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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Kopf: Wenn Aligarch stirbt, wird Egle wieder wie früher sein. Ich, Vitas Taurage, werde ihn töten. Zerquetschen wie eine Ratte. Für meine Schwester.
    In diesem Herbst war Gasarow bereits einmal zusammengeschlagen und mit gebrochenen Rippen vor der Sklifossowski-Klinik gefunden worden. Egle pflegte ihn gesund. Im »Roten Mohn« wurde gemunkelt, jemand habe Aligarch auf diese Weise klarmachen wollen, dass Schulden bezahlt werden müssen. Damals hatte er Glück gehabt, er überlebte.
    Wenn er stirbt, dachte Vitas, und wenn auch mir etwas zustoßen sollte, wird Saljutow für meine Schwester da sein. Er hält sein Wort. Er hätte sich schon längst um sie gekümmert, wie es die Pflicht eines Mannes ist, wenn diese Klette Gasarow nicht wäre. Saljutow kann Egle eine Wohnung in Moskau kaufen, kann für ihren Unterhalt sorgen, er kann sie sogar heiraten (er ist ja verwitwet!). Nur er ist in der Lage, sie vor diesem Leben zu schützen, sogar vor seinem eigenen Spielkasino, einem Ort für Männer, an dem eine Frau aus der Familie Taurage nichts verloren hat.
    Vitas seufzte: Ein fremdes Land, eine fremde Stadt. Fremdes Leben betrachtet man immer mit einer gewissen Distanz – ohne Mitleid und Bedauern.
    Waleri Saljutow hielt sich seit vier Uhr nachmittags im »Roten Mohn« auf. Zuvor hatte er ein Gespräch mit Vertretern seiner Hausbank, der Promservis, geführt. Die finanzielle Situation des Kasinos war gar nicht schlecht, wenn man bedachte, dass das Jahr gerade erst begonnen hatte. Das freute ihn. Und das Kasino war wieder für Gäste geöffnet. Das freute ihn auch. Zum ersten Mal seit Monaten fühlte er sich wieder gut.
    Saljutow konnte sich an keine Gelegenheit erinnern, bei der ihn die Mühen um Einrichtung und Organisation des Kasinos ermüdet oder belastet hätten. Im Gegenteil, er spürte dann immer einen ganz besonderen Zustrom von Kraft und Energie, fühlte sich rund zehn Jahre jünger. So war es zumindest früher gewesen, vor dem Tod seines Sohnes. Danach aber hatte sich alles geändert. Trauer und Schmerz hatten ihn fast zum Wahnsinn getrieben.
    Aber heute war ihm viel leichter ums Herz. Auch der Schneesturm draußen hatte sich beruhigt. Es war frostig und klar. Purpurn ging die Sonne unter, eine sternklare Nacht brach an.
    Er saß in seinem Büro im ersten Stock. Unten war bereits in allen drei Sälen, auch in dem neu eingerichteten Billardsaal, das Spiel im Gange. Hier im ersten Stock flackerte im Kaminzimmer des so genannten Gästeflügels hell das Feuer. Dort ruhten die Gäste sich im Wintergarten und im ovalen Salon auf Ledersofas aus und rauchten, bevor sie wieder in den Saal hinuntergingen und weiterspielten. Kellner servierten ihnen Kognak und Cocktails.
    Saljutow prüfte aufmerksam die Rechnungen und sah den Jahreswirtschaftsbericht durch. Gleichzeitig horchte er mit fast krankhafter Neugier und Inbrunst auf die Geräusche des Kasinos – des »Hauses«, wie es im internen Kreis nur hieß.
    In solchen Momenten erinnerte das »Haus« ihn an ein Orchester. Sich selbst sah er als den Dirigenten. Manchmal konnte er es kaum glauben: Wie hatte er allein das alles auf die Beine stellen können – dieses Haus aus einem vagen Wunschtraum zu Wirklichkeit werden lassen, aus einem papierenen Architekturprojekt zu Backstein, Glas und Marmor, aus einer finanziellen Fata Morgana zu einem lukrativen Geschäft.
    All die verschiedenen Klänge und Geräusche . . . Mächtige Motoren, die auf der baumbestandenen Zufahrt brummten. Lebhafte Männerstimmen – das war der Portier, der am Eingang die Gäste begrüßte (ein neuer Portier, der gestern anstelle des Trottels Peskow eingestellt worden war). Das satte Knirschen von Schnee im Hof – dort fegte eine Putzkolonne den Parkplatz. In der Musik seines Hauses tönten auch noch andere Klänge, so leise, dass sie in der allgemeinen Harmonie fast untergingen – das Rascheln des Tuchs auf dem Spieltisch, wenn der durch nichts aus der Ruhe zu bringende Croupier mit seiner Spezialschaufel die Chips zusammenharkte, das Zittern des unter das Billardloch gespannten Nylongewebes, wenn die Kugel wie ein Fisch ins Netz fiel, das Knirschen der Kreide auf dem Holzschaft des Queue, das zarte Klingen der Kristallgläser, die die Theke der Bar schmückten, das Poltern und Klirren der Spielautomaten, das Quietschen des Wandpaneels, an dem das Rad der Fortuna befestigt war, das Herzklopfen der Spieler und das in ihren Schläfen pulsierende Blut, wenn sie über den Roulettetisch gebeugt darauf

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