Das Laecheln der Chimaere
fauchte Katja. »Der Schneider hätte noch mehr Pelz nehmen sollen.« Sie fasste Egle an der Hand. »Komm, lass uns gehen.«
Zusammen mit dem Legionär führte sie Egle nach draußen. Sofort kam ein Taxi angerollt – nachts standen sie abrufbereit vor der Bar.
»Setz dich ruhig mit rein, ich bezahle«, sagte der Legionär.
»Nicht nötig«, antwortete Katja.
Der Legionär schob Egle in den Wagen, nannte eine Adresse und gab dem Fahrer Geld. Katja wickelte sich fester in ihren Mantel. Nur in Pumps im Schnee herumzustehen war verteufelt kalt!
»Wenn du Lust hast, können wir ja noch tanzen gehen«, meinte der Legionär lächelnd.
»Und wo lassen wir deinen Grünschnabel?«
»Das ist mein jüngerer Bruder.«
Katja wusste genau, dass Philipp Saljutow nicht sein Bruder war. Warum sagte der Legionär nicht – ein Freund von mir, ein Bekannter?
Sie schaute sich um: An der Ecke des Nachbarhauses stand Kolossows Shiguli. Dort wurde sie ungeduldig erwartet. Es hatte ja auch niemand vorhersehen können, dass der Legionär und Philipp Saljutow heute Abend in dieser Bar auftauchen würden.
»Ich kann nicht, es ist zu spät, ich muss nach Hause«, antwortete sie, »ein andermal vielleicht.«
»Kann ich deine Telefonnummer haben?«
Und Katja gab ihm tatsächlich ihre private Telefonnummer. Die dienstliche konnte sie ihm nicht gut geben – ganz Moskau kannte die ersten drei Zahlen und wusste, zu welcher Behörde sie gehörten!
»Ich rufe dich an«, versprach der Legionär.
Langsam ging Katja über den glatten, vereisten Bürgersteig auf den Wagen zu. Der Legionär kehrte in die Bar zurück. Katja dachte später noch oft an diese Begegnung zurück. Sie sollten sich niemals Wiedersehen. Es war eine verpasste Chance. Damals wusste sie das freilich noch nicht.
22
Der folgende Morgen begann für Kolossow mit einer wichtigen Konferenz. In der Nikitski-Gasse trafen ein: Untersuchungsführer Sokolnikow, Vertreter der Bezirks – und Generalstaatsanwaltschaft, die Leiter der Bezirks – und Regionalverwaltungen für die Bekämpfung des organisierten Verbrechertums sowie Gennadi Obuchow, Chef der Spezialabteilung »A« aus eben dieser RBOV. Eine derart hochkarätige Versammlung gab es nur in sehr wichtigen Fällen. Offenbar wurde der Fall des »Roten Mohn« an höherer Stelle schon zu dieser Kategorie gezählt.
Und richtig, auf der Konferenz wurde nur eine Frage besprochen – der Stand der Ermittlungen im Kasino-Fall. Obwohl alle Anwesenden zu Worte kamen und ihre Meinung äußerten, entstand doch der Eindruck, dass sowohl das RBOV wie auch die Generalstaatsanwaltschaft mit vielem zurückhielten.
Als Kolossow an der Reihe war zu berichten, gab er der Versammlung einen Überblick über die »von der Mordkommission in Angriff genommenen Maßnahmen«. Er beendete seinen Vortrag mit einer äußerst pessimistischen Prognose: Wenn der »Rote Mohn« seine Lizenz verlöre und schließen müsste, würde das »die Ermittlungen weit zurückwerfen«.«
»Und was schlagen Sie Stattdessen vor?«, fragte ein Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft unzufrieden. »Nach zwei Morden, die im Kasino begangen wurden, diese Räuberhöhle wieder zu öffnen?«
»Es ist keine Räuberhöhle«, widersprach Kolossow. »Und ich persönlich meine, nur so kann man alle Verdächtigen im Blickfeld behalten. Außerdem haben wir auf diese Weise ein sehr wirksames Druckmittel gegen Saljutow, mit einer nicht zu unterschätzenden Perspektive für die Zukunft.«
»Was für eine Perspektive?«, fragte der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft mit gespielter Naivität und wechselte einen Blick mit dem Chef der Moskauer RBOV.
»Die Perspektive für eine engere Zusammenarbeit zwischen unseren Behörden und für eine gemeinsame Bearbeitung der Mordfälle im Kasino und im Haus an der Moskwa«, antwortete Kolossow und fing den billigenden Blick Obuchows auf.
Der Chef der Moskauer RBOV bat nach der Konferenz sowohl Kolossow wie auch den Leiter der Spezialabteilung »A« darum, noch etwas zu bleiben.
Das Material, das er ihnen zeigte, betraf Tengis Milowadse, genannt Chwantschkara. Nikita und Obuchow sahen Videofilme, in denen das Bürogebäude Milowadses und seine Privatvilla observiert wurden. Sie bekamen Berichte aus den Strafkolonien zu sehen, in denen der Parfumkönig von Moskau vor noch gar nicht so langer Zeit Haftstrafen zwischen fünf und zwölf Jahren Dauer hatte absitzen müssen.
Kolossow las diese Dokumente und Berichte und dachte: Wenn das alles
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