kurzen Pause. Er veränderte seine Haltung, und Nikita sah, dass der Fleck auf dem Hemd gar kein Fleck war, sondern ein aus den Buchstaben FENDI bestehendes Ornament.
»Was haben Sie getan, während Sie auf Ihre Angehörigen warteten?«, fragte Nikita. »Gespielt?«
»Ich spiele nie. Ich war in der Bar.«
»Haben Sie etwas getrunken?«
»Bier.«
»Mit Ihrem Freund, diesem Legionär?«
»Mhm.«
»Was tut er, arbeitet er für Sie?«
»Nein, wir sind einfach befreundet.«
»Können Sie mir irgendetwas zu dem Mord sagen?«
»Ich?! Nein, wohl kaum.«
»Vielleicht haben Sie irgendeine Idee oder einen Verdacht?«
»Was für eine Idee? Der alte San Sanytsch ist umgebracht worden. Ziemlich unangenehm fürs Geschäft.«
»Aber wer hätte das Ihrer Meinung nach tun können?«
»Wer? Und wenn ich es selber gewesen wäre?«
»Genug herumgekaspert«, fuhr Saljutow dazwischen. »Kannst du nicht wenigstens für einen Augenblick diese Albernheiten lassen?«
»Ja, Papa. Natürlich.«
Nikita lauschte überrascht auf den kurzen Dialog zwischen Vater und Sohn. Was hatte das zu bedeuten? Steckte ein alter Zwist dahinter?
Gleb Kitajew, der noch an der Tür stand, räusperte sich. Kolossow blickte den jungen Mann an – die Mantelschöße hingen bis auf den Fußboden, seine Haltung war völlig erschlafft. Ein blasses Gesicht, leere Augen. Plötzlich dachte er, Saljutow junior könne vielleicht nicht ganz richtig im Kopf sein.
»Sollen wir diese Auskunft nun als Geständnis betrachten oder was?«
»Du bist wohl verrückt geworden!«, sagte Saljutow der Ältere leise und zornig. »Hör auf, den Hanswurst zu spielen, du Schuft!«
»Sehen Sie, selbst mein Vater findet kein anderes Wort für mich als Schuft.« Philipp schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Na, wenn Sie meinen kleinen Scherz als Geständnis betrachten, so ist das wohl mein Schicksal. Meinen armen Vater wird vermutlich der Schlag treffen – so ein Prestigeverlust!«
»Ihr Vater gibt Ihnen nur den Rat, Ihre Worte etwas bedachter zu wählen«, sagte Nikita. »Was machen Sie eigentlich beruflich?«
»Manchmal sammle ich Briefmarken, manchmal Streichholzschachteln, manchmal baue ich Modellflugzeuge.«
»Aha, ein echter Lebenskünstler«, lobte Nikita ihn ungerührt. »In der Bar haben Sie also den ganzen Abend Bier getrunken, zusammen mit diesem, wie heißt er doch . . . Zenturio? Ach nein, Legionär . . . Und Sie haben nicht mal die Toilette im Vestibül aufgesucht, nach dem Bier?«
»Nein, wissen Sie, ich habe mich beherrscht. Bis das Bier mir fast zu den Ohren herausgekommen ist.«
»Sie sind also zwischen acht und neun nicht zur Toilette gegangen?«
»Nein.«
»Überlegen Sie bitte gut.«
»Nein.«
»Aber Ihr Portier hat uns eben erzählt, dass er Sie um ungefähr diese Zeit dort hat herauskommen sehen.«
»Ich glaube, solche Fragen sollten Sie erst in Gegenwart eines Anwalts stellen«, warf Kitajew erregt ein.
»Es handelt sich hier nicht um Fragen, sondern um die Feststellung von Tatsachen. Sie haben doch selbst gehört, was dieser Peskow gesagt hat«, erwiderte Kolossow.
»Waleri Wiktorowitsch, warum sagen Sie denn nichts?« Kitajew erhob die Stimme. »Merken Sie nicht, worauf er hinauswill?«
Aber Saljutow der Ältere sprach kein Wort.
»Also, Philipp Waleijewitsch, wie sieht es aus? Ich warte«, erinnerte ihn Nikita.
»Peskow hat sich sicher geirrt. Ich bin nicht zur Toilette gegangen. Oder nein . . . Natürlich, das hab ich vergessen, ich war doch dort! Oder . . . Nein, nein und nochmals nein. Das war gestern. Aber heute, nein, bestimmt nicht. Ich war den ganzen Abend in der Bar, mit meinem Freund und einem Mädchen, sie können das bestätigen, fragen Sie . . .«
»Mit wem noch? Einem Mädchen?«
»Ja, Egle wird es bestätigen.« Philipp drehte sich abrupt zu seinem Vater um.
»Halt den Mund.«
Eine angespannte Pause trat ein. Wieder so ein Rüffel . . . Wie ein Peitschenschlag. Saljutow stand vom Tisch auf.
»Ich bitte Sie, die psychische Verfassung meines Sohnes nicht misszuverstehen«, sagte er in gemäßigterem Tonfall. »Heute ist für unsere
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